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Mittwoch, 6. März 2019

Aber warum gibt es diesen Orden dann noch? (1)

Wie kann es sein, schreibt Steve Skojac auf OnePeterFive, daß dreizehn Jahre nach dem Auffliegen des Skandals um den Gründer des Ordens "Legionäre Christi" die verbliebenen Ordensmitglieder das Gründungscharisma feiern, als wäre nichts geschehen? Warum hat der Vatikan diesen Orden nicht sofort aufgelöst, nachdem das ganze Ausmaß der unfaßbaren persönlichen Verfehlungen von Marcial Maciel ans Tageslicht kam, die freilich schon über lange Jahre und in zahlreichen Berichten wieder und wieder nach Rom gemeldet worden waren? Wie kann es aber vor allem sein, fragt der VdZ, daß der strukturell angelegte Wahnsinn, der sich als besondere Frömmigkeit tarnte, nicht abgestellt wurde? Oder geht er nun munter weiter, nur daß man halt die eine faule Wurzel entfernt hat, die davon so massiv profitierte, daß manche meinen, der ganze Orden sei überhaupt nur deshalb gegründet worden, damit Maciel sich einen persönlichen Harem (aus jungen Männern) schaffen konnte.

Einer der Gründe ist seine Nähe zu den Päpsten. Und hier hat sich besonders Johannes Paul II. hervorgetan, der durch sein Verhalten den absurden Mythos aufrecht hielt (und damit die über tausend direkten Ordensmitglieder in 26 Staaten, und viele zehn- oder hunderttausende Laien im engeren Dunstkreis), daß Marcial Maciel ein "lebender Heiliger" sei. Der polnische Papst hat ihn sogar explizit in seiner Bedeutung für die Jugend hervorgehoben. Bei den (in den Augen des VdZ zutiefst unseligen, ja verheerend wirkenden) "Weltjugendtagen" spielte Maciel immer wieder eine herausragende Rolle und konnte der Welt noch mehr zeigen, daß der Papst hinter ihm stand. Was für eine Vorstellung, was für ein sensus fidei war (und ist) aber da am Werk, was Heiligkeit sei? Und hier geht es nicht um das Geheimnis der Sünden und Mißbräuche des drogenabhängigen Maciel, denn auch der größte Heilige ist Sünder.

Diese Nähe hat Maciel aber auch durch ein geschickt aufgebautes System von Freundschaften und Kontakten aufgebaut und gestützt, die von einem mächtigen Treibstoff befeuert wurden: Geld. Denn Maciel, der sogar seine zahlreichen Verfehlungen schon in den ersten Jahren seiner Priesterschaft unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg so geschickt verbrämte, daß sie zu einem Zeugnis der Verfolgung eines Glaubenszeugen wurden, hatte ein gewaltiges finanzielles Imperium aufgebaut. Er war bekannt als der Prälat, der "alles bar bezahlt". Mit gewaltigen Summen hatte er sich Schweigen und Solidarität gekauft. Dabei haben die Ordensgründung in Mexiko 1941, die Maciel "dem Wirken des Heiligen Geistes" zuschrieb, von Anfang an, spätestens ab 1943, Gerüchte über sexuellen Mißbrauch und Päderastie begleitet.

Wie konnte er so viel Geld anhäufen? Es begann in Südamerika, wo er sich besonders Ehefrauen von Reichen oder deren Witwen gewogen machte. Die waren meist unausgelastet und hatten keine Aufgabe. Davon befreite sie Maciel, indem er ihnen weismachte, daß ihre Aufgabe ja Pflicht nun sei, den Kampf gegen das Böse auf Erden mit den vorhandenen Geldmitteln zu unterstützen. Insgesamt betrug das Jahresbudget des Ordens später 650 Millionen Dollar, mit dem er unter anderem mehrere Ordenshochschulen und -institute gründete und finanzierte, und zahlreiche Immobilien kaufte. Das Vermögen der "Legionäre Christi" wird auf zwanzig Milliarden Dollar geschätzt. Das Geschick des Ordens, Spenden aufzutreiben, ist legendär. Damit unterstützte er großzügig auch manche Projekte des Vatikans, und das Ansehen Maciels in Rom wuchs und wuchs.

So großzügig unterstützte er Bischöfe, Kardinäle und Vatikan, daß trotz der lange schon bekannten und gemeldeten Vorwürfe eine Order bestand, diesen Vorwürfen nicht nachzugehen und sie sogar zu unterdrücken, um Maciel zu decken. Vor allem der Kardinalstaatssekretär Sodano stand hinter diesem Schweigegebot. Erst der spätere Papst Benedict XVI., damals noch Präfekt der Glaubenskongregation und Kardinal Ratzinger, setzte sich 2004 über diese Order hinweg und initiierte eine unabhängige Untersuchung, die zu dem bekannten Ergebnis führte: Marcial Maciel wurde zwangsweise in den Ruhestand versetzt (nicht aber exkommuniziert oder wenigstens als Priester suspendiert) und zu lebenslanger Zurückgezogenheit verdammt. Als er 2008 starb, soll er, glaubt man Augenzeugenberichten, verweigert haben zu beichten. Siebzig Jahre war er jeder Verfolgung entkommen. Siebzig Jahre hat der Vatikan jede Untersuchung unterdrückt. Nun rechnet Gott direkt mit ihm ab.


Morgen Teil 2) Wahrheit macht immer sehend





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