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Freitag, 9. Oktober 2015

Verfehlte Debatte

Dieses Streitgespräch auf 3Sat ist beispielhaft für die Verfehltheit der gesamten Debatte um Islam, Integration, Werte und Menschenrechte. Ausgehend von Sichtweisen, die man nur mit einem Wort bezeichnen kann: Sie beruhen auf Dummheit. Auf einer unfaßbaren Unkenntnis der Geschichte. Auf einem Nicht-Begreifen des Menschen. Ja nicht einmal Demokratie wird verstanden, wenn da behauptet wird, daß Demokratie eine Ferne zu jeder Religion brauche, sonst funktioniere sie nicht. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Werte ohne Religion? Gibt es überhaupt nicht, wer das glaubt versucht genau das zu verbergen. Menschenrechte? Wer deren Herkunft wie Verbundenheit mit dem Christentum nicht sieht, hat dasselbe Problem wie jemand, der in einen Sandhaufen greift und zusieht, wie der Sand zwischen den Fingern ausläuft. Selbst das Verstehen des Koran als "letztes Wort Gottes an die Menschen" fußt in diesen Wurzeln der Inkarnation Gottes als ultimative Offenbarung Gottes - im Christentum.

Das Zutreffendste sagt deshalb noch der Muslim. Einen Christen gibt es in dieser Runde ja gar nicht, auch das ist erstaunlich. Es gibt nur Menschen die dieses Prädikat für sich in Anspruch nehmen, und das ist selbst bereits ein Akt des Religionskampfes. Und an ihm wird auch klar, daß es in der Integrationsdebatte nicht darum geht, ob der Islam inhaltlich mit dem Christentum kompatibel ist - die Gemeinsamkeiten sind sowieso enorm, immerhin entstammt der Islam im wesentlichen einer Häresie des Christentums. Und am bedenklichsten wird es dann, wenn sogar Christen die Unterschiedlichkeit im religiösen Gestus selbst sehen wollen. Mehr als eine Analogie zum Christentum ist der Islam aber nicht, und nur insofern hat er bestimmten Wert, aber er ist auch nicht weniger. Nur wenn man das weiß, kann man den Islam, vor allem aber den Muslim in seiner Stellung dem Islam gegenüber begreifen, auch und gerade in den Schwächen, die sich vor allem aus dem Positivismus ergeben, wie ihn eine Religion ohne Inkarnationsmoment mit sich bringt.* (Und damit jede Religion - außer dem Katholizismus, der wesentlich gar keine Religion ist.)

Die Inkompatibilitäten liegen auf anderen Gebieten. Sie liegen im Faktum der Inkarnation Gottes, sie liegen in der Sakramentalität, und sie liegen in kulturellen Differenzen, die nämlich gleichfalls in diesem entscheidenden Punkt der Religion wurzeln. Weil sie den Umgang mit der Welt weil deren Stellenwert bestimmen, und darin ist der Muslim mit dem Christen inkompatibel, weil diametral entgegengesetzt. Dem Christen ist die Erde, die Schöpfung selbst heilig, denn sie ist ihm Gefäß des Logos. Hier würde der Islam die europäische Kultur endgültig aushöhlen, bis sie ins Nichts zurücksinkt. Er verwandelt alles in Wüste, das läßt sich historisch zeigen. Daß viele dies nicht sehen wollen oder können hängt mit dem tragischen Verkennen von Bedeutung und Wesen von Kultur in seiner Stellung in der Anthropologie überhaupt zusammen.

Es gibt dabei Häresien im Christentum (man denke nur an den evangelikal-charismatischen Bereich), die gerade diesen Grundzügen im Islam sogar sehr gleichen, und viele davon sind heute modern, ja werden von manchen gar als Erneuerung des Christentums angesehen.

In der Forderung an Muslime nach Integration geht es aber um einen Kampf gegen die Religion überhaupt, nein, präziser: um den verborgenen Kampf gegen das Christentum. Aber nicht, weil er durch "keine Religion" ersetzt werden soll, selbst darin irren die Kritiker. Sondern weil er durch eine chthonische, ja okkulte, unbewußte Pseudoreligion ersetzt werden soll bzw. das werden wird. Was das an Schrecken bedeutet, ist diesen Leuten aber nicht einmal annähernd klar.








*Um zu zeigen, wie rasch und eigentlich nicht vermeidbar eine positivistische Religion, eine Religion ohne reale Inkarnation Gottes, in Moralismus und Fanatismus ausschlägt, braucht man gar nicht zum Islam ausgreifen. Der Protestantismus zeigt v. a. in seinen zahllosen Sektenbildungen historisch dasselbe Phänomen. Es ist ein Reflex der tiefen existentiellen Sicherung, die anderes als in lebendiger, realer Präsenz Gottes nicht erreicht werden kann, weil - als Paradox - genau darauf dann verzichtet werden kann, und anders als in dieser Insecuritas, die nur in einer personalen Begegnung aufgehen kann, kann der Mensch gar nicht leben. Was im übrigen die Tendenz dieser Religionen erklärt, sich einem menschlichen Führer bedingungslos zu unterwerfen. 

Gleichzeitig wird auch der (soziologisch) beobachtbare Umstand begreiflich, daß Menschen, die "in Ruhe" von Geburt an islamisch sozialisiert wurden, wo also die Religion am selbstverständlichsten in den alltäglichen Lebensvollzug eingebettet erfahren wie gelebt wird, am wenigsten zu Radikalismus neigen. An dieser Stelle wurde ja bereits über die Rolle des Islam als soziologisches Phänomen der Ausgeschlossenen, der Unterschichten, als Emanzipationsbewegung etc. gehandelt. Ja eigentlich könnte man sagen: Er ist aus dieser Situation heraus entstanden, als dem orthodoxen Christentum soziologisch unterlegene, geringwertigere Häresie.





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