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Sonntag, 4. Oktober 2015

Doch die Mühe gemacht

Auf die päpstliche Enzyklika "Evangelii Gaudium" näher einzugehen, wie auch auf die nächste, "Laudato si", hielt und hält der VdZ für überflüssig. Zu blöd ist, was da zu lesen ist. Das mindeste, was man von einer päpstlichen Enzyklika aber erwarten könnte wäre, daß sie das Ergebnis eingehender Reflexion ist.

Wie wenig das schon bei "Evangelii Gaudium" der Fall ist,  diese Mühe das zu zeigen hat sich aber ein Autor bei 'Theologisches' gemacht, einer seit Jahrzehnten angesehenen (und mittlerweile wieder im Niveau vom Absturz, der unter dem später nach einem "Schwulenskandal" abgesägten Chefredakteur drohte, aufgefangenen*) theologisch-philosophischen Fachzeitschrift früher wirklich hohen Ranges. Stefan Suter geht der Frage nach, was denn dahinter stehe, wenn Papst Franziskus hier (und anderswo) davon spricht, daß "die Wirtschaft töte". 

Nicht nur hier hat aber Bergoglio seine Kompetenz deutlich überschätzt. Denn außer ein paar klassenkämpferischen Schlagworten hat er nichts zu bieten. Inhaltlich konkretisiert, hält nichts von Bergoglios Vorwürfen.

Dabei sei es unbestritten, daß es hier und dort Auswüchse an Ausbeutung und Ungerechtigkeit gibt. Daß hier und dort tatsächlich einzelne Konzerne Einfluß ausüben, der halbe Gesellschaften zu destabilisieren vermag. Aber das ist nicht nur nicht die Regel, sondern es ist so gut wie immer auf das Versagen der Politik zurückzuführen. Auf das Versagen von einzelnen Menschen, die inkompetent und vor allem sittlich schwach sind.

Aber Grundsatz ist, bei näherer Betrachtung empirischer Fakten, daß nur - und zwar: NUR - dort, wo es eine funktionierende Marktwirtschaft gibt (die als solche zu bewahren auch Aufgabe des Staates ist), auch Armut und Elend weichen. Das läßt sich ganz konkret an zahllosen Beispielen weltweit belegen. Selbst wenn das innerste Gesetz der Unternehmen und Konzerne Erfolgsabsicht ist, so sind die konkreten Folgen Steigerung des allgemeinen Wohlstands, Beseitigung von Elend, und sonst oft schlimmster Mißstände in Sozialangelegenheiten, wie Gesundheitswesen oder Versorgung mit den Gütern des täglichen Bedarfs. Noch nie, bestätigt sogar die UNO, hat es in der jüngeren Geschichte SO WENIGE Elende, extrem Arme und schon gar Hungerleidende gegeben, wie heute. Und zwar in absoluten Zahlen! Trotz einer in den letzten hundert Jahren vervielfachten (!) Weltbevölkerung. Nur, wo auch die ärmsten Länder den Schritt zu einer Höherentwicklung einer freien Wirtschaft schaffen, steigt auch der Wohlstand. Staatliche Infrastruktur (Straßen, Hospitäler, Kommunikationsmöglichkeiten, Bahnen etc. etc.) muß ja finanziert werden, und das geht nur über Steuern - die man nur einer florierenden Wirtschaft abnehmen kann. (So nebenbei: Verstaatlichte Betriebe, das zeigt die Geschichte, können das eine solche nie ersetzen.)

