Und schon im Titel nimmt er vorweg, was ich seit langem mit Erschrecken und Hilflosigkeit - nach menschlichem Ermessen ist der Gegner zu groß - erkennen muß: So gut wie alles, was der heutige Mensch glaubt und sagt ist FALSCH. So gut wie alle Gewißheiten, von denen der moderne Mensch ausgeht, sind IRRTÜMER. So gut wie alle Aussagen, die den öffentlichen Sprachraum als geistigen Raum bestimmen, sind UNRICHTIG. Wenn nicht direkt und expressis verbis, das sind die wenigsten, dann indirekt und durch das, was sie implizieren.
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Fast alles, was heute geglaubt wird, ist falsch. Das schließt auch die Wissenschaft ein, deren geistige Voraussetzungen diese Aussage vor allem betrifft. Damit sind jedoch nicht irgendwelche mehr oder weniger oberflächlichen verbalen Bekenntnisse zu Aussagen, irgendwelche Sätze gemeint, wie "Es gibt einen Gott", oder "2 und 2 sind 4." Sätze können sogar gefährlich in die Irre führen, weil sie eine Übereinstimmung vortäuschen können, die gar nicht besteht. Weil jedem Satz das wirklich Geglaubte und damit Gemeinte weil damit bei Sprechendem wie Hörendem Vorausgesetzte vorausgeht.
Sondern das, was heute als Wesensmerkmale der Welt und des Geistigen angesehen wird. Und das, was in Wahrheit geglaubt wird, von dem aber die meisten Menschen selber gar nicht wissen, DASZ sie es glauben.
Das aber, was wahr ist, das aber, was die Welt wirklich ausmacht, wird weder (noch) geglaubt, noch ist es den Menschen denkbar. Was alles mit der Art zu leben zu tun hat. Aber darüber haben wir uns genug ausgebreitet. Somit steht der Mensch der Gegenwart (insbesonders im Westen und allem, das diesem angegliedert ist, wozu etwa auch sämtliche ideologisch-atheistischen Räume gehören) in einer ihm vollkommen fremden und unfügsamen Welt! Die Folge kann gar nicht anders sein, als daß sein Vertrauen in die Wirklichkeit verdunstet.
Also bleibt nur noch das fragwürdige Vergnügen, in menschliches Können und Vorgehen selbst zu "vertrauen". Was einem verzweifelten Festhalten einer ultimo ratio gleicht. Weil es kein Leben ohne feste Fundamente gibt, nagelt sich der Mensch an das fest, von dem er aber mit unausgesprochener, aber umso größerer Festigkeit weiß, daß es NICHT WAHR IST. Die einzige Festigkeit gibt noch die Eingeborgenheit in die Allgemeinheit. Umso heftiger, umso fanatischer wird er, umso panischer wird alles, was diese Gewißheit, daß die Allgemeinheit auch recht hat, in Frage stellen könnte.
Eine Individualisierung (die immer Widerspruch weil ständige Bereitschaft dazu heißt) übersteigt die Kräfte der Menschen, das Allgemeine auf das er zurückgreift ist aber falsch. Das heißt, es verheißt nicht einmal mehr das, was eine Kultur überhaupt kennzeichnet: Daß ein großer Gesamt-Atem die Menschen der Wahrheit (und auf eine Weise kann man sagen: Die Form) vor die Türe setzt, sodaß sie nur noch anklopfen müssen, schon öffnet sich der weite Raum der Welt. (Ganz ersparen kann man den Menschen freilich die Eigentat nicht, denn das heißt ja erst Freiheit. Nichts Freies aber kann in den Himmel, dazu kann man diesen Spruch erweitern.)
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Es geht um das, was wir als Wissen bezeichnen. Und damit ist von der psycho-sozialen Schichte unserer Persönlichkeitsstruktur die Rede, die mit Sittlichkeit, Moral und Habitus zu tun hat. Nicht mit dem logos, jener Grammatik des Seienden als vom Atem des Seins durchströmt (damit von dessen "Rhythmik"), das Denken und Sprechen zur Frage der Ethik macht, nicht zu der der Wahrheit selbst. Kraft seines Daseins wäre nämlich jeder Mensch in der Lage weil gerufen, diesem Raunen Gottes, des Seins, zuzuhören, und (im Nachahmen des Menschen an sich - Gott, das Urbild des Abbilds, das wir sind) nachzusprechen. Aber dazu braucht es eine innere, eine sittliche und damit eine religiöse Entscheidung zur Tugend.
Wir reden also von einer Unsicherheit, die die Welt, die nicht mehr dem Ordo des Wahren entspricht, und auch den Weg dazu nicht mehr zu finden scheint, weil alle kulturellen Formen davon wegführen, gefährlich fast (aber NUR fast) einschließlich dem Kult (in seinem praktischen Insgesamt), die diese Welt also nicht mehr bietet.
War der mittelalterliche Mensch noch in dieses weltlich-geistlich-geistige Insgesamt eingebettet, konnte er also im Vertrauenden Hineingeben in das Ganze vertrauen, daß er zum Heil geführt wird, muß man heute vom Gegenteil sprechen. Und die Menschen spüren das! Denn sie wissen um diese Kluft, aus besagtem Grund (der jedem möglichen logos-Nähe), und mißtrauen deshalb der Welt wie wir es nur aus den schlimmsten Zeiten des Weltenchaos kennen.
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In letzter Zeit ist manchmal sogar der Gedanke aufgetaucht, daß es sich so wie heute (und auch hier: In globalem Maßstab, denn die Welt vor der Sintflut war enorm global*), zur Zeit kurz vor der Sintflut abgespielt haben könnte.
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Es gibt keine unterschiedlichen Ansichten der Welt und kein Problem der Vermittlung zwischen Innen und Außen. Es gibt auch nicht den trüben Schein, von dem die Idealisten reden - es gibt nur nichts über dem Individuum."Formen sind nicht individuell. Darin liegt nicht ihr Vorteil, sondern ihre Beschränkung.