Als Mönche im 16. Jhd. Polynesien besuchten, waren sie so überrascht von manchen der aufgefundenen religiösen Bräuche, daß sie annahmen, sie müßten vom Heiligen Apostel Thomas hierher gebracht worden sein - denn sie waren den katholischen verblüffend ähnlich. Diese an sich niedrigen Kulturen hatten sogar eine der Beichte völlig gleichen Praxis der Entschuldung und Entsühnung.
Dabei ging es nicht um "moralische" Prinzipien, sondern die Beichte war eine Form der Rechts- und Medizinpraxis. Denn Krankheit galt den Polynesiern als Besessenheit. Der Kranke samt seiner Familie wurde unter religiösen Zeremonien in ein Verhör genommen, wobei es sich wesentlich um die Frage handelte, ob er Tabuverletzungen begangen hatte. "Man beichtete ganz ehrlich, widerrief ausgesprochene Flüche, gab dem Priester Sühnegeschenke, die er verlangte."
Aus Peru liegen ähnliche frühe Berichte vor. Dort hatte die Beichte freilich ausgeprägte politische Zielsetzungen. Fielen Lebenswandel oder Sonderbarkeiten wie Zwillingsgeburten auf, wurde der "Täter" ins Verhör genommen und untersucht, ob er gegen die Staatsordnung verstoßen hatte. Ein Zufallsorakel entschied über die Absolution.
In Mexiko sowie einigen verwandten Völkern gab es die Institution einer freiwilligen Generalbeichte, die sich an den Gott des Gerichts, aber auch an die Göttin der Lust richtete. Unter einem Wahrheitseid wurde dann ein Geständnis der Vergehen abgelegt, worauf der Priester die Bus- und Marterübungen bestimmte. Weil sie von so großem Gewicht war, und nur einmal abgelegt werden konnte, verschoben viele Mexikaner sie so lange es nur ging, bis ins hohe Alter. Denn dann blieb sie in ihren Elementen für immer gültig, Rückfälle konnten nicht mehr gesühnt werden. Zugleich entzog man sich damit aber auch der gesetzlichen Verfolgung, denn die Beichte stand höher.
Aber auch von den höher entwickelten Persern (siehe das Avesta) und Israeliten (Altes Testament) sind ja ähnliche Einrichtungen bekannt, nicht anders als bei den Assyrern, wo es sich bald in der Form von Chroniken findet. Aber als tief religiöse Grundfunktion, die im Bekennen bis hin zum Topos des Gottesknechts geht, der stellvertretenden Sühne des Königs, des von Gott auserwählten Priesters (in seiner ursprünglichen Nähe und Ineinsfall zum König), die dann aus dem Judentum (Psalmen!) heraus im Christentum endgültige, reale Heilsgestalt annimmt.
Sogar bei den Ägyptern sind Sündenbekenntnisse in schriftlicher Form als Grabbeigaben bekannt. Sie sollten den Weg nach Westen öffnen, und wurden an die Stelle des Herzens gelegt. Das Herz sollte nicht gegen die Rettung selbst Zeugnis ablegen, und tauchte sich deshalb ganz in Wahrheit: als jemand mit reinem Mund und reinen Händen trat er vor das jenseitige Gericht.
Sogar bei den Ägyptern sind Sündenbekenntnisse in schriftlicher Form als Grabbeigaben bekannt. Sie sollten den Weg nach Westen öffnen, und wurden an die Stelle des Herzens gelegt. Das Herz sollte nicht gegen die Rettung selbst Zeugnis ablegen, und tauchte sich deshalb ganz in Wahrheit: als jemand mit reinem Mund und reinen Händen trat er vor das jenseitige Gericht.
Ähnliche Praxis ist von den Griechen bekannt, und lebt in den Grabinschriften in leisen Resten sogar bis heute. Aber bei den Griechen entwickelte es sich zur wirklichen Selbstreflexion. Georg Misch führt das in seinem vergessenen Monumentalwerk "Geschichte der Autobiographie" als frühe Formen der Bekenntnisse in der autobiographischen Literatur an, in deren Tradition damit sogar des Hl. Augustinus "Confessiones" keineswegs so außergewöhnlich erscheinen, wie oft angenommen wird.
Das Bekenntnis (und sei es in der erstmals in Ässur auftauchenden Ruhmestafel) wurde in dieser Reinheit zu einem Reden Gottes über den betreffenden Menschen. Man würde also auch Ruhmesberichte dieser Art völlig mißverstehen: sie kommen nicht aus einem gefestigten, protzigen Selbstbewußtsein, sondern zum Gegenteil, aus dem Ringen um Rechtfertigung.* Denn je größer die Macht, desto größer die Relevanz vor Gott. Wer Feinde besiegte, besiegte ja die Feinde des Gottes! Und DARIN lag der Erweis der Rechtfertigung des Herrschergeschlechts, in welcher sich eine gewisse Bandbreite in der Ineinsetzung Herrscher, Macht und Gott verstehen läßt. Keine größere Katastrophe für einen Staat, wenn das Volk von der Religion abfiel.
*Das macht noch heute die "gute Nachrede" zu einem Gebet vor Gott: Er möge dem Toten seine guten Taten anrechnen, alles Schlechte vergessen.
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