Von Disparität der Einkommen als Ursache aller Ungerechtigkeit und Armut zu faseln, zu faseln wie sonst ja auch von so vielem, ist die Luft nicht wert, die das Wort trägt. Die ist nachweislich nicht Ursache von Armut und Elend. Genau so wenig wie von "Wegwerfmentalität" zu quatschen. Gewiß, es ist nie gerechtfertigt, Lebensmittel wegzuwerfen, wie es heute so oft passiert. Aber sonst? Gerade Lebensmittellieferungen in die Dritte Welt haben bewiesen, daß sie die dortigen Wirtschaftsstrukturen bis zum Kollaps schädigen können, und das auch so gut wie immer tun. Abgesehen davon, daß man (als Beispiel) in Madagaskar Mehllieferungen aus Europa mit Ignoranz straft, weil man dort ganz andere Nahrungsmittel (Maniok etc.) gewohnt ist, und nur solche verzehrt.

"Evangelii Gaudium" geht also schlicht und ergreifend an der Realität vorbei, als kennte der Verfasser die Wirklichkeit gar nicht. Und schon gar nicht ist nachvollziehbar, warum der argentinische Wirrkopf von einer Wirtschaft spricht, die "tötet". Nur durch sie kann nämlich eine Gesellschaft leben. Nur durch sie können etwa Krankheiten bekämpft werden, die tatsächlich töten. 

Nicht weniger verstörend ist der Mißbrauch des Schlagworts von "den Armen", den Bergoglio laufend betreibt. Wenn er sogar davon spricht, daß wir uns von den Armen "evangelisieren" lassen sollten. Denn es gibt sie nicht, "die seligen Armen", von denen es zu lernen gelte. Es gibt unter ihnen keineswegs mehr Heilige oder weniger Gauner und Diebe und Unsittlichkeit - und Korruption. Im Gegenteil, der Neid und das Unrecht gerade unter jenen, die um alles kämpfen müssen (oder: zu müssen glauben, auch ermuntert durch Irrlehrer wie diesen Papst), ist legendär. Gerade unter Armen zählt das Gesetz der Brutalität, des Stärkeren sogar mehr, als unter entwickelteren Bevölkerungen. Es ist also Unsinn davon zu reden, daß sich hinter jedem Armen der "leidende Christus" verberge. Hier tut Unterscheidung sehr not, es entspricht keineswegs der Wirklichkeit, daß Arme auch Christus automatisch näher sind. Schon gar nicht, wenn man ihren Neidkomplex - "Schuld sind die anderen, Schuld hat die ungerechte Struktur" etc. etc. - schürt.

Die diesbezüglichen päpstlichen Äußerungen entsprechen auch keineswegs der traditionellen christlichen Soziallehre. Die nie Eigentum abgelehnt hat, im Gegenteil: es als wesentlichen Motor menschlicher Höherentwicklung angesehen hat. Ja, es ist geboten, daß Unternehmer Mitarbeiter nicht ausnützen und um ihren Lohn bringen. Ja, es ist geboten, daß auch auf das Geschlecht Rücksicht genommen wird, etwa Frauen nicht dieselben Belastungen aufgebürdet werden wie Männern. Ja, es ist dringend geboten, auch das Alter zu würdigen, gerade im Arbeitsprozeß. 

Aber immer hat die Kirche die entscheidende Bedeutung freien Wirtschaftens als Lebensvollzug menschlichen Tuns angesehen und anerkannt. Auch die Konzilsdokumente tun das. Daß das wirkliche Lebensglück nicht am falschen Ort gesucht werden soll, in Reichtum und Gütern, ist selbstverständlich. Irdische Güter sind bei allem - sehr relativ. Aber warum soll eine Wirtschaft "töten", wie es dieser Papst ständig behauptet? Wo doch das gerade Gegenteil der Fall ist. Gerade in der Wirtschaft, in der freien Wirtschaft, lernt der Mensch doch, sich zu vervollkommnen, sich zu überschreiten, an einer Aufgabe zu reifen - selbst zu werden! Dazu gehört sogar ein gerüttelt Maß an Unsicherheit, weil das, genau das der Wirklichkeit in Gott entspricht, der verlangt, sich auf ihn zu werfen, nicht auf Spargroschen und Güter.

