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Mittwoch, 21. Juli 2010

Augenzwinkern der Welt

Eine der schönsten Szenen an dem an schönen Szenen so reichen Film "Lawrence of Arabia" ist jene, wo "T. E. Lawrence" (Peter O'Toole) mit dem Sheik Auda ibu Tayi (Anthony Quinn) spät abends am Lagerfeuer sitzt. Das Essen des ersten Kreises, dem der Sheiks, wurde soeben beendet (T. E. Lawrence schreibt in seinen Büchern, daß erst danach das Volk bekam, von denselben Tafeln, von denen die ersten aßen - was übrigblieb) und man spricht über das Vorhaben. Es geht darum, Akaba zu erobern. Das von den Türken zur Festung ausgebaut ist, die Auda ibu Tayi Tributgelder zahlen, im übrigen eine sehr normale Vorgehensweise.

Lawrence deckt erst auf, daß Auda ibu Tayi Gold von den Türken erhält. Der rechtfertigt sich gar nicht, er sei eben der (freilich, nicht so ganz redliche ...) Quell, aus dem sein Volk trinke und lebe. (Geschrei der Zustimmung aus den Umlagernden.) Und dann spitzt es sich zu: Abu Tayi sagt, daß er nicht wüßte, warum er Akaba angreifen solle. Da sagt Lawrence:

Auda Abu ibu Tayi wird nicht angreifen, weil er Gold dafür erhält.
Nein, stimmt der zu.
Er wird auch nicht angreifen, weil er Ruhm oder Ehre oder Beute möchte.
Nein, wieder stimmt der Sheikh zu.
Er wird angreifen, WEIL ES IHM SO GEFÄLLT.

Das sitzt. Abu Tayi sieht ihn mit zugekniffenen Augen an, er kann nicht mehr anders.  Er muß beweisen, daß er diese Freiheit hat! Erst dann ist man groß.
Deine Mutter hat sich mit einem Skorpion gepaart, sagt er dann.

***

Weil es mir so gefällt. Die höchste Freiheit hat der, der nur aus sich bewegt ist. Weil es ihm so gefällt. Kein Nutzen, keine lächerliche Rechnung von Vorteilen oder Kosten. Weil es ihm so gefällt. Der ist frei. Der ist er selbst, aus sich heraus. Und der ist schön. Wie der krummnasige, dreckige, verschwitzte Auda ibu Tayi.

Diese Sequenz von wenigen Minuten gibt dem Fünf-Stunden-Epos vielleicht die entscheidende Beischwingung und Hintergrundfärbung. Hier wird nämlich sichtbar, was Lawrence überhaupt an der arabischen Welt und Seele so fasziniert: Sie ist so, WEIL SIE SO IST. Zusammen mit der Stelle, wo der Bedu von Omar Sharif am Brunnen erschossen wird, weil er aus ihm Wasser schöpft, der Brunnen aber den Beni Sadr gehört, wird hier eine archaische, mythische, ganze Welt sichtbar, nach der sich der Mensch sehnt. Das hat durchaus mit Paradies zu tun, denn der Mensch ist im Eigentlichen poetischer Abstammung, und dorthin will er wieder. In dieser Welt wird er immer Fremdling bleiben.

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Der Kurier bringt einen Bericht der "Gleichbehandlungskommission", der besagt, daß es ungerecht sei, für Frauenhaarschnitte mehr zu verlangen als für Haarschnitte bei Männern. Es sei nicht rechtfertigbar.

Das Enttäuschendste daran ist, daß die Friseurinnung tatsächlich zu argumentieren begann, und Haardichte, höhere Ansprüche etc. anführte. Erst damit begann (und beginnt nun wohl) die Ungerechtigkeit. Damit beginnt vor allem der Haß, die Häßlichkeit, damit beginnt das Ende des Ganzen, das Geheimnis, gewahrt in der Diskretion.

Alles Erhebende ist niemals eine Frage des niedrigen Preises. Es ist eine Frage der Werthaftigkeit. Alle Dinge haben ihren Preis. Das ist so. Nur das Nichtige braucht die Hilfe der Hunde, die argumentieren. Das Hohe ist kein Hund. Das Hohe ist frei.

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Preisgerechtigkeit heißt nicht, daß alle den gleichen Preis zahlen. Weil niemand gleich ist, weil niemandes Lage gleich ist, und weil keine Situation des Kaufes selber gleich ist. Wer so denkt, nimmt dem Kauf das Letzte, was er immer noch (und: zuallererst!) ist: Teilhabe am Leben, Kommunikation. Auch mit dem Risiko des Ärgers, gar des Betruges, auf den zu reagieren auch mir selbst überlassen ist - manchmal ist es tatsächlich die zweite Wange, die es hinzuhalten gilt. Leben ist weit, weit! mehr als Summenrechnung ... Wer austauschbare Leistung möchte, wird selbst austauschbar.

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Wen wundert, daß wir an unseren Schulden ersticken? Unser Geld wird für solche Dinge (wie der gesamte Genderwahn) und Institute sinnlos, und zwar völlig sinnlos, ja selbstzerstörerisch, beim Fenster hinausgeschmissen. Warum? Weil es so evident ist, daß man sagen darf: weil es so ist. Nur Verrückte meinen, das argumentieren zu müssen.

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Was ist das Nächste beim Friseur? Abrechnung nach Stunden? Kostenvoranschläge am Donnerstag eingeholt, am Freitag entschieden, unter fünf Anbietern, samt immer grenzenloserem Bürokratismus? Prozesse, warum bei der einen die Galafrisur siebzig, bei der anderen neunzig kostete? Weil die mehr schnattert, nerviger, "anspruchsvoller" oder ... häßlicher ist?

Was wird aus einer Welt, der all diese abstoßenden Emanzen, die per Verordnung Liebe wollen, die aus Neid, Gier und Bösartigkeit dem Leben das letzte Augenzwinkern entreißen? Es wird ihr dramatisch alles Lebendige, und auch noch letzte Barmherzigkeiten ausblasen.

Alles nur dafür, daß manchen Häßlichen billiger ihre Haare normgerecht abgebissen werden.


*210710*