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Donnerstag, 8. Juli 2010

Kurz und bündig

Bei den meisten Autoren kristallisiert sich in wenigen Sätzen alles, was man als Essenz ihres ganzen Lebens (und damit Lebenswerkes) bezeichnen könnte. Als schrieben sie ihre Bücher nur, um einen einzigen Satz, eine einzige Behauptung zu belegen - auf daß sie sie endlich, endlich frei sagen könnten. Man darf den Verdacht haben, daß Schriftsteller nur schreiben, um durch Beleg zu rechtfertigen, was sie eigentlich sagen wollten, aber nie wagten. Weshalb sie eine Welt erschaffen, die genauso handelt, wie sie es sehen ...

Wenn Doderer einmal sagt, daß ein Schriftsteller ja nur an einem einzigen Buche schreibt, so könnte man das weiter reduzieren - auf einige wenige Sätze, auf einen Satz, vielleicht sogar: auf ein Wort.

So stößt man nach tausend Seiten in Schopenhauers "Welt als Wille und Vorstellung" auf diese simple Formel:
"Die drei ersten Bücher werden hoffentlich die deutliche und gewisse Erkenntnis herbeigeführt haben, daß in der Welt als Vorstellung dem Willen sein Spiegel aufgegangen ist, in welchem er sich selbst erkennt, mit zunehmenden Graden der Deutlichkeit und Vollständigkeit, deren höchster der Mensch ist, dessen Wesen aber seinen vollendeten Ausdruck erst durch die zusammenhängende Reihe seiner Handlungen erhält, deren selbstbewußten Zusammenhang die Vernunft, die ihn das Ganze stets in abstracto überblicken läßt, möglich macht."

Ein Satz, der seine gesamte Philosophie zusammenfaßt. Alles andere ist Konzession an die faktische Welt.

*080710*