Hat der Papst schon einmal nur einmal die Armen darauf aufmerksam gemacht, daß ihr Los zwar schwierig ist, aber eine ungeheure Chance bedeutet? Eine Radikalität in der Christusnachfolge, in der Selbstwerdung, gerade durch und in Armut? Was man zu der Vermutung hochsteigern könnte, daß dieser Papst nicht den Funken von Ahnung hat, was überhaupt und existentiell zu heiligen vermag (umso mehr redet er ja davon)? In der ganzen Kirchengeschichte findet sich deshalb nicht ein Beispiel, daß die Wirtschaft "töten" solle. Im Gegenteil. Sie ist der Ort, wo der Mensch zu sich findet.

Stefan Suter geht in seiner Kritik sehr konkret weiter. Etwa wenn er die beliebte Kritik aufgreift, die Managergehälter seien viel zu hoch. Was würde denn mit dem Geld passieren, das hier eingespart wäre (das im übrigen frei ausgehandelt wurde)? Wie naiv muß man sein zu glauben, daß dieses Geld dann "den Armen" zugute käme? Es würde bei Kapitalgesellschaften schlicht und ergreifend in die Dividendenzahlungen übergehen, sonst gar nichts. Und da machen sie im Verhältnis zur Kapitalisierungskraft einer Gesellschaft oft wirklich Marginalien aus, sonst würden sie nicht gezahlt. Warum sollte sich aber überhaupt die Kirche in solche Dinge einmischen? Oder ist es nicht einfach ein Kotau vor dem widerlichen Zeitgeist, in dem heute Dummheit mit Idiotie und blindem Zerstörungswahn - und Neid, unendlichem Neid!** - Hochzeit feiert?

Sodaß Suter schließlich zu der Folgerung kommt, daß dieser Papst regelrecht "Armut für alle" verkündet. Statt zu sehen, daß Armut niemals ZIEL sein kann, ja darf. Zu einer gesitteten Lebensführung gehört dem Stand angemessener, also: bescheidener Wohlstand. Es ist ein Unglück, das nicht zu erreichen, eine Lebensprüfung oft sogar, eine Sühne. Aber kein Lebensziel der Lobpreisung Gottes, sieht man von freiwilliger Armut von Ordensständen (oder Künstlern) ab, die genau unter dem Streichen dieser normal-menschlichen Ziele leiden um des Himmelsreiches, um der Poesie willen.

Aber was soll überhaupt diese Definition von Armut in absoluten Maßstäben? Wer in Europa bettelarm ist, zählt in Afrika meist zum gehobenen Mittelstand. Weil einfach auch die Kaufkraft regional deutlich schwankt. Wer in Europa täglich einen Euro verdient, kann nicht überleben. (Wobei auch der VdZ Jahre - Jahre! - hatte, in denen er täglich nur zwei Euro, und manchmal nicht einmal das, ausgeben konnte.) 

Armutsbekämpfung durch Herumgefasele über "strukturelle Ursachen" ist jedenfalls Schwachsinn. Noch dazu, wo nach wie vor die Kirche die effizientesten, oft sogar die einzigen Strukturen für Armutsbekämpfung aufzubieten vermag. Oft und nach wie vor sind katholische Einrichtungen die einzigen Institutionen in einem Staat, die wirkliche Sozialhilfe und Armutsbekämpfung betreiben. Wieviele Ordensschwestern, wie viele Missionare arbeiten wirklich für Gottes Lohn, opfern ihr Leben - nicht für zwei Monate, drei Jahre, sondern per Lebensentschluß - um anderen zu helfen. Stumme Helden und Heilige, wer zählt sie, wer kennt sie? 

