Daß zwischen den einzelnen Vorgangsketten innerhalb der Einzelzellen, innerhalb der Einzelorganismen (=Zellvielheiten) und innerhalb der Vielheiten von Organismen bestimmte Beziehungen bestehen, ist eine bekannte Tatsache; man macht sich aber gewöhnlich nicht klar, wie sehr dieses Beziehungsnetz der zahllosen Lebensfunktionen und Lebenserscheinungen eine generelle Tatsache ist; man pflegt vielmehr einzelne Beziehungen die besonders auffällig sind, herauszugreifen und als besondere "Anpassungen" zu proklamieren. Wichtiger ist die Erkenntnis, daß alle biotischen Vorgänge und Vorgangsresultate ("Eigenschaften") durch irgendwelche Bezogenheit, die man auch (einseitige oder gegenseitige) Angepaßtheit nennen kann, gekennzeichnet ist.
Angepaßtsein ist also eine der Grundeigenschaften des zu erklärenden Phänomens "Leben", nicht eine besonders zu erklärende Erscheinung. Ebenso ist das Gerichtetsein der einzelnen Lebensvorgänge eine biotische Grundeigenschaft. Es gibt kein ursprünglich richtungsloses und beziehungsloses "Drauflos-"Assimilieren, -Funktionieren, -Variieren der Organismen, in welchem dann etwa sie Selektion nachträglich Ordnung schafft, sondern das Determiniertsein von Geschehensrichtungen und von Vorgangsbeziehungen ist eine Generaleigenschaft, ohne die auch das einfachste Leben unvorstellbar ist und unhaltbar sein würde.
Richard Woltereck in "Philosophie der Lebendigen Welt - Biologie"
*060710*