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Dienstag, 8. Januar 2013

Zur Lage der Väter (1)

In Deutschland wurden per 2013 die Untergrenzen für Unterhaltspflichtige erhöht. Hinkünftig darf ein Unterhaltspflichtiger 1000 (statt 950) für sich behalten. Reicht der verbleibende Verdienst nicht für die Deckung der Pflichten, sind die zu Versorgenden sozialhilfeberechtigt. So berichtet es Die Welt, neben einer Reihe von weiteren Details. Gleichzeitig werden die Unterhaltsrichtsätze nicht weiter erhöht, nachdem sie 2010 ohnehin kräftig angehoben worden waren. "Nullohnrunde" also für Kinder, Entlastung für Väter. Ausdrücklich beschloß der Gesetzgeber, daß die "Opfergrenze" für Unterhaltspflichtige das gesetzlich definierte Existenzminimum sei.

Die Erhöhung war - vereinfacht - notwendig, weil zu viele Unterhaltspflichtige selbst Hartz-IV-Fälle wurden, also unter die Richtsätze fielen, und ihren Lebensunterhalt nicht mehr decken konnten. 

Wenn sie ihre Unterhaltspflichten nicht bedienen können, springt also im Nachbarland der Staat ein. Er sieht sich in der Pflicht, sieht eine gesellschaftliche Mitverantwortung auch bei und damit nach Scheidungen.

Ansprüche der Frau (als nicht-erwerbstätig) werden vom dieses Existenzminimum zuzüglich der Alimente verbleibenden Rest berechnet und befriedigt. Dies ist dann auch zivilrechtlich einklagbar. Hier sieht der deutsche Rechtsgeber bei Ehen also auch bei der Frau ein gewisses privat zu bleibendes wie zu tragendes Risiko, springt aber individuell durch Hartz-IV ein. Das natürlich auch der Frau zusteht.

Das zeigt uns ein System, das von anderen Rechtsgrundsätzen und vor allem einem anderen Rechtsempfinden ausgeht, wie mit Unterhaltspflichtigen umzugehen ist, wie sie zu sehen sind, als in Österreich der Fall ist. Dort sieht der Staat Sorgepflichten als alleinige Angelegenheit des Vaters, das er auch mit Gesetzen schützt und durchsetzt. Die Lebensführung der Kinder (und der Frau) werden in Österreich als absolute "Ansprüche gegenüber dem Vater" gesehen, die dieser in jedem Fall persönlich zu erfüllen hat. 

Wobei der Gesetzgeber zugleich auch in die Gestaltung des familiären Miteinander (z. B. durch Wegweisegesetze*, mittlerweile jährlich bereits 7500mal angewandt, bei jährlich 27.000 Eheschließungen und 80.000 Geburten also eine beachtliche Zahl) kräftig eingreift. Auch hier: mehr als in Deutschland, und im Namen der "Frauenrechte" mit fortlaufender Verschärfung. Unterhaltspflichten der Frau gegenüber - die Fälle, wo es sich umgekehrt verhält, sind so selten, daß bei dieser vereinfachten Rollenzuteilung geblieben werden  kann - sind zum Beispiel sogar dann aufrecht, wenn diese eine neue Ehe eingeht, in jedem Fall unabhängig vom Verschulden bei einer Trennung.**

Gleichzeitig wurden Unterhaltsbevorschussungen für minderjährige Kinder zum reinen Formalakt, sie werden sofort bei Einreichen der Mutter bewilligt und ausbezahlt, auch wenn ein Verfahren (das z. B. die Höhe erst regelt) noch andauert. Durch diese Abtretung an den Staat steht dem Vater also sofort das Jugendamt gegenüber.

Anders als in Deutschland gibt es in Österreich keine Möglichkeit, Unterhaltsverpflichtungen an den Staat abzuwälzen. Der Vater bleibt immer in der Pflicht. Und dies auch, wenn die Höhe der Unterhaltspflichten nötigenfalls sogar verhängt wird, indem ein Einkommen als Grundlage herangezogen wird, das der Vater "verdienen können müßte". Man nennt das "Anspannungsgesetz". Unter der Prämisse, daß die Kinder am selben Lebensstandard als (theoretisch) der Vater teilnehmen können müssen, wird hier eine fast automatische Anpassung durchgeführt, die das Jugendamt betreibt. Was zur Situation führt, daß der Vater ein nominelles Einkommen hat, das bestimmten Lebensstandard vorgibt, nach Abzug der (pfändungsberechtigten) Alimente aber deutlich unter dem Lebensstandard der Kinder zu leben hat.

Und zwar theoretisch und der Gesetzeslage nach immer noch unbegrenzt, denn in Unterhaltsverpflichtungen gibt es in Österreich überhaupt keine Untergrenze, die dem Vater zu verbleiben hat. Erst seit etwa 10 Jahren, zurückgehend auf Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes, wird dem Vater ein (unter dem offiziellen Existenzminimum befindliches) unpfändbares Mindesteinkommen von 600 Euro zugestanden.  Glaubwürdigen Berichten nach aber wird das durch komplexe Situationen fallweise dennoch nicht eingehalten und weit darunter gepfändet.

