Die Gebäude eines Landes erzählen über die (wandelnden) Verhältnisse zwischen Teilen des Volkes, und den Herrschenden. Die gebrochenen Burgen, von denen unser Land (Österreich) voll ist, zeigen den Zentralismus, der seit den ersten Habsburgern hier herrscht. Sie duldeten keinen Widerspruch, keine Gefährdung ihrer Macht. Bürgertum hinwiederum bringt immer eine starke Zentralmacht, weil ein selbstbewußter, autonomer Bürger keine Mittler zwischen sich und der höchsten Macht duldet. Deshalb war auch mit der städtischen Entwicklung der Protestantismus grundgelegt in Europa. Die Bürger ertrutzten sich ihre Autonomie.
In Istanbul duldeten die Sultane nicht, daß das Volk Steinhäuser erbaute. Es sollte im Nomadenstand bleiben. Häuser durften nur aus Holz erbaut werden, was unter anderem schlimme Stadtbrände zur Folge hatte. Aber jederzeit sollten die Janitscharen bedrohlich bleiben können. Ja, nur Janitscharen durften bei Bränden löschen! Die Sultane wußten um die Gefährdetheit usurpierter Macht, der der kulturelle Unterbau noch dazu nicht entsprach. Diese Angst hat sich im späten 19. Jahrhundert ja bekanntlich zur Paranoia der Osmanischen Herrscher gesteigert.
Diese Holzhäuser, schreibt Erhart Kästner einmal dazu, vergaßen das Zelt nie, mit dem dieses Volk aus Innerasien herkam. Und in Kleinasien, sollte man hinzufügen, auf eine Fülle von Völkern und Kulturen traf, die es nur beherrschen, nie einatmen konnte.
In Japan waren (und sind) die Häuser aus Holz, ihr inneres aber: aus Papierwänden.
Das selbstbewußte Bürgertum in Europa errichtete Palästen gleichende Herrenhäuser.
Das Rote Wien baute gar Burgen als soziale Wohnanlagen, Festungen gegen den Staat. Die in sich aber funktionale Paradiese sein sollten. Heute sind es Sammelstätten für migrantisches Elend. Der bürgerliche Wiener flieht diese Verhältnisse. Dem muslimischen Osmanen aber kommt - erstmals vielleicht erfüllt sich also der Sinn dieser Bauten? - der Kollektivismus, der "Gemeinschaftsgedanke", der die Anlagen geprägt hat, sehr entgegen.
*110710*