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Donnerstag, 1. Juli 2010

Eine Zeiterscheinung

Der VÖFS - Verband Österreichischer Filmschauspieler - versandte an seine Mitglieder einen Appell des deutschen Pendants, des BFFS - Bundesverband der Film- und Fernsehschauspieler. Darin werden die Verbandsmitglieder (Schauspieler) aufgefordert sich zu solidarisieren und das Überhandnehmen von Angeboten, die Gagen offerieren, die deutlich unter den bislang üblichen Gagen liegen, durch Zurückweisen zu bekämpfen. TROTZ der oft schwierigen Lage, in der sich Schauspieler befinden, denn es wird immer weniger gedreht, und die Branche splittet sich in zwei Lager - Berühmtheiten, und völlige Newcomer. Die einen als Zugpferde, die anderen als "Kamerafutter", billig und willig.

Das hat mehrere Gründe, budgetäre sind nur ein Teil davon. Hier soll nur auf eine Misere hingewiesen werden, die den Beruf generell betrifft. Der mehr und mehr zu einer Identitätsangelegenheit wurde und wird, so daß sich immer mehr junge Menschen zu einer (häufig teuer zu bezahlenden) "Ausbildung" entscheiden, an immer zahlreicher werdenden Instituten und Akademien. Aber auch bestehende Akademien sind längst und häufig in die Falle der Identitätsbildung ("Akademieabsolventen") gegangen, die dem wirklichen Schauspiel als künstlerischer Beruf und Berufung widersprechen.

Zugleich wird - das eine hat direkt mit dem anderen zu tun - der Schauspieler im Film zu einem Ablieferer von gewünschten Eckdaten (Emotionen, Gesichtern, Reaktionen), zu einem Produzenten von Zuständen und Gefühlen (unter anderem aus der Unsitte des "method acting" entstanden), was nicht weniger heißt als daß Film zu einem einzigen Konventionsprodukt wird, häufig auch wiederum aus Erfolgsdruck der Filmproduzenten und unterbeschäftigter Ausführungsbeteiligter (von der Kamera bis zur Regie) entstanden.

Denen als "Material" Schauspieler gegenüberstehen, die ihre Berufung im identitären "Glamour" eines von Bravo-Heften und Starkult jeder Art gezüchteten Nachahmungstriebes beziehen, und den Beruf als von solchen Vorbildern übernommene Lebensgestaltung sehen. Wo Absolventen unterschiedlichster "Akademien" sich als "fertig" und "ausgebildet" betrachten, und ihre erste Rolle folgerichtig in den obligaten "Bühnenhund" samt Kleidungsaccessoires, die "ein Schauspieler" hat, ummünzen.

Kurz werden sie auch nachgefragt, auch und gerade im Film, natürlich gegen geringe Gage, welches Opfer sie gerne auf sich nehmen, denn sie erwarten ja noch die große Karriere. Ein "Opfer", das ihnen im übrigen gar keines ist - Merkmal dieser "Generation", als die man das bezeichnen muß, ist ja auch materielle Abgesichertheit, durch Eltern und Umfeld, oder schlicht öffentliche Sozialmaßnahmen. Und damit sind sie meist auch schon am Ziel angelangt, denn MEHR als öffentlich anerkannte Identität - Schauspieler - wollten sie ja nie. Entsprechend verbringen sie dann mehr Zeit damit, Facebook und Networkings zu füttern, als sich geistigen Auseinandersetzungen auszuliefern.

Auszuliefern.

Nicht zu "wissen", wie diese "gehen", um sie "machen" zu können.

Aber das wäre dann wirklich künstlerische Berufung. Keine "Zeiterscheinung", zu der dieser Beruf (und alle ihm verwandten) geworden ist.


*010710*