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Mittwoch, 14. Oktober 2015

So geht es aber auch nicht

Wenn auch das eine oder andere brauchbar ist, was in diesem Video an Aussagen zu hören sind. Der VdZ hat ja selbst bis vor 25 Jahren Holzhäuser gebaut, und in gar nicht so wenigen Details ist er zu ähnlichen Bauweisen und Ansichten gekommen, rein von der bautechnischen Seite betrachtet. Und in vielem stand er einer offiziellen Bautechnik (mit Gesetzen, Vorschreibungen und Normen) gegenüber, die den realen Erfahrungen nicht entsprach, die Wirklichkeit von Holz (und übrigens: Vollziegeln) vor lauter Technikverliebtheit nicht erfaßt hat. Das ist übrigens heute schon sehr weitgehend korrigiert.

Aber hier geht es eben ums Ganze, das vermittelt werden soll. Und das ruht hier auf einer Fülle von Irrtümern und ein paar verschwiegenen (oder im Enthusiasmus des Vortragenden übersehenen) Details auf. Als Allgemeinrezept würde es NICHT gehen. Dieses hier vorgestellte Konzept schmarotzt nicht weniger von einer ansonsten üblich laufenden Wirtschaft, wie so gut wie alle Öko-Rezepte. Nur fallen die Anschlußstellen an diese übliche Wirtschaft unter den Tisch. Von der diese Form des Wirtschaftens nämlich lebt, ohne die der gute Mann gar nichts machen könnte. Von philosophischen Widersprüchen und Aporien gar nicht zu reden. Manches und vor allem Grundsätzliches an den Aussagen (bzw. mehr noch: vorgeblichen Haltungen) stimmt einfach nicht. Und das zeigt sich nicht zuletzt an der Tendenz zur Reflexivität, die klar erkennbar ist. Oder: ja, den Begriff Abfall gibt es nicht. Aber auf andere Weise, als es der Mann darstellt. Schmarotzt der nicht an genau jener Infrastruktur, die er in seiner Philosophie als "falsch" darstellt, während er elegant über das die wahren Energieflüsse verschleiernde Wirtschaftssystem wettert.

Denn was soll man sich - nur ein Beispiel - denken, wenn einem jemand erklärt, daß er perfekt ökologisch baut, wenn er ein Haus aus Vorarlberger Holz in Vorarlberg mit besten computergesteuerten Maschinen (die ganz sicher auch in ökologisch perfekten Kreisläuften hergestellt wurden) anfertigt, und dann (wahrscheinlich per Pferdewagen, die ganz sicher keine Autobahnen oder Flughäfen oder Container-Schiffsgiganten und Hafenanlagen brauchen) in 30 Länder verschickt, darunter Japan, um sie tausende Kilometer entfernