Wenn eine Organisation nur noch sich selbst verwalten kann. Nur das Schöne ist auch effizient. Aber es kann nicht nachgeliefert werden. - Das mag zwar gewollt worden sein, ja man kann davon ausgehen, aber nur von der Staatspolitik. (Während die Regionalpolitik vermutlich mit der Knackwurst der "Vereinfachung" oder sogar "Kostenersparnis" gelockt worden ist.) Der Bürger aber wurde getäuscht. Ihm wurden Kriterien als gewünscht vorgemacht, die verglichen mit den wirklichen Konsequenzen solcher "Verwaltungsreformen" nicht nur gar nicht erfüllt werden, sondern von den negativen Folgen für eine Gesellschaft als Ganzes bei weitem (!) übertroffen werden.
Was (um zu verdeutlichen was gemeint ist) so weit gehen könnte, daß ab einer bestimmten Größe ein Organisationsapparat überhaupt NUR NOCH mit sich selbst beschäftigt ist. Also nicht nur immer weniger, sondern gar keine Leistungen für ein Außen mehr erbringen kann. Dem dann der Bürger somit als Feind gegenübersteht, als lästiger, unnötiger Kropf, als Störer der Ordnung schon nur, weil es ihn gibt.
Dem Bürger sollte deshalb in jedem Fall dringend geraten werden, sich die Versprechungen der Politik, mit "Verwaltungsreformen" als "Zusammenlegungen" und "Vereinfachungen" auch sein Leben besser, einfacher und effizienter zu machen, nicht nur genauer anzusehen. Sondern vorsichtshalber einmal pauschal ablehnend zu begegnen, und auch die Ohren gegen angebliche "Argumente" zu verschließen, wenn diese angebliche Verbesserung in der Auflösung kleiner, lokaler Strukturen besteht. Sich dagegen zu wehren ist in 99 Prozent der Fälle nämlich richtig.
Auf jeden Fall sogar richtiger als sich von der Politik etwas zu wünschen, das sie ohnehin gar nicht erfüllen kann: Gesellschaft "zu schaffen" oder zu konstruieren. Damit ist schon mit Sicherheit der Weg geebnet, daß des Bürgers Leben unmenschlicher, brutaler und dümmer wird. Daß das Leben das verliert, was es überhaupt ausmacht: Das Lebendige. Und das Lebendige ist immer auch das Rituelle, das Liturgische, das Feiernde, das Üppige, das sich nie über das Argument "kostengünstig" erschließt. Während das angeblich "kosteneffiziente" in Wahrheit das Teure, das Unleistbare meint.
Weil es die Gesamtheit des Lebendigen durch lauter (mechanische) Einzelvorgänge ersetzen muß. Und damit nicht nur nie fertig wird (weil das Ganze einer Sache weit mehr ist als die Summe seiner Teile), sondern letztlich scheitern muß, und mit noch gigantischerem Aufwand das Zerstörte wieder herbeizuholen sucht, was dann noch teurer weil unmöglich ist.
Vielleicht bietet der Jahresausklang, der wie jedes Ende zu einem Rückblick auffordert, auch die Chance sich zu besinnen, ob man nicht in der Vergangenheit selbst so mancher "Reform" zugestimmt hat, deren Folgen uns nun aber schmerzlich spürbar werden, wenn uns nicht sogar auf den Kopf fallen.
Denn das Wichtigste als das Wirklichste kommt immer ganz ganz leise daher. Es ist sogar unsichtbar. Weil es grundsätzlich ist, weil es geistig und damit überhaupt nicht (direkt) sinnlich wahrnehmbar ist. Vor allem aber, weil es die Anstrengung der Denkarbeit verlangt, die mehr ist als das bloße Verschieben von Stehsätzen am Gehsteig. Die ein exaktes und genaues Hinsehen ist, ein Zulassen, ein leidendes Nachgehen hinter einer Gestalt, die zu vernebeln die Politik so gerne tut, zumalen sie unserer Bequemlichkeit damit so herrlich entgegenkommt.
Aber wenn wir allein das hernehmen, dem wir in den vergangenen Jahrzehnten unwidersprochen zugestimmt oder das wir halt einfach zugelassen haben, weil im Verschieben eines kleinen Zierknopfes sich erst die Verschiebung einer ganzen Uniform, und bald die Verschiebung eines ganzen Menschen und seiner Verbindungen mit ereignet hat, wenn wir nur das hernehmen, dann haben wir uns selbst einen Apparat an den Hals geschaffen, der sich nun als Leviathan und Herrschaftsapparat entpuppt, der so mächtig und so krakenhaft in alle Lebensbereiche vorgedrungen ist, daß wir erstmals ahnen können, wie sehr er uns jede Luft zum Atmen rauben kann.
Solcherart "abstrahiert" wird die Identität des Exekutivbeamten nämlich automatisch zu jener des Gesetzes selbst - als Herrschafts- und Regulativinstrument, das dem Bürger in jedem Fall "überlegen" ist. Weshalb der Beamte mehr denn je in einer Autoritätsposition steht, die der menschlichen Regelung problematischer Situationen oft schwer im Wege steht. Der Bürger hat es nunmehr IMMER und direkt mit dem Staat zu tun, und der ist ihm nicht nur um Dimensionen an Macht überlegen, sondern er steht ihm als Vereinzelter gegenüber.
Denn er hat mit der Ordnungsmacht keine persönliche Verbindung und Identitätsgemeinsamkeit mehr: Die Polizei heute hat mit dem regionalen Bürger nur noch eine sehr universalistische, positivistische Identitätsbehauptung gemein. Und ist der Bürger KEIN "Deutscher", kein "Amerikaner" mehr (beides sind positivistische Behauptungen), fehlt beiden überhaupt jeder Zugang zum jeweils anderen.
Und - es sogar nun tut. Erst war es ein dummer Innenminister, der lauter dumme Kollegen hatte, und einen dummen Kanzler, dem das Schwurbelwort "Effizienz" jeden geistigen Hintergrund unnötig machte. Dann war es eine Öffentlichkeit, die nicht begriff, was da los war. Dann war es eine Medienlandschaft, die noch weniger begriff, aber umso eifriger DAFÜR schrie.
Und nun ist es ein Staat, der so effizient ist, daß er die Strukturen dafür bietet, daß sich jeden Tag und jeden Augenblick eine wahrhaftige Diktatur entfalten kann, die im allergünstigsten Fall noch durch ein zufälliges und nur noch auf den Einzelfall bezogenes "aber das nicht mehr" beschränkend entgegenstellen kann. Das aber bereits ohne wirkliche Macht ist. Denn die, die hat der Zentralapparat.