Dieses Blog durchsuchen

Dienstag, 10. Mai 2016

Über das Unsagbare von Heimat

Die unüberwindliche Schwierigkeit mit dem "Deutschsein" hängt am Selbstsein überhaupt, und zwar am Selbstsein jedes Dings, jeder Entität der Welt und Schöpfung. Es ist ein von innen, von diesem Selbst nie umfassend Darstellbares, der Ration Greifbares. Und es ist in diesem Sinn wie das Selbstsein jedes Dings "heilig". Jemanden zu fragen, was es denn ausmache, daß er hier oder dort beheimatet sei ist deshalb zynisch. Es hat einfach respektiert zu werden.

Deshalb ist es auch moralisch unzulässig, dieses Selbstsein durch eine Rationalität zu belasten, die sich auf diese immanenten, als Umfassendes gar nicht greifbaren Eigenschaften bezieht. Ihm etwa unter Hinweis auf Moralismen Belastungen zuzumuten.

Genau so wenig ist es zulässig zu erwarten, daß sich dieses Beheimatetsein in rationaler Weise äußert. Es kann gar nicht anders als Gefühl zu bleiben, und es kann gar nicht anders als auf Bedrohungen in seiner Unangetastetheit mit Gefühl zu reagieren. Was als Nationalismus ausgelegt wird ist deshalb zwar richtig auf eine Weise unzulänglich, aber man muß es als Notgriff begreifen, in dem versucht wird, etwas immer von der Ratio angreifbares im Rahmen ebensolcher Ration zu verteidigen. Weil das Selbstsein immer etwas ist, das verteidigt und bewahrt werden muß.

Deshalb sind Volksparteien, Volksbewegungen, Volksströmungen immer etwas notwendig Konservatives. Und seine Veränderungen, die als solche nicht verobjektiviert (also zum Objekt gemacht) werden können - als politisches Ziel etwa, demgemäß ein Volk sich so oder so und zu jenem oder diesem zu entwickeln habe - können nie anders als durch behutsame Selbstevolvierung anhand herankommender Umwelten aus angrenzenden Dingen erwachsen.

Wer dennoch solches tut, muß sich zum mindesten Barbarentum vorwerfen lassen, zu desssen erstem Wesen es gehört, das Heilige, das jedes Ganze umgibt, nicht zu achten. Er ist in jedem Fall Revolutionär, der ein Ganzes zerbricht.

Das aber auch die Zubehörigen zu dieser Ganzheit zu achten und zu respektieren haben, auch wenn sie es niemals rational ausreichend kennen werden. Denn das Selbstsein ist der Geschmack, der das Aufgreifen aller Dinge, das Handeln, den täglichen Vollzug auf allen Ebenen tränkt, ohne daß die Dinge selbst sich technisch gesehen ändern würden. Individualität ist der Geschmack der Dinge, die nach herkömmlichen physikalischen Gesetzen und technischen Funktionen aber scheinbar gleich sind. Nicht "das Auto" ist von der Individualität unterschieden, sondern seine Form, seine Leistung, sein Design.*

Ganz so, wie man deshalb die eigene Herkunft, das Überkommene der Vorfahren, das Vorgefundene zum Zeitpunkt eines Geburt als Ganzes heilig zu halten hat, dessen Mauern und Fundamente man nur mit der feinsten Pinzettenspitze anfassen darf. Denn wenn man die Vergangenheit abschneidet und entwertet - und das ist das, was man mit Revolution bezeichnet - ist es, als würde man sich selbst entwerten und auslöschen und auf ein höchst fragwürdiges virtuelles Konstrukt stellen, das eines niemals sein wird: Heimat.

Wo aber Revolution herrscht, was immer heißt: das Zurückstellenwollen auf einen fiktiven Naturbegriff eines Anfangs, zieht unweigerlich das Barbarentum ein. Ein Barbar hat keine Heimat. Er hat nur eine Welt des Gestellhaften, die ihm diese oder jene Eigenschaften bringt und diese und jene Wünsche erfüllt, sich aber nie mehr zu einem heiligen Ganzen zusammenfügt. Weshalb jede Revolution nach gewisser Zeit ein Volk gierig nach dem Vorrevolutionären hat greifen lassen, ohne es aber noch in seine organischen Schachteln zurück zu bringen; es bleibt nur noch simulierbare Pseudologie - dieselben Worte, dieselben Rationalitätsbausteine, aber keine Wurzeln des Wirklichen mehr.




*Obwohl natürlich auch der Drang nach technischen Lösungen aus unsagbarer Indivdualität und damit Heimat herstammt. Also auch die technisch geschaffenen Dinge haben einen wesentlichen Aspekt des unnachahmlichen Selbstseins. Das zeigt am deutlichsten den prinzipiellen Irrweg und Umfang einer möglichen Fehlentwicklung einer gobalisierten Wirtschaft auf, ohne einem internationalen Waren- und Leistungsaustausch gegenreden zu wollen.





***