Es lohnt immer, alten Menschen
zuzuhören. Schon gar wenn sie, wie hier Friedman Dyson, einer der
renommiertesten Physiker der USA erhebt, der auf eine lange und
beeindruckende Laufbahn als Wissenschaftler zurückblicken kann. Und der
91jährige Dyson von der Universität Princeton (jenem Institut, sogar
konkret in jenem Gebäude, wo etwa Einstein forschte) spricht hier zum
Thema "Klimawandel". Er bestreitet dabei gar nicht, daß es eine
Temperaturerhöhung im 20. Jahrhundert gegeben hat.
Aber
er meint, daß es eine furchtbare Tragödie ist, daß wir unser Augenmerk
und enorme Ressourcen wie hypnotisiert und in einer wahren Hysterie auf
ein Gebiet - Klima - richten, von dem wir viel zu wenig wissen, um
etwas Verläßliches über Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge sagen zu können.
Während wir so viele ernsthafte Probleme der Welt und der Menschheit
links liegen lassen, von denen wir aber genug wüßten, um sie auch lösen
zu können.
Die
Frage ist nicht, sagt er, ob es Klimawandel gibt, und ob er vom
Menschen beeinflußt wird. Natürlich gibt es menschlichen Einfluß auf das
Klima. Die Frage ist aber nicht ob, sondern wie weit geht dieser
menschliche Einfluß, und ist er gut oder schlecht. Dazu wissen wir aber
nichts. Wahrscheinlich ist menschlicher Einfluß viel geringer, als heute
behauptet wird. Und viel bedeutender ist, daß es gewaltige Nicht-Klima-Effekte von CO2 gibt, die in überwältigendem Ausmaß von Vorteil
sind. Die Erde wird derzeit grüner, das zeigen die Satellitendaten, und
das ist dem Kohlendioxyd zuzuschreiben. Davon profitiert die
Landwirtschaft, die Wälder nehmen zu, ja die gesamte biologische Welt
profitiert davon. Das ist viel wichtiger und vor allem gewisser als
Aussagen darüber, welche Wirkungen es aufs Klima hat.
Diese
beobachteten positiven Aspekte eines höheren CO2-Gehalts der Atmosphäre
übertreffen nämlich alle Erwartungen, die er seit er sich damit befaßt
(und das sind 35 Jahre) hatte. Damals ging er (bzw. gingen sie, er war
wohl nicht alleine) von zehn Prozent Zuwachs aus. Heute stellt sich heraus, daß
es wahrscheinlich 25 Prozent sind. In derselben Zeit ist der CO2-Gehalt um 40 Prozent
auf heute rund 400 ppm gestiegen. Etwa die Hälfte davon geht direkt in
das Wachstum der Vegetation, und die hat beobachtet um mittlerweile 20 Prozent
zugenommen.
Das
vermehrte CO2 wirkt sich direkt auf die Erntemengen und die
Biodervisität der Arten aus. Ein eindeutig positiver Effekt, der nichts
mit Klima zu tun hat. Auch wenn man das nur als Durchschnittswert sagen
kann, denn natürlich trifft das nicht auf jeden Punkt der Erde zu. An
manchen Orten funktioniert es so, an anderen wieder nicht. Das hängt
auch davon ab, welche anderen Pflanzennährstoffe vorhanden sind. Wenn zu
wenig Stickstoff (N=Nitrogen) vorhanden ist, kann auch CO2 nicht
wirken. Meist ist aber genug Stickstoff da. Dann wirkt ein erhöhter
CO2-Gehalt positiv.
Der
Gehalt an CO2 ist aber wesentlich einfacher zu messen und
wissenschaftlich viel gesicherter, als seine Auswirkungen aufs Klima. In
Glashäusern, wo man industriell Lebensmittel herstellt, wird der
Gehalt sogar auf 1200 ppm erhöht, um die Produktivität zu verbessern.
Dyson
setzt sehr auf die genetische Veränderung von Bäumen. Findet man das
spezifische Gen, das CO2 bindet, kann man deren CO2-Aufnahme erhöhen.
Auf kurze oder mittlere Frist ist aber nicht zu erwarten, daß es zu
einem gefährlichen CO2-Gehalt in der Atmosphäre kommt. Man muß
unbedingt unterscheiden, ob solche Effekte in 100 oder in 500 Jahren zu
erwarten sind. Auf sehr lange Frist kann freilich eine solcherart
genetisch veränderte Vegetation wichtig werden.
Von
der derzeitigen Hysterie, daß erhöhter CO2-Gehalt auch die
Erdtemperaturen erhöht, hält Dyson nichts. Das hat religiöse Dimension,
meint er. Er kann auch nicht nachvollziehen, warum Klimawandel unbedingt
"böse" sein soll. Worauf berufen sich solche Einschätzungen? Wenn die
beobachtbaren Effekte doch so positiv sind? Es ist ein Glaubenssystem,
meint er, zu behaupten, daß wir sofort drastische Maßnahmen vornehmen
müssen, um eine angeblich drohende Katastrophe zu verhindern. Er als
Wissenschaftler versteht das nicht, und er weigert sich auch verstehen
zu sollen, warum man das macht.
Sie
berufen sich auf ihre Computermodelle? Dyson hat sich immer dagegen
gewandt, wenn behauptet wurde, daß solche Modelle zutreffende Vorhersagen
ermöglichen würden. Solche Modelle wurden ja schon erstmals in den
1960er Jahren konstruiert, und er kennt sie. Sie haben ihren Wert, um
das Klima verstehen zu lernen, aber sie sind ungeeignet, Klima
vorherzusagen. Denn man kann nur eine begrenzte Anzahl von Faktoren
darin berücksichtigen, viel muß weggelassen werden. Also kann man zwar
darüber lernen, welche Faktoren sich wie auswirken. Aber das Klima, die
reale Welt ist dann immer noch weit komplexer und komplizierter als
solche Modelle. Sie werden deshalb prinzipiell nie dazu in der Lage
sein, Vorhersagen zu treffen. Man kann nicht so komplexe Zusammenhänge
in Modellen nachbilden.
Man
darf dennoch nicht übersehen, daß die Tatsache, daß die Meteorologie
heute oft so präzise Wettervorhersagen bis zu einer Woche machen kann,
ist diesen Computermodellen geschuldet. Da hat eine enorme Entwicklung
stattgefunden. Einzelfaktoren lassen sich oft recht genau einschätzen,
wenn es um lokales Wettergeschehen innerhalb kurzer Fristen geht. Für zehn
Jahre im Voraus wird man das nie machen können. Die Wettervorhersage
ist aber genau so viel eine Kunst wie eine Wissenschaft, das heißt daß
sie auch mit dem Menschen zu tun hat, der sie anstellt. Aber sie
verbessert sich mit dem Fortschritt der Wissenschaft.
Morgen Teil 2)
*201218*