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Montag, 7. Januar 2013

Fünf Jahre bis zur Wende von der Wende

Ein Interview, das durch seine Besonnenheit wohltut, brachte die Welt. In ihr äußert sich der frühere Energiemanager und Umweltpolitiker der SPD, Fritz Vahrenholt, zur Energiewende und zum Klimawahn.

Die Welt: Derzeit findet wieder ein Klimagipfel statt, auch noch in einem Sünderland wie Katar. Tausende Delegierte reisen an und wohl demnächst wieder ab.

Fritz Vahrenholt: 20.000 Teilnehmer genau. Und sie reisen unverrichteter Dinge wieder ab. Denn das Weltklima hat kein Thermostat, an dem die Menschen rumdrehen und eine ihnen genehme Temperatur einstellen können.
[...] Deswegen ist auch das Zwei-Grad-Ziel vermessen. Weil sich in der Vergangenheit die Temperatur der Erde schon um mehrere Grade nach oben und nach unten und jedes Mal aus natürlichen Gründen verändert hat. Und das wird sie auch in Zukunft tun. Ich bin nach wie vor der festen Überzeugung, dass der Weltklimarat einen großen Irrtum begangen hat. Sein Fehler war, die unstreitige Erwärmung der letzten 30 Jahre allein dem CO2 zugemessen zu haben. Diese Dämonisierung ist zu eindimensional, ja geradezu banal. Schon jetzt sieht man, dass wir seit 15 Jahren ein Plateau haben. Die Temperatur beginnt abzusinken, so wie sie es in der Vergangenheit immer in großen 60-jährigen Zyklen tat. In den nächsten Jahren werden wir auf den Boden der Tatsachen zurückkommen. Alle Prämissen werden sich nicht erfüllen, die man zugrunde gelegt hat für die große Energiewende und die Transformation der Gesellschaft.

Der Klimawahn sei von einer Angst motiviert sei, die ihn zu einem wahren Glaubenskrieg in unseren Ländern mache. Dessen Opfer die Vernunft ist. Selbst, wenn man von einer Veränderung des Klimas ausgehe - dabei verflachten sich die Temperaturen seit 15 Jahren - sei es wenig sinnvoll, in Deutschland den CO2-Ausstoß verringern zu wollen, während China die deutschen Bemühungen alleine durch zusätzliche Kohlekraftwerke, von denen derzeit alle 8 Tage ein neues fertiggestellt wird, locker wettmache.

Wir haben in Deutschland für 100 Jahre Erdgas in unserem Schiefergas. Aber das wird ja nicht einmal untersucht! Weltweit reicht der Kohlevorrat noch 200, 300 Jahre. Amerika ist kurz vor einer neuen Reindustrialisierung aufgrund gesunkener Erdgaspreise, Stichwort Schiefergas. Die Chinesen bauen alle acht Tage ein Kohlkraftwerk und haben mittlerweile eine Pro-Kopf-CO2-Erzeugung, die Frankreich und England überholt hat. Und im nächsten Jahr uns. Wir dürfen nicht glauben, dass wir mit unseren Maßnahmen in irgendeiner Weise überhaupt irgendeinen Einfluss auf das Weltklima haben. Alles das, was wir in Deutschland mit großen, großen Anstrengungen, aber auch Wohlstandsverlusten und Naturbeeinträchtigungen in den nächsten Jahrzehnten tun werden, nämlich die Verminderung von 300 Millionen, 400 Millionen Tonnen CO2, macht China in zwei Monaten wieder wett.

Aber Vahrenholt weist noch auf eine andere furchtbare Logik hin: Die Folgeschäden der  neuen Energieformen seien enorm, und schon jetzt absehbar. Riesige Flächen, die Mais und Getreide für Biosprit anbauten, veränderten gravierend die Fauna und Flora, Vor allem aber der Wald werde nachhaltig zerstört.

20 Prozent der agrarisch genutzten Flächen sind mittlerweile für Energiepflanzen reserviert. Das wird noch schlimmer werden, wenn wir dem nicht Einhalt gebieten. Ein Kohle- oder ein Kernkraftwerk mit 1000 Megawatt braucht einen Quadratkilometer Fläche. Windenergie braucht mit dem gleichen Ergebnis 1000 Quadratkilometer, die dreifache Fläche Hamburgs. Das ist also eine flächenverzehrende oder flächenextensive Energieform. Und viele Folgeschäden hat niemand bedacht.
Die Welt: Sogar die Fledermäuse sterben unter den Rotoren der Windräder.

Vahrenholt: Bis jetzt haben wir bei meinem früheren Unternehmen REpower ja immer versucht, die Windräder dort aufzustellen, wo die Natur möglichst wenig beeinträchtigt wird. Nun hat aber die Energiewende zum Programm, Windkraftwerke auch in den Wald zu bringen. Wenn Sie das wollen, dann müssen Sie um das Windkraftwerk etwa 30.000 Quadratmeter freihalten, drei bis vier Hektar. Und alle 500 oder 600 Meter haben Sie ein neues Windkraftwerk, das erschlossen werden muss durch breite, befestigte Straßen. Dann ist der Wald schnell mehr oder weniger hinüber.

Wir betreiben eine angstgetriebene Energiepolitik. Und die Angst ist so groß gemacht worden, die Angst vor der Klimakatastrophe, dass wir Deutschen, die wir doch Vorbild sein müssen und die Welt retten, jetzt sogar Weizen importieren, um unsere Biospritquote zu erfüllen. Immer haben wir Weizen exportiert, jetzt nehmen wir ihn anderen weg. Wir legen Windkraftanlagen in den Wald, wir vermaisen ganze Landschaften und nehmen der Natur den Raum. Weil wir gut sein wollen. Doch sind wir in Wahrheit selbstzerstörerisch.

Vahrenholt schließlich:

Zeit meines Lebens, meines beruflichen Lebens, seit 30 Jahren bin ich mit erneuerbaren Energien beschäftigt. Das war schon als Umweltsenator so, das war bei der Shell so, das war bei REpower so. Ich habe ja schließlich diese großen Offshore-Windkraftanlagen mitentwickelt und in meiner Zeit bei RWE aufgestellt. Doch ich befürchte, dass wir nun auf dem Wege sind, riesige Belastungen für die Menschen, insbesondere die kleinen Leute, zu erzeugen mit den EEG-Umlagekosten, dass wir dabei sind, hochenergieintensive Industrie aus dem Lande zu treiben und, was noch viel wichtiger ist, als Standort für sichere Stromversorgung ausfallen! Das war immer ein Markenzeichen Deutschlands, dass wir mit 99,95 Prozent Versorgung Blackouts nicht kannten. Wenn wir aber in eine Situation kommen, wo ein Blackout eher zur Regel wird und dann am Ende klar wird, dass der Grund für diese ganzen Nachteile, nämlich die Klimaveränderung, obsolet ist. Dann werden sich die Menschen von den Erneuerbaren abwenden. Ich weiß ja, wie schnell eine Energieform in Deutschland im Mülleimer landet. Denke ich an die Kernenergie und Helmut Schmidt, der 1978 in Dortmund sagte: 50 Prozent der Zukunft soll Kernenergie sein, 50 Prozent Kohle. Nun ist beides sozusagen auf dem Müll gelandet.


*070113*