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Mittwoch, 21. Juli 2010

Erstickte Welt

Ich habe keinen Zweifel, schreibt Erhart Kästner einmal, daß dieser Erdrutsch an Worten und Gedrucktem der jahrein jahraus auf uns niedergeht, ein Bilder-Krieg ist. Es schwelt darin ein Haß auf die Bilder, und er gehört zu dem großen Feldzug, den die Neuzeit, schwerbewaffnet, gegen die Dinge führt, um sie einzuschüchtern, sie um ihr Selbstbewußtsein zu bringen.

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Nichts ist den Machthabern so gefährlich wie die Entdeckung des kleinen Mädchens, daß der Kaiser nackt ist; nichts ist so gefährlich wie die Menschen in der Freiheit zu wissen, die Bilder der Welt zu besitzen, richtig selbst zu besitzen. Man erkennt den Machtrausch auch daran sofort, daß die Gier nirgendwo so groß ist als dort, wo es um die Interpretation von Gesehenem, Wahrgenommenem geht. Denn in der vorgeschriebenen Interpretation geschieht sie, diese Enteignung.

Und sei es, die Menschen mit einer ganzen Pseudowissenschaft, zu der die Psychologie (bzw. weitgehend die gesamte Humanwissenschaft) bei uns geworden ist, sich selbst wieder aus den Händen zu reißen.

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Also muß man (wie im Genderwahn) gar die Sprache ändern, diesen unerträglich unbeherrschbaren Statthalter der Bilder, um die Welt ins Nichts zu stoßen. Indem man die Begriffe zur Unmoral erklärt, solange sie nicht gleichgeschaltet sind. Abzugeben am Amt, um sie, gereinigt, wieder zu empfangen.

Man erkennt eine Diktatur nicht unbedingt daran, ob sie die Menschen mit Knüppeln niederschlägt. Aber an erkennt sie untrüglich daran, daß sie die Welt erstickt - und sie tut dies sofort, indem sie die Sprache konfisziert, und in ihre Desinfektionsanstalten steckt. So entreißt sie den Menschen die Welt: indem sie ihnen die Bilder nimmt. Die Bilder hinter den Worten sind die dringendsten Feinde des Totalitären.


*210710*