Es sind oft die einfachsten Verbindungen und Schlüsse, die naheliegendsten, die man aber übersah - so, als ich bei Nadler ("Geschichte der Literatur der deutschen Stämme und Völker") den Satz las, daß Entwicklungen immer von und in jener Landschaft anheben, in der sie stattfinden.
Nadler behauptet, und seine Behauptung ist nur noch ein Schlußstein unter so vielem, dem man vorbehaltlos zustimmen konnte, daß es Unsinn ist, davon zu sprechen, daß die Aufklärung "von Frankreich her über uns gekommen" sei.
Einen Schmarren ist sie. "Die Menschheit ist keine Herde von Affen, die geschichtlich handeln, indem sie wechselweise Geschichte vor- und nachmachen."
"Es sind nur ältere Bewegungen, die auf jüngere treffen, die wir als "von woher kommend" einstufen," schreibt er weiter, und zitiert Leibniz: "In die Seele kommt nichts von außen hinein. Sie wird sich lediglich dessen bewußt, was sie hat." Die Aufklärung in Deutschland (worunter in diesen Zusammenhängen natürlich immer auch Österreich - samt den ehemaligen Ostgebieten Preußen, Schlesien, etc. - gemeint ist) hat sich seit Jahrhunderten vorbereitet, und sie kam in drei Wellen, in denen jeweils dieselben Gedanken - aus identifizierbaren Wurzeln und Geisteshaltungen - eruptierten, in der "Aufklärung" (ein Begriff, den Klinger schuf) dann ihren endgültigen Ausdruck fanden und einen Bogen bilden, der um 1400 bei den böhmischen Hussiten ansetzt, um 1600 als mystisch-neuplatonische Gedankenmasse, und um 1800 als Romantik seine Vollendung findet.
So wie sein Gegenbogen sich um 900 im Klassizismus erhob, und über die Scholastik um 1500 sich im 19. Jahrhundert schloß.
Die deutsche Aufklärung aber war eine Frucht der Entwicklungen in den deutschen Siedlergebieten - Baltikum, Preußen, Schlesien, und vor allem Böhmen. Alle (!) ihre maßgeblichen Denker und Dichter kamen entsprechend auch von dort.
*120710*