Weil die Unterhaltspflichten mit dem Einkommen mitsteigen, müßte also ein unterhaltspflichtiger Vater in Österreich zumal bei mehr Kindern schon recht beträchtliches Einkommen erzielen, um überhaupt über diese Unrtergrenze zu gelangen. Was sich praktisch ausschließt, denn der persönliche Kostenaufwand, der bei Tätigkeiten mit höherem Einkommen unausbleiblich ist (einfach gesagt: Ein Manager muß bestimmten Lebensaufwand treiben, sonst kann er seine Position gar nicht aufüben; wer würde einen Betriebsleiter mit zerschlissener Kleidung, der nicht einmal die Monatskarte der Straßenbahn bezahlen kann und deshalb schwarz fährt, der Monat für Monat gepfändet wird, und sich nicht einmal eine Wohnung leisten kann, akzeptieren?

Sollte das Einkommen des Vaters nicht für die Alimente reichen, tritt der Staat in Form eines "Unterhaltsvorschusses" ein, dessen Bewilligung unabhängig vom Vater vom Gericht entschieden und praktisch immer verfügt wird. Was sogar so weit führt, daß Unterhaltsvorschüsse, die unberechtigt (z. B. weil die Mutter Einkommen der Kinder - Lehrlingsgehalt etc. - verschwiegen hat) ausbezahlt wurden, in zweiter Linie (also bei Uneinbringlichkeit bei der Mutter) vom Vater eingefordert und eingeklagt werden. Das führt in der Praxis gerade in den Fällen, wo Väter geringeres Einkommen haben, dazu, daß praktisch neben den laufenden Unterhaltsverpflichtungen sofort Rückstände bei der staatlichen Bevorschussungsstelle anlaufen. 

Die Situation gerade eines einkommenssschwächeren Vaters wird damit fast aussichtslos. Selbst wenn die Kinder selbsterhaltungsfähig werden, die laufenden Alimente also wegfallen, steht er einem Schuldenberg gegenüber. Meist nicht nur in Form der Alimentevorschüsse, sondern auch weil er bei so geringem Einkommen so manche andere Verpflichtung gar nicht mehr befriedigen konnte. Schon gar, wenn das Gericht befindet, daß er "mehr verdienen können müßte", und ein fiktives Einkommen (!) festlegt, von dem dann die Alimente und Unterhaltsverpflichtungen berechnet werden.

Sozialhilfe darf er - auch hier anders als in Deutschland - dennoch nicht in Anspruch nehmen. Unterhaltszahlungen werden nicht als einkommensmindernd angerechnet. Das Argument der Sozialämter hier lautet: "Wir zahlen nicht Ihre Alimente!" 

Sucht der unterhaltspflichtige Vater eine neue Lebensgemeinschaft, tritt nach den geltenden Exekutionsordnungen der Fall ein, daß auch das Vermögen des neuen Lebenspartners zur Befriedigung der Ansprüche mit herangezogen wird. Das heißt, daß der Exekutor, der per Gesetz verpflichtet regelmäßig zur Fährnisexekution (z. B. beantragt von der Frau, die ihren persönlichen Unterhalt nur auf dem zivilrechtlichen Weg einklagen kann, und das sogar tun muß, um Rentenansprüche aufrecht zu halten - Rentenansprüche als Anteile an der Rente des geschiedenen Mannes) antritt, auch das Inventar der Partnerin rücksichtslos pfänden kann, was nur durch aufwendige und nervenraubende Aussonderungsverfahren - in denen bewiesen werden muß, daß die gepfändeten Gegenstände nicht im Eigentum des Schuldners sind und waren - rückgängig gemacht werden kann.

Zusammengefaßt: Anders als in Deutschland, werden in Österreich sämtliche Verpflichtungen, die sich aus getrennten Familien mit nachfolgenden Unterhaltsverpflichtungen ergeben, nicht nur diese Unterhaltsverpflichtungen (z. B. im Fall der Frau) deutlich schärfer angewandt, sondern als reine Privatpflicht des Vaters dem Staat gegenüber betrachtet. Der auch sofort den Staat als Gegenüber hat. Der Staat sieht sich gleichzeitig berechtigt, die Umstände von familiären Trennungen bzw. des familiären Zusammenlebens weit mehr mitzubestimmen, auch das Wohl und Wehe des Zusammenbleibens weit mehr in die Hand der Frau zu legen, als das in Deutschland der Fall ist. 



Morgen 2. Teil - Der Staat höhlt sich selbst aus, braucht aber Lückenfüller








*Die Wegweisegesetze Österreichs, 2007 in Kraft gesetzt, ermöglichen der Frau, den Mann ohne Angabe von Gründen durch polizeiliche Gewalt des Hauses zu verweisen, mit nachfolgendem Betretungsverbot. Mittlerweile wurde dieses Gesetz weiter ausgedehnt, Männer dürfen sich ihren Kinder nicht mehr ohne Einwilligung der Mutter unter eine bestimmte räumliche Distanz nähern.

**Aufsehen erregte ein exemplarischer Fall, wo ein Mann nach der Scheidung - notwendig geworden, weil die Frau eine neue Beziehung einging - nicht nur das Haus (per Betretungsverbot) verlassen mußte, das er gebaut hatte, sondern auch der Frau, die dieses Haus mit ihrem neuen Gefährten bewohnte, weiterhin Unterhalt zu zahlen verurteilt wurde. 




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