Teil 2 - Rechnung ohne den Wirt
Staat und Wirtschaft fanden sich in Japan also traditionell und nun noch mehr getrieben zu einem fragilen Spiel ein. Mit allen Begleiterscheinungen, wie Korruption und Vetternwirtschaft. Wo unter ständiger und ständig wachsender Interventionsnotwendigkeit des Staates versucht wurde, das Wirtschaftswachstum und den Wohlstand aufrechtzuhalten, oder wieder zu erreichen, denn Japan befand sich damals in einer Rezession. Wirtschaftswachstum ist aber längst zur Notwendigkeit geworden - für eine Zinswirtschaft essentiell, weil Zinsen Druck auf "mehr" auslösen.
Mehr
Effizienz, was immer heißt: Mehr Maschinen, mehr Verlagerung auf Umbau
von Organisation vom Menschen weg auf technische Abläufe, und damit aber
auch mehr Volumina, um die geringeren Margen aufzufangen, gleichzeitig
aber keine Mitarbieter zu entlassen. Konsequenzen, die sich aus
Maschineneinsatz ergeben, der anders kalkuliert werden kann bzw. muß. Um
gleichzeitig den starken Yen abzufangen, der sonst die Preise am
Weltmarkt nicht konkurrenzfähig gemacht hätte, anderseits über Mengen
den Gesamtverdienst einzubringen.**
Aber
dieses fragile Spiel hat nach und nach den Spielraum für Interventionen
eingeengt, den für schöpferisches, freies Handeln - der eigentlichen
Basis einer Volkswirtschaft - überhaupt aufgefressen. Alles ist zur
Notwendigkeit geworden. Heute befindet sich Japan in einer scheinbar
ausweglosen Zwickmühle: Rezession droht oder ist schon da, aber es gibt
keine Steuerungsmittel mehr, um sie abzuwehren. Es zeigen sich
Erscheinungen, die bisherige Termini der Volkswirtschaftslehre nicht
mehr einfangen. Die Preise sollten sinken mangels Nachfrage und
Überangebot, doch sie steigen. Gleichzeitig ist die Nachfrage gesunken,
was auf einem Markt an sich zu geringeren Preise führen sollte. Das wäre
Deflation, bislang das Schreckgespenst der Volkswirtschaftslehre, weil
es zu einem völligen Zusammenbruch mit hoher Arbeitslosigkeit führt. Dem
steuert man zum Beispiel durch Senkung der Zinsen, durch Erhöhung des
Geldumlaufs gegen.
Die
Zinsen können aber nicht mehr weiter gesenkt werden, sie gehen nämlich
bereits gegen Null. Den Yen schwächen würde Kapitalflucht bringen, ihn
stark zu halten weiterhin den Export erschweren, auf dem jede Hoffnung
auf Wirtschaftswachstum aber ruht. Noch dazu bei einem ohnehin schwachen
Weltmarkt, der von Rezessionen bedroht ist. Und es würde Kapital ins
Land strömen lassen. Gleichzeitig würde dieses Mehr an Geld aber die
Inflation weiter anheizen. Passiert aber nichts, setzt der Staat keine
Konjunkturbelebung, droht endgültig jene Rezession, die seit 20 Jahren
versucht wird fernzuhalten, und damit Massenarbeitslosigkeit. Diese
Logik, die ja längst sämtliche Staaten der Welt plagt, ist in Japan
offenbar endgültig ausgereizt.
Die
Volkswirtschaft Japans steht damit heute vor einer seltsamen Situation:
Sie wurde auf Gedeih und Verderb zu einem Gesamtorganismus, einerseits,
um nach abstrakten Parametern steuerbar zu werden. Anderseits stellt
sich nun heraus, daß die bekannten rationalen Steuerungsmechanismen
nicht mehr funktionieren. Fördert man dies, schädigt man jenes, nimmt
man hier weg, wird es dort mehr. Es ist nach Meinung vieler
Kommentatoren nicht mehr voraussagbar, wie sich die Wirtschaft Japans
weiter entwickeln wird. Steuerbar ist sie offenbar aber nicht mehr.
Die
Welt in Technik umzubrechen, führt sie an eine seltsame Grenze -
Immanenz zeugt Immanenz, und damit Ausweglosigkeit weil Unwirklichkeit.
Aber sie hinterläßt Wüsten.
Oder, von anderer Warte: Komplexe Systeme mit Rückkoppelung - wie es bei Organismen der Fall ist, also bei menschlichen Organisationen, Unternehmen etc. - werden ab einer gewissen Zusammenschließung zu großen kritischen Systemen. Und diese sind nicht nur nicht mehr steuerbar, sie sind auch nicht vorhersagbar. Jede Intervention in Einzelfunktionen, kleine Veränderungen oft, Einflußnahmen auf Teilfunktionen, selbst Erschütterungen, die jedes einzelne Organ noch locker verkraften würde, ja die oft und oft auch scheinbar das Ganze unverändert lassen, erhöhen die Spannungszustände der Beziehungen untereinander, und können unvorhersagbar und plötzlich und aus nichtigem Anlaß, wie er schon so oft nichts bewirkt hat, das große Ganze katastrophisch zerrütten. Das jede Steuerbarkeit verliert. Ja, kritische Systeme werden das tun. Das (und nur das, aber: das) IST vorhersagbar. Nur nicht wann.
Im Falle Japans, wo ein ganzes Land in ein abstraktes System gezwängt wurde, kommt nur ein weiterer Faktor, wie eine zweite Ebene, dazu - der einer vergewaltigten Anthropologie. Und das zeigt sich hier am deutlichsten. Der Mensch wie er immer ist, wie man ihn aber vergessen hat, ist der Wirt, ohne den heutige Wirtschaftspolitik ihre Rechnung macht. Aber er ist der einzige Ausweg.
Oder, von anderer Warte: Komplexe Systeme mit Rückkoppelung - wie es bei Organismen der Fall ist, also bei menschlichen Organisationen, Unternehmen etc. - werden ab einer gewissen Zusammenschließung zu großen kritischen Systemen. Und diese sind nicht nur nicht mehr steuerbar, sie sind auch nicht vorhersagbar. Jede Intervention in Einzelfunktionen, kleine Veränderungen oft, Einflußnahmen auf Teilfunktionen, selbst Erschütterungen, die jedes einzelne Organ noch locker verkraften würde, ja die oft und oft auch scheinbar das Ganze unverändert lassen, erhöhen die Spannungszustände der Beziehungen untereinander, und können unvorhersagbar und plötzlich und aus nichtigem Anlaß, wie er schon so oft nichts bewirkt hat, das große Ganze katastrophisch zerrütten. Das jede Steuerbarkeit verliert. Ja, kritische Systeme werden das tun. Das (und nur das, aber: das) IST vorhersagbar. Nur nicht wann.
Im Falle Japans, wo ein ganzes Land in ein abstraktes System gezwängt wurde, kommt nur ein weiterer Faktor, wie eine zweite Ebene, dazu - der einer vergewaltigten Anthropologie. Und das zeigt sich hier am deutlichsten. Der Mensch wie er immer ist, wie man ihn aber vergessen hat, ist der Wirt, ohne den heutige Wirtschaftspolitik ihre Rechnung macht. Aber er ist der einzige Ausweg.
**Marx zeigt sehr schön, wie dieses Kapital sich am Schluß aus eigener Logik heraus selbst auffrißt.
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