Einen sehr wichtigen Punkt spricht Anthony P. Mueller auf mises.org an. Zum einen dienen seine Schilderungen natürlich der Zertrümmerung eines Mythos. Zum anderen liegen darin Dinge impliziert, die Mueller etwas zu leichtfertig als "gut" bewertet, selbst wenn er damit gegen manchen Mainstream schreibt. Weil er gegen den Zentralismus anwettert.
Der Ökonom zerlegt den sogenannten "Marshallplan". In ihm haben die USA insgesamt 12,7 Milliarden US-Dollar (das entspricht nach Kaufkraft 170 heutigen Milliarden) nach Europa gepumpt. Insgesamt 16 Staaten kamen in den Genuß einer Finanzhilfe, mit der die USA vor allem ein Ziel verfolgte: Europa, das in Trümmern lag, wieder auf die Füße zu helfen. Denn wie die Weltlage zeigte, war der Kommunismus auf einem nie erwarteten Siegeszug. Gerade war sogar das riesige China dabei zu fallen. Der Kalte Krieg war ausgerufen und ab Ende 1948 flossen Gelder nach Europa, um der Sowjetunion Widerstand leisten zu können. Denn man fürchtete zu sehr, daß die Bevölkerung eines bettelarmen Europas binnen kurzer Frist ebenfalls den Kommunismus herbeisehnen würde, der sie von der drängenden Not befreite.
Mit dem im November 1948 beschlossenen Plan wendeten die USA ihre Politik um 180 Grad. Denn zuvor war tatsächlich beabsichtigt, Deutschland für alle Zeit zu vernichten, und seine Bevölkerung um 30 Millionen zu reduzieren, und zwar buchstäblich, indem man sie verhungern ließ. Und der einstige Feind war tatsächlich bereits von einer Hungersnot erfaßt. Der Winter 1947 ging in die Annalen als "Hungerwinter" ein, an dessen Höhepunkt der Kölner Kardinal Frings die Bevölkerung an ein ehernes Moralgesetz der Kirche erinnerte: Daß Mundraub keine Sünde ist. Wo immer jemand einen Kohlewagen der Alliierten sah und zuhause erfroren seine Kinder, der durfte, ja mußte ihn stürmen. Wo immer ein Lager der Alliierten Brot und Nahrungsmittel hortete, war es legitim, es aufzubrechen und das Nötige zu nehmen. Die Bevölkerung handelte danach und nannte das bald "Fringsen".
Im März 1948 sahen es auch die Amerikaner ein. So konnte es nicht weitergehen. Noch dazu ging es den Siegermächten England und Frankreich auch nicht viel besser. Auch die Wirtschaft dieser Länder konnte nur in einem Gesamtraum Europa wieder auf die Füße kommen, und dazu brauchte man auch ein prosperierendes Deutschland. Die bisherige Leitlinie, der "Morgenthau-Plan", war ein Plan der Rache. Er mußte weichen. Man mußte auch Deutschland helfen. Auch wenn der Großteil der nun zur Verfügung gestellten Mittel an England und Frankreich flossen (die damit auch gleich ihre Armeen aufrüsteten, um ihre Kolonialkriege führen zu können), halfen die insgesamt nach Bonn geflossenen 1,4 Milliarden Dollar der dortigen Regierung, wenigstens die ärgste Hungersnot zu beenden. Immerhin waren auch zwölf bis vierzehn Millionen Ost-Vertriebene (die größte Bevölkerungsverschiebung in der Geschichte der Menschheit) im Land zu integrieren. Insgesamt machte die amerikanische Hilfe knapp drei Prozent des damaligen BIP aus, und betrug etwas mehr als neun Prozent des gesamten Marshallplan-Transfers. Zum Vergleich: England erhielt 26 Prozent, Frankreich 19 Prozent.
Wie sah der Plan konkret aus? Europa wurde mit amerikanischen Waren beliefert. Teilweise auch mit fraglichen Waren, wie Zigaretten. Unternehmer konnte diese Waren kaufen (dafür wurde eine eigene neue Bank gegründet), mußten sie auch bezahlen, aber das Geld floß in diesen Hilfefonds. Mit dem wiederum Waren angekauft werden konnten. Denn was Mueller seltsamerweise nicht erwähnt ist, daß der Marshallplan noch einen Vater hat, die Überproduktion der amerikanischen Industrie. Die durch die Ausweitung im Krieg nun enorme Überkapazitäten hatte. Es drohten auch in den USA also Arbeitslosigkeit und Firmenpleiten. Und das gerade in einer Phase, wo Millionen Soldaten aus dem Krieg zurückkamen und natürlich Arbeit brauchten. Dem konnte nur durch kaufkräftige neue Märkte begegnet werden.
Und dazu mußte sich in einem Land genug Eigendynamik entwickeln, damit es zu einem zukunftsfähigen Markt wurde. Bei Deutschland hieß das vor allem Stabilität und Vertrauen herzustellen, damit sich wieder Unternehmer etwas trauten und investierten. Also wurde die Währung reformiert, die D-Mark eingeführt (Sparguthaben verfielen weitgehend), die Preisbindung aufgehoben, international so gut wie alle Schulden erlassen (Londoner Abkommen), auch die aus Reparationszahlungen. Der Wechselkurs zu Auslandswährungen wurde "dauerhaft stabilisiert", also eingefroren. Das war eine der Hauptforderungen der USA. Die jeden Staat, der Hilfe wollte oder brauchte, zu weitgehender Harmonisierung der Wirtschaftspolitik zwang, weil die jeweiligen Länder im Gleichschritt gehen mußten.
Und dazu mußte sich in einem Land genug Eigendynamik entwickeln, damit es zu einem zukunftsfähigen Markt wurde. Bei Deutschland hieß das vor allem Stabilität und Vertrauen herzustellen, damit sich wieder Unternehmer etwas trauten und investierten. Also wurde die Währung reformiert, die D-Mark eingeführt (Sparguthaben verfielen weitgehend), die Preisbindung aufgehoben, international so gut wie alle Schulden erlassen (Londoner Abkommen), auch die aus Reparationszahlungen. Der Wechselkurs zu Auslandswährungen wurde "dauerhaft stabilisiert", also eingefroren. Das war eine der Hauptforderungen der USA. Die jeden Staat, der Hilfe wollte oder brauchte, zu weitgehender Harmonisierung der Wirtschaftspolitik zwang, weil die jeweiligen Länder im Gleichschritt gehen mußten.
Morgen Teil 2) Aber die Sache hatte einen gewaltigen Haken,
um nicht zu sagen Pferdefuß. Und der heißt Amerikanismus.
*170119*