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Dienstag, 15. Januar 2013

Apokalyptische Monster

Interessante Fragen stellt ein Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung. Denn die Volkswirtschaften sind weltweit von ihren Großbanken abhängig. So wird es zumindest von der Politik gesehen. Und zwar deshalb, weil deren Sturz das gesamte Finanzsystem eines Landes zusammenbrechen lassen würde. Und damit eine ganze Volkswirtschaft, ja in einigen Fällen: die Weltwirtschaft mitreißen. "Too big zu fail."

Damit sind diese Banken nicht nur zu groß, als daß man sie in Konkurs gehen lassen könnte. Diese Frage ist auch deshalb brisant, weil einige Fälle - UBS oder JP Morgan oder HSBC - in den letzten Jahren mit massiven Fehlleistungen viele Milliarden in den Sand setzten. Sodaß die Staaten wieder und wieder einspringen mußten, um einen Bankenzusammenbruch zu verhindern. Wobei sich die Frage aufwirft, ob diese Finanzkonglomerate, zu denen sich viele Banken bereits entwickelt haben, nicht auch bereits zu groß sind, um noch gemanagt zu werden. "Too big to manage."

Aber es geht nicht nur um pekuniäre Aspekte. Die NZZ wirft im Zusammenhang mit möglicherweise strafrechtlich relevanten Vorfällen bei der HSBC die Frage auf, wieweit solche Bankenungetüme nicht längst im rechtsfreien Raum stehen. Denn eine strafrechtliche Verurteilung der HSBC würde die Bank um ihre Lizenz bringen - und damit würde sie fallen. Jedenfalls hat die amerikanische Staatsanwaltschaft von einer Untersuchung einstweilen abgesehen, obwohl die Verdachtsmomente angeblich stark sind, daß die Bank illegalen Geldern, Drogengeldern, Terroristen und Diktaturen den Zugang zum Geldmarkt eröffnet. "Too big to prosecute?"

Haben wir es also mit Bankensystemen zu tun, die zu groß sind, als daß man sie sterben lassen könnte, die gar nicht mehr wirklich steuerbar sind, aber dennoch zu groß, um daraus resultierenden Fehler nicht auf die Allgemeinheit abwälzen zu müssen? Und damit auch zu groß, um sie bei Gesetzesverstößen überhaupt noch vor Gericht zu stellen?

Dann haben wir ein echtes Problem. Dann befindet sich nicht einfach nur die Politik in der Geiselhaft von unberechenbaren Monstern, sondern wir alle. Und da kann nur gelten: Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.

Freilich glaubt die Politik nach wie vor, diese Monster beherrschen zu können. Na dann vertrauen wir doch einfach mal der Politik, da heißt: der Kompetenz unserer Politiker, ein System zu steuern, das sich nicht einmal mehr selbst steuern kann, aber alles beherrscht.

Wird die Frage nicht allmählich jedem deutlich: Ob wir noch alle Tassen im Schrank haben? MÜSSEN wir nicht so handeln, auch wenn sie das System infrage stellen, auch wenn wir einen Totalcrash riskieren, um überhaupt wieder handeln zu können?

Sodaß diese Finanzriesen zwar das Auftauchen von Verschwörungstheorien nicht gerade bekämmpfen. Aber eben mit allem, was Verschwörungstheorien kennzeichnet: sie sind nie zureichend. Weil sich Systeme ab einer bestimmten Größe einfach nicht mehr steuern lassen. Sodaß von außen Rationalität und Zielorientiertheit hineingetragen wird, die diese Systeme gar nicht haben, weil gar nicht haben können.

Eine Erscheinung, die mit dem 20. Jhd. so massiv aufgetaucht ist, und eben mit der Größe von Systemen zu tun hat. Wie sie sich erst seither, durch die Entwicklung der Technik, haben bilden können. Sodaß sie in dieser Prägnanz erst im 20. Jhd. ein globales Problem wurden. Rationale Systeme, die sich aus dieser Rationalität heraus aufbauen, werden aber aus ihrer Natur heraus irrational. Sie sind nicht mehr mit dem Verstand zu begreifen. Sondern nur noch mit der Vernunft. Diese Vernunft aber ist ihr vorzüglichstes Opfer. Umgekehrt sind vernünftige Systeme immer an Menschen gebunden, und deshalb in ihrer Größe limitiert, sowie fragil. Wie es eben der Mensch ist. Sich also, wie wir es getan haben und tun, an ein System zu ketten, das zum Dogma wird, zeigt nicht gerade Vernünftigkeit an.

Wir müssen das, was wir als Wohlstand bezeichnen, aufgeben. Es ist in dieser Form nicht haltbar, aus Naturgesetzen heraus. Es gibt keinen Wohlstand ohne sittliche Reife, ohne Vernunft. Diese muß aber vorrangiges Ziel menschlichen Strebens sein. Handeln wir nicht danach, wird uns das irrationale Monster zerreißen, dem wir uns mit Haut und Haar überschreiben. Und dabei muß man wirklich von Dämonie sprechen.

Der Verfasser dieser Zeilen sah den Nichter, den Diabolos, den Entzweier, nie als zielbewußten, vernünftigen Täter und Lenker. Weshalb jede Form von Verschwörungstheorie prinzipiell (!) falsch liegt, weil sie vernünftige Strukturen und koordinierten Gesamtwillen hinter dem Geschehen bzw. in diesem selbst sucht. Aber genau das ist nicht das, was nichtet. Vernunft kann nie falsch sein. Diabolos ist der, der hinter dem Chaos auftaucht, das menschlicher Hybris unausweichlich erwächst, der das Nichts sucht und will. Er kann nur als partielle Kraft auftauchen, hier gewiß: lucide. Aber er vermag nie seine Strategie zu einem Ganzen ordnen, vermag sich nur gegen ein Ganzes wenden, indem er ihm seine Mitte raubt. Denn etwas fällt ins Nichts, wenn es seine Ordnung verliert, und das passiert, wenn es seine Mitte verliert. Dann entsteht Häßlichkeit, dann zerfällt alles Lebendige. DAMIT ist er der Gegner des Seins und des Lebens (das Gott ist, aus dem es stammt), das mit philosophischer Notwendigkeit ein Sein und Leben der Ordnung und der Vernunft ist. Zerrüttung der Vernunft ist die wirkliche Methode des Bösen, der der Tod folgt. Und das sind die Zeichen an der Wand, die in Flammenschrift schon so deutlich erkennbar sind: mene mene tekel uparsin.



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