Wir sollten uns nicht täuschen, daß die derzeitigen Entwicklungen aktive Prozesse schöpferischer Kulturentwicklung wären - was heute an Religionen, Ansichten, Haltungen wieder an den Tag kommt, das sich in der Massenidentität, wie es an den jungen Menschen vor allem so deutlich sichtbar wird (aber beileibe nicht auf sie beschränkt ist, im Gegenteil!), mit am deutlichsten ausdrückt, ist nicht das Ergebnis schöpferischer Prozesse, sondern es sind die Überbleibsel einer verduftenden Kultur.
Es ist der alte Entwicklungsprozeß, dem wir das Abendland verdanken, oder besser schon gesagt: verdankt haben. Der Konflikt zwischen dem Individualismus (der Griechen), und dem Massenmenschen des Orients. Am Bosporus, in der Ägäis, sind sich diese Welten begegnet, für Jahrtausende, und haben sich aneinander gerieben.
Es ist das Wesen dieses Individualismus, daß er siegt, wo immer er auch nur aufsteht. Es ist aber auch das Wesen des Rückfalls in die Masse, des Eingehens in die Formlosigkeit, wo Form nur noch als Gespenst existiert, daß er alles das ist, was nicht Kultur ist.
Was am 25. Mai 1453 einbrach, war mehr als nur die Mauer einer Stadt. Es fiel nicht nur Konstantinopel. In dieser Zeit begann eine Kultur einzubrechen. Lange noch ist sie gewankt. Heute, endlich fällt sie.
Nur ein paar seltsame Gestalten sind es, die da zwischen den Trümmern und Ruinen hin- und herhuschen, mal hier, mal da einen Stein, eine Inschrift, ein Pergament an sich nehmen, und es an ihren geheimen Ort tragen, vorsichtig zwischen den volltrunken herumliegenden, torkelnden, verschwitzten Barbaren lavierend.
*290710*