Aus diesem Geschehen bei Insekten kann man somit (natürlich: vorsichtig) Hinweise auf die Bedeutung der Lockdowns im besonderen für Kinder und Jugendliche erblicken. Und was solche Niederschlagungen von Leben für sie in ihrer Entwicklung bedeuten.
Die so viel enthüllende Naivität, mit der man etwa meint, Schul- und Präsenzunterricht auf die digitalen Medien und "distance learning" zu verlagern, ist somit nicht einfach Naivität. Sie ist ein Verbrechen, das auf ein völliges Verkennen von Lernprozessen zurückgeht, und die Bedeutung einer ganzen Umwelt (wie umfangreich sie auch immer sein mag, was erstens nie vergleichbar, zweitens nie erfaßbar ist, aber vollen Respekt vor der Integrität jedes Lebens benötigt) für sie, IN DEREN RAHMEN (als ganze Person und Gestalt) auch Lernen geschieht. Das "-heitlich" bei GANZ ersparen wir uns also, weil es täuscht, und die Konnotation von Machbarkeit und "Vorstellbarkeit des Nötigen" hat. GANZ erst hat jene Relativität, die dem stets individuellen Leben angemessen ist.
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So schließen wir den Kreis in einem noch weiteren Sinn. Indem wir uns vor Augen halten, daß sich die Welt in Prinzipien verhält, einer Grammatik gemäß, die alles durchdringen, und im letzten geistig sind, sich aber in der Schöpfung vom Geist ausgehend bis in jede Ebene der jeweiligen Geschöpfe konkretisiert. Und uns nun also fragen, ob es auch im Korpus einer Kultur (und als Nicht-Nominalisten gehen wir davon aus, daß allgemeine Begriffe keine bloß gedanklichen Dinge sind (oder: sein können), sondern eine Art von "Wesen" haben. Das sich in allen ihren Teilen (und Mit-gliedern) zeigt.
Und fragen uns somit, wo diese vorantreibenden, wo aber auch die hemmenden "Hormone" ihren Sitz haben. Weil es möglich und denkbar sein könnte, daß Auf- wie Abstieg einer Kultur mit dem jeweiligen Verharren in einem Vorstadium der Vollgestalt vergleichbar ist. Sodaß wir die Gegenwart vielleicht als einen Rückstieg in eine Verpuppungs-, Verlarvungsphase begreifen könnten. In der sich die einst schönen Schmetterlinge und Falter zum völlig amorphen Zustand eines bloß Potentiellen zurückentwickeln - über die Puppe zum Ei.
Hören wir denn nicht tatsächlich einen diesem Gedanken entsprechenden Ruf? Hören wir nicht diese seltsam laute Forderung der Menschen, sich zu "entfalten"? Sind das vielleicht bereits die Puppen, zu denen die Menschen geworden sind, die die Kräfte fühlen, die sie zum Ei zurück auflösen wollen, wo alles nur noch möglich, nichts aber real ist, und nicht mehr seiner selbst mächtig, sondern völlig vom anderen abhängig und "gemacht" ist? Von einem fremden Willen somit bewegt, zu dem wir uns nicht einmal mehr verhalten, den wir - jeder Freiheit beraubt - nur noch erleiden können.
Und der Analogie nicht genug. Denken wir an die Schnecke, von der Portmann schreibt. Zeigt nicht sogar die "Bedeutung", die das Internet nun erhält, das unser Perzipieren völlig auf die Wortebene und damit aufs Virtuelle verlegt, sodaß die Welt als Ganzheit regelrecht verschwindet, wie durchsichtig wir geworden sind und immer mehr werden? Wie wir mehr und mehr, in dieser Rückbildung von Haut, VERSCHWINDEN?