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Freitag, 29. März 2019

Die kanalisierte Unzufriedenheit (2)

Teil 2)



Ein gelungenes Leben wird sich erst wieder möglich machen, wenn die realen Fundamente, die Selbstverständlichkeiten, auf denen der allgemeine Geist auch heute ruht, ausgegraben, hinterfragt und allenfalls neu gesetzt und ersetzt werden. Und dazu muß man viel ändern, was aufs erste auch Mühe und Schmerz verlangt. Denn ein gutes Leben muß errungen werden, einmal und immer wieder, das gibt es nicht einfach frei Haus geliefert. Die Lebensweise, in die jeder automatisch gerät und die als richtig und zeitgemäß angesehen wird, sie ist es nämlich, die zu lauter chaotischen Zuständen führt, in denen dann jeder aufwacht. Und aus denen er kaum noch herauskommt, weil so viele falsche Entscheidungen seiner Vergangenheit ihn mit Bürgen belasten, die kaum zu tragen sind. Und die Mühe und den Schmerz vervielfachen, die ein besseres, richtigeres Leben nun kostet. 

Wobei wir an einem ganz gefährlichen Punkt angelangt sind. Denn das allgemein festzustellende, auch mit Autorität verankerte Denken vermag mit den Kategorien, die es formen, mit seiner inneren Grammatik (die zu guten Teilen aus der Lebensweise erfließen), die wirklichen Probleme nicht zu durchdringen. Das macht die Menschen regelrecht wehrlos und ausgeliefert. Sodaß das heutige Leben immer mehr einem nicht enden wollenden Trauma gleicht. 

Dem versucht eine ganze Industrie zu begegnen. indem sie angebliche Lösungen vorstellt. Das ist derzeit sehr stark bei Hollywood-Produktionen, aber generell in Produkten der Unterhaltungsindustrie und sogar des Kunstbetriebes festzustellen. In einer Mischung aus Umkehrung der natürlichen Haltung zu Schmutz und Niedrigkeit - als "aber dafür herzlich" - oder in vorgegaukelten, also gelogenen Scheinlösungen wie "gelingende, glücklich machende Patchwork-Familien". Dabei sind es vergiftete Köder, die hier ausgelegt werden. 

Denn in diesen Scheinlösungen, die jeden träumen lassen, daß er so falsch wie bisher weiterleben, aber die Ruinen, die sein Leben darstellen, dennoch zu einem geglückten Leben zusammenfügen kann. Das führt zu einer neuen Belastung, denn fortan liegt das Gelingen zum einen am eigenen falschen, ungenügenden Bemühen (so, wie die Unzahl von "Erfolgs-" oder "Selbstoptimierungsmethoden" nur die Erhöhung des inneren Erfolgsdrucks bewirken), zum anderen an einer noch weitergehenden Zerstörung der wahren Fundamente. Damit senken wir nur die Schwelle zur Verletzlichkeit der eigenen Lebensentwürfe.








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