Aus demselben protestantisch-willkürlichen Irrtum, der die Institution entwertet, kommt der Irrtum in den sogenannten charismatischen Bewegungen, die meinen, ein Amt würde sich "aus dem Charisma" und eigentlich nur als Aufgabe ergeben. Das ist prinzipiell falsch! Denn Amt und Chariams sind nicht nur korrespondierend, sondern sie stehen zueinander in einer strikten Ordnung - erst das Amt, dann das Charisma. Die Kirche als societas perfecta ist so wie die eigentliche Schöpfungsordnung (die in der neuen Schöpfung nach dem Jüngsten Tag also zu sich selbst, zu ihrer eigentlichen Form gerufen wird, ohne Deformationen, wie sie dem Sündenfall und seinen Folgen entsprungen sind) von einer Struktur getragen - wie das Knochengerüst, der Bauplan gewissermaßen - die in den Knotenpunkten als "Amt" besteht. Ihre Organizität ist also eine Organizitäüt der Ämter, der Beziehungsknoten, in denen diese Ämter (im letzten ist ja jeder Mensch an seinem Ort ein solches Amt) zueinander geordnet sind.
In dieser Ordnung ist nunmehr mehr als bloß spielerische Willkür dargelegt, sondern der Fluß der Gnaden und noch bedeutender: Der Fluß der lebendigen Wahrheit in ihren Kreisen und Wirkungsgefügen. Denn die Gegenwärtigkeit der Wahrheit "unter uns Menschen", die identisch ist mit der Gegenwart Gottes auf oder in der Welt, ist als von Ebene zu Ebene weitergegebener Fluß vorstellbar, in der das jeweils untere in eingeschränkterem (aber dabei nicht weniger glanzvollerem, aber eben umfänglich spezifischeren, bis zum Allerspezifischesten, nennen wir es: den einfachsten Ämtern und Menschen) an der Wahrheitsfülle des jeweils Oberen teilhat - als TEILHABE eben. So wie im Papst die Schöpfung (Kirche) an Gott selbst in seinem universalste möglichen Sinn teilhat.
Es ist deshalb ein (eigentlich sogar anarchistischer, also ordnungsfremder) Irrtum zu verkünden (wie es jüngst Peter Winnemöller tat), daß sich in der Kirche ANDERS als in der Gesellschaft jeder dazu berufen fühlen dürfe wie müsse, seinen Mund aufzumachen. Das ist schlichtweg FALSCH. Und es wird nicht besser, wenn man die Selbstaufwertung von Blogs mit "Kirchensteuerferne" zu begründen versucht. Denn schließlich, so Winnemöller, wären sie ja nicht weniger Kirche als all die kirchensteuerfinanzhierten Fixangestellten, die den Diözesanraum ausfüllen.
Sehen wir einmal davon ab, daß man, wenn man diese sich "Blogozese" nennende Ansammlung mittlerweile hunderter Blogs, die sich allesamt "katholisch" nennen (und dieses Prädikat da und dort auch sehr leichtfertig nach außen als Kriterium anwenden, als dieses Prädikat zu- oder absprechend), ein wenig kennt nicht unbedingt darauf schließen muß, daß diese Blogozese wirklich etwas zu sagen hätte. Aber gewiß ist, daß diese bzw. deren Blogger meinen, daß das aus inhaltlichen Gründen der Fall sei. Worin sich wie gesagt ganz gewiß viele kräftigst irren, sodaß man sogar zur Ansicht kommen könnte, daß genau dieser Szene gewisse Bescheidenheit, gewisser Abbau einer manchmal sogar erschreckenden Selbstüberschätzung sehr sehr gut anstehen würde.
Ja, jeder der getauft und gefirmt ist ist Mitglied dieser einen Kirche, meint Winnemöller, und ja, das stimmt natürlich. Aber jeder ist es AN SEINEM PLATZ. Dazu kommt die Dichotomie der Kirche in ihrer Mann-Frau-Struktur, in der es eben hier den wort-/samenspendenden (aber eigentlich in gewisser Weise "welt-entrückten") Mann und Kleriker (und, in etwas anderer, vor allem nicht-sakramentalen Form, aber doch: kirchenbediensteten Laien) gibt, und dort die empfangenden Herzen als Gebärmütter konkreter Welt, als in der Welt stehend und deshalb von Rolle, Maske, Figur in diesem Schauspiel Gottes nicht zu trennen.
Gleich sind alle Getauften in ihrem Stehen vor Gott, gewiß. Aber das heißt immer ein Stehen IN EINER BESTIMMTEN ROLLE, an einem bestimmten Weltplatz. Beides ist nicht von einander zu trennen, ja das Stehen vor Gott ist sogar erst erfüllt, wenn der Platz ausgefüllt ist, der einem zugewiesen ist (und eben nicht: den man sich aufgrund irgendwelcher Funktionskompetenz "erwerben" kann.) Diesen Platz zu erwerben, in ihm auch zu wachsen, das ist das Wesen des eigentlichen Christ- und Katholikseins in der Welt.
Morgen Teil 2) Verwickelte, problematische Beispiele aus der Kirchengeschichte -
Nein, nie waren es Revolutionen und Gleichmachereien, und waren die Charismen noch so groß. Kirchliche Charismatiker haben sich immer der klerikalen Autorität untergeordnet.
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