Aber auch das Gerede von der "armen Kirche" muß relativiert werden, schreibt Suter in 'Theologisches'. Denn eine reiche Kirche gibt es definitiv nur in jenen wenigen Ländern, wo es Kirchensteuer gibt - Deutschland, Österreich, Schweiz. Weltweit gesehen ist die Kirche aber arm, ja sehr arm. Im Gegenteil, führt diese Armut etwa in Afrika zu unschönen Erscheinungen, weil punktuelle Betrügereien und Formen von Kleinkriminalität auch unter Klerikern keineswegs selten sind, in Afrika ein wahres Problem darstellen. Von welcher "armen Kirche" also spricht Bergoglio? oder glaubt er gar, er selber wäre ein Vorbild an "Armut", nur weil er die Papstgemächer verweigert (die ja ohnehin nie ihm als Mensch galten, sondern dem Amt), und in anderen Räumlichkeiten logiert, mit denselben Zugangsbarrieren übrigens wie sonst, und in der Firmenkantine auf Kirchenkosten speist? Glaubt der wohlgenährte Argentinier wirklich, es hätte etwas mit Armut zu tun. wenn er sich mit einem Ford fahren läßt? In jedem Fall - alles bezahlt von den Kirchensteuern aus Ländern mit ... funktionierender Wirtschaft?! Ohne die fetten Kirchensteuern aus dem wirtschaftlich prosperierenden Deutschland gäbe es in Afrika sehr sehr viel nicht - an diözesanen Einrichtungen, aber auch an direkten Einrichtungen zur Armutsbekämpfung wie Krankenhäusern und Armenasylen.

Und wie ist es zu verstehen, wenn Bergoglio davon spricht, daß die Reichen ihr Eigentum verteilen müßten, um es "an die Armen zurückzugeben"? Hat es denen wirklich einmal gehört? Und kann Bergoglio überhaupt unterscheiden zwischen Besitz - und Einkommen? Denn eine zusammengebrochene Wirtschaft trifft keineswegs auf Besitzlosigkeit, sondern auf fehlende Möglichkeit, daraus Einkommen zu generieren. Denn viele "Arme" gerade in der Dritten Welt haben sehr wohl Besitz, oft gar nicht wenig. Es gelingt ihnen nur nicht, damit genug zu verdienen.

Und - sind dann diese Menschen, die im anderen Fall gut konsumieren können, weniger dem "Konsumismus" verfallen, als die Europäer? Ist nicht Konsum das, was man mit florierender Wirtschaft anstrebt? Die Menschen WOLLEN ja konsumieren. Es ist nicht "die Wirtschaft", die sie zu "Konsumenten macht". Ja, hier ließe sich kritisieren, aber - bei jedem Einzelnen.

Zergliedert man die Aussagen von Papst Franziskus zu Armut und Wirtschaft, stellt sich sehr rasch heraus. Hier redet einer nicht nur ohne Kompetenz, hier redet sich einer in einen Wirbel von Widersprüchen, in denen nur eines bleibt: Fromme Sprüche, aber keine Substanz.






*Dem VdZ war doch egal, wer diese traditionsreiche Zeitschrift redigierte. Ihm fiel nur auf, daß sie dramatisch an Niveau verlor. Er stornierte also das Abonnement. Mit dem größten Bedauern, weil es kein derart hochstehendes Blatt dieser Art und Richtung mehr gab, und eine Lücke entstanden war. Denn Katho-Aktivisten mit Pfadfindermentalität vermochten über die Inhaltsleere beileibe nicht hinwegzutäuschen. Als dann der Chefredakteur als deklarierter Homo-Aktivist aufflog, war seltsamerweise die Erklärung nachgeliefert. Mit dem Wechsel des Redakteurs ist die Zeitschrift tatsächlich wieder relevanter geworden, der VdZ hat das Abonnement also aufleben lassen. Wobei die Frage bleibt, warum bei den Herausgebern der inhaltliche Niedergang so unbemerkt blieb.


**Wieder, wieder der Ort um das Wort des mittlerweile verstorbenen, früheren Geschäftspartners und Geldgebers des VdZ zu zitieren, ihm zu Ehren, diesem Sproß alten Junkeradels zum Gedenken, Gott hab ihn selig: "Herr Wagner, man sagt immer, das Geld regiere die Welt. Nein. Es ist der Neid."




*041015*