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Freitag, 27. Mai 2016

Einblicke in Überlegungsprozesse

Auch dieses Interview fügt sich in das mittlerweile riesige Gebäude dieses Blog, das auf einen Schlußstein zustrebt, soweit läßt es sich sagen, einen Abschluß. Aber noch werden Jahr für Jahr Geschoße weiter aufgerichtet.

Hier spricht ein Berater der US-Regierung. Und seine nüchterne, klare Einschätzung, in der er auch gute Menschenkenntnis beweist, weil er um die Komplexität der Geschehen und Motive und Kräfte weiß. Die sich andernorts ja in zahllosen simplifizierten Verschwörungstheorien ergießt, so verständlich die sein mögen, weil sie meist irgendeinen Funken an Wahrheit enthalten. Deshalb ist hörenswert, was Wilkerson zur Situation der USA in der Welt zu sagen hat. Es relativiert manches, aber es präzisiert genau damit. Und viele der genannten Details (etwa über innere Probleme im amerikanischen Militär) sind wirklich interessant und geben glaubwürdige Einblicke in Überlegungsprozesse.

Wir haben es natürlich immer mit Menschen zu tun, das ist so. Die heute so vielfach zur Fundamentalkritik aufbrandendende Meinungswelt macht aber das zum Kriterium von Veränderungsforderungen, die sich meist noch schärfter gegen Institutionen richtet. Daß menschliches Versagen aber so schlagend wird weil werden kann ist die logische Folge einer bereits so weitgehend erfolgten Deinstitutionalisierung unserer Kultur. Nicht mehr das Ämtergefüge mit seiner Stellung in einem (hierarchischen) Gefüge Staat und Welt zählt, dem jeder zu dienen hätte, das jeder Amtsinhaber als Maske vor sich her tragen müßte, denn darin liegt sein Maßstab, darin liegt seine Identität, sondern der Träger der Maske tritt hervor und macht sich und seine persönlichen Interessen zum Maßstab. 

Worin sich gute Politik, gute Struktur, objektiv gerechte Ordnung auszeichnet? Daß sie selbst Vollnieten und Gauner ohne viel Schaden überlebt. Wenn aber der Einzelne zu viele Möglichkeiten hat weil das Objektive substantiell von ihm abhängt, kann er viel Schaden anrichten, während er es umgekehrt nie wirklich besser machen kann als die objektiven Strukturen eigentlich leisten.

Trotzdem geht fast unser gesamtes gesellschaftsorientiertes Denken auf eine weitere Individualisierung aus, indem es nicht mehr die Gestalt einer Maske, eines Amtes, einer Stellung sehen will, sondern seine Träger über "Funktionalismen", über technische Ablaufbeherrschung wählen möchte. Gleichzeitig vernachlässigen wir sträflich die objektiven Strukturen, die wir als Anhängsel an die Individuen verdämmern lassen. Weil wir mittlerweile tatsächlich (wenigstens so irgendwie) glauben, daß alles an den Individuen und an Funktionalismen hängt. Wir schreien also "hier" - und laufen nach "dort". 

Wir versenken objektive Erfordernisse einer Entität im Moor, und verlassen uns auf subjektive Improvisation in einem grotesken Generalruf nach dem "Wir schaffen es!" Damit werden zugleich die Bürger eines Landes zu Lückenbüßern und Lasteseln aufgelöster objektiver Strukturen mißbraucht, ja man hängt ihnen dann sogar noch das Schild um, "unmoralische Versager" zu sein. Obwohl sie mit Aufgaben überfordert werden, die sie prinzipiell gar nicht lösen können weil sie ihren Lebenskreis und damit ihre Verantwortung kategorial übersteigen. Es wäre Zeit, genau darin die Kennzeichen eines totalitären Staates zu erkennen. Was sich bis hinein zu momentanen Tendenzen in der Kirche (unter dem heuchlerischen Verweis auf "Gewissensfreiheit", die aber nichts anders heißt als daß jeder auch das Ganze summativ zu sein wie zu denken hätte) als Generaltrend zeigt.

Dennoch bleibt das Denken - und es kann einerseits gar nicht anders, weil die Wirklichkeit als "unsichtbares Dahinter" tatsächlich so ist - ohne davon zu wissen von einer ontolologisch-geistigen Struktur bestimmt. Man kann IMMER das Sein hören, die Frage ist nur, ob man darauf zu hören vermag. 

Es vermischt sich damit vieles unzulässig, und greift in seiner versuchten Verobjektivierung damit oft ins Leere, zeichnet Phantombilder, weil die zu beurteilenden Formen in den eigenen (immer lebenskreis- und damit persönlichkeitsorientierten) Formen nicht (bzw. nicht in derselben Ebene) vorkommen. Sodaß man den Sack schlägt und den Esel meint - und umgekehrt.








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