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Samstag, 21. Mai 2016

Durchmarsch bis ganz unten

Wieder einmal ist es angebracht, auf die viel zu wenig rezipierten, aber so wichtigen Arbeiten von Walter Hoeres (der vor einigen Wochen verstarb, r.i.p.) hinzuweisen, die sich mit Reflexion und Reflexivität auseinandersetzt. (Der Grundwurf dazu in Hoeres' Buch "Sein und Reflexion") 

Hoeres zeigt darin nämlich (und belegt den denkerischen Weg dazu), daß das Zurückbeugen in der Reflexivität, wie es sich in dem heutigen Generalmotto "Jeder weiß aus sich heraus, was er ist und will" ausdrückt, einem In-sich-Verkrümmen gleicht. In dem man das sucht, das aber zugleich selbst das Betrachtende ist. Vereinfacht ausgedrückt: Das tut was jene tun, die die Anleitung zu ihrem Handeln, ihr Urteil "in sich selbst" suchen. 

Die Folge ist, daß der Inhalt des Urteils sich auflöst, die Persönlichkeit "verdunstet" (s. dazu auch Walter Brauns Schriften, der sich diesem Thema gleichfalls ausgiebig widmet). Das Ich, das betrachtet, sucht in sich - und weicht daraufhin natürlich ständig zurück. So ein Mensch fällt geistig-mental "in sich zusammen". Weil seine Welthaftigkeit, das konkrete Inhaltliche ja in jenem Ich steckt, das betrachtet, also in der Rückbezogenheit prinzipiell gar keinen Inhalt findet, weil ja jeder Inhalt, weil die Welt ja "außen", im Objekt (und nur dort ist Inhalt) liegt.*

Damit löst sich für einen Menschen die Urteilsfähigkeit auf. Er gibt die Freiheit (die ein aktives Vermögen des Selbstseins im Ergreifen von Welt ist) also auf, und fällt immer tiefer in zufällige oder gar vegetative Bereiche seiner Seele, die natürlich je als Antrieb erfahren werden.

Das fällt einem ein, wenn man diese Geschichte betrachtet: Ein Amerikaner, der sich heute "Eva Tiamat" nennt, war unsicher seines Geschlechts, und suchte es in sich. Schließlich ließ er sich in einem ersten Schritt vom Mann in eine Frau umoperieren. Denn so fühlte er. Dieses "Selbstfühlen" (zusammen mit der Meinung, man müsse sich selbst bestimmen, je nachdem, wie man sich eben fühle) hat schließlich zu einem grotesken (vorläufigen?) Endergebnis geführt - das aussieht, wie es das Bild dokumentiert. Eva Tiamat dazu selbst: Ich bin die Dragon Lady. Eine Trans Male to Female, die sich nun vom Menschen zum Drachenmensch verwandelt. Ich will, daß meine Haut widerspiegelt, was ich in mir fühle, anders gesagt, daß ich entschieden habe, mein Menschsein hinter mir zu lassen.

Die Geschichte ist höchst illustrativ zum Gesagten. Denn der Mann fällt natürlich im ersten Schritt "zur Frau" zurück, denn salopp formuliert (der VdZ hat es in einem seiner oft aufgeführten Stücke so dargestellt): "Frau ist man ja von Haus aus, zum Mann aber muß man erst werden." Natürlich stimmt das nicht ontologisch, denn das Telos des Embryos geht vom ersten Augenblick seiner Zeugung auf ein bestimmtes Geschlecht zu, denn ohne entelechiales Streben würde sich schon einmal überhaupt nichts entwickeln. Wird dieses Mannsein aber nicht ergriffen und dann (dialogisch) gehalten - von sich wie von der Umgebungsgesellschaft - entwickelt es sich nicht, oder zu wenig. 

In dieser Reflexivität aber gibt es keine Grenzen. Hält dieser Selbstverdunstungsprozeß (der sich natürlich nur auf die konkrete Gestalthaftigkeit des Menschen, auf seine Persönlichkeit bezieht) weiter an, folgen weitere, "tiefer liegende" Konkretisierungsformen. Dazu erzählt das Bild genug. Weil aber Persönlichkeit die oberste Selbstseiung des Menschen ist, die aus der prinzipiellen Struktur des Menschen - dem Personsein - hervorgeht, gewissermaßen die Konkretisierung des Personseins in der Geschichte ist, ist sie nie ganz vom Menschsein zu trennen. Seine Ideen-Struktur, um es so zu nennen, bleibt immer erhalten, solange er besteht, bleibt allerdings unerfüllt. Es wird der freie Wille nicht (geistig-inhaltlich) betätigt - bleibt aber als Anlage, als Strebevermögen erhalten. Solch ein Mensch ist wie ein Schiff ohne Steuermann. Also öffnet er sich, mangels Selbstergreifung (und damit Abschließung; man verzeihe die bemüht illustrative und damit "poetische" Sprache), Außenkräften. Der Mensch gerät dabei in einen Selbstwiderspruch, in eine Selbstspaltung. Denn die Wurzel im Sein (die die Entelechie begründet, als Antrieb zur Gestalt) ist nie ganz abzuschneiden, sondern drängt ins Fleisch (sozusagen). Die "selbstgewählte willkürliche Identität" aber steht dem entgegen, und kann nur mit ständiger Energie aufrechterhalten werden. Damit wird das eigentliche Ich zum Ärgernis, Aggression ist die häufigste Folge.**

Mehr muß nun nicht mehr gesagt werden. Hier zeigt sich also lediglich eine letzte Konsequenz. Eine Konsequenz (und das macht den Fall so erschreckend), die im Grunde in einem der Grunddogmen der Gegenwart angelegt ist. Und daneben die wirkliche Ausrichtung der Gendertheorien offenbart. Der Leser möge nur nicht glauben, hier übertreibe der VdZ. Exakt solche Äußerungen wie die obige des bedauerlichen Mannes aus den USA - nur manche Worte sind auszutauschen - hat er nicht einmal, sondern in den letzten Jahren nahezu als kollektive Erscheinung (v. a. in Zusammenhang mit der "Selbstbefreiung der Frauen") gehört. Der VdZ scheut nicht zurück, ein Wort von Papst Franziskus anzufügen, wo der einmal etwas Wahres gesagt hat: "Die Ideologie des Gendering ist satanisch." Es zielt auf die Auflösung des Menschen, auf seine Selbstaufgabe als Halteklammer der Welt ab.







*Weshalb Selbstwerdung ein Prozeß der Selbstüberschreitung ist, als die exakt gegenteilige Ausrichtung: nach außen, aber inhaltlich gar nicht selbst bestimmbar; weshalb auch die Ursache in der Invertiertheit in einem mangelnden Halt in der identitätsstiftenden wie -erhaltenden Außenwelt liegt, denn Identität kann nicht einseitig von einem "Ich" behauptet und gehalten werden, sie ist eine Bezüglichkeit, ist also zugleich in und von einem Außen zu halten. Was jeder Mensch deshalb am allerwenigsten kennt ist ER SELBER, und erst im Alter lernt er sich immer besser kennen, und zwar aus den erfahrenen Wirkungen, und nicht aus der Selbstbespiegelung, dem Nachkriechen in sich hinein.

**Etwa in dieser Art "funktioniert" auch der sogenannte "Machismo", die übertrieben zur Schau gestellte Männlichkeit (von der es natürlich auch ein weibliches Pendant gibt), sofern sie nicht pures "Ideal" bleibt. Denn jedes realisierte Selbstsein ist letztlich ein aktives Selbstergreifen, ein Tätigsein.





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