Der Führende MUSZ IMMER EINE ANTWORT HABEN, was zu tun ist, und wie es weitergehen wird. Er muß immer diese Ungewißheit, die Leben IMMER bedeutet, auf sich nehmen und in sie hinein, in einen Treibsand der Welt hinein, ein festes Fundament bauen. Denn die Welt ist auf eine Weise tatsächlich ein Konstrukt: Ein Konstrukt der Phantasie. Und der Mensch muß den Mut haben, in sie Gestalten zu errichten, und aus dem nie Sicheren der Form IN DER ZEIT eine FORM in der Zeit machen.
Führen heißt, eine Form von Substanz ins Nichts zu werfen, und da herum die Materia zu führen. Um somit eine Welt zu schaffen. "Damit sie ihnen Namen gäben." Führen heißt, Namen zu geben. Und die Menschen an den Ort mitzunehmen.
Das ist nicht nur das Wesen von Kultur überhaupt. Denn auch kein Leben "in Gott" gibt diese Sicherheit - etwas, worüber sich so manche "Gläubige" bitterlich täuschen, und darüber in eine ganz eigene Form der Verzweiflung stürzen - die dem Menschsein selbst insofern innewohnt, als der (analog zu Gott) die Welt SCHAFFEN muß.
Alles das vor Augen, kann es nur noch mehr entsetzen, wenn oft so getan wird, als wäre es ein Faktor der Politik vertrauenswürdiger und sympathischer machte, wenn die Politik selber vor die Menschen tritt und DIESELBE UNSICHERHEIT WIE DIE MENSCHEN zugibt. Denn nicht, daß sie damit gerade einmal schwach wäre. Keinem Menschen zu keinem Augenblick geht es anders.
Sondern Politik heißt ja sogar, in diese Welt des Ungewissen, der Insecuritas, einen Landesteg für die Menschen zu bauen, der immer auf eine Weise ... über allen Wassern schwebt. Das aber erst nennt sich Welt. Aber zu unterscheiden, wo sich Vision (die möglich ist) von Lüge (die Unmögliches als möglich vorstellt) unterscheidet - das erst ist das Kriterium von Wahrhaftigkeit. Jeder Führungskraft, jeder Politik.
Im übrigen berühren wir hier auch aufklärerisch-kranken Entwicklungen der sogenannten "Transparenz". In der der Information genau das genommen wird, was sie aber doch erst zur Information macht: Die Adäquatheit, die Zugepaßtheit, die Angemessenheit und die Zugehörigkeit. Nicht nur braucht jeder Mensch sein Geheimnis, sondern dieses Geheimnis ist zum Wesentlichen der Anschluß an die Hierarchie der Welt, in der auch die Menschen ZUEINANDER in einer Hierarchie stehen. Nicht "klassenweise", nicht "schichtenweise", nicht "standesweise", sondern generell, von Mensch zu Mensch - was immer einen eigenen "Ort" heißt.
Denn Menschsein heißt "in Beziehung sein," also "an einen Ort (mit einem anderen! als sachliche Charakteristik des Zueinander) verwiesen sein," und "diesen ergreifen." Das erst macht dann das aus, wonach alle gieren, und deshalb finden die Menschen es nicht (mehr): Weil es fehlt.
Das Allgemeine, das Typische aber erst macht das Individuelle möglich, das eine individuelle Abstraktion des Allgemeinen ist, nicht der Ersatz des Allgemeinen durch das "Subjektive", was immer das dann sein soll. Und dieses Allgemeine an meinem Ort ist dann das Geheimnis*, das ich mit dem Sein selbst habe, weil es mir überantwortet wurde.
*Ab einem gewissen Punkt der "Transparenz" also kann sich die Frage stellen, ob dann Politik überhaupt noch MÖGLICH ist. Womit die Frage in die Runde geworfen wird, ob sich nicht der Journalismus der Gegenwart völlig falsch versteht, als "Aufdeckertum", als "ans Licht zerren", ans "Zerstören von Geheimnissen", und somit die völlig verfehlten Typen in diesen Beruf gezogen hat: die "Haltungsjournalisten", in jeder Hinsicht also, als die, die zerstören und die, die bewahren wollen, den wahren Weg des Darstellens findet gar keiner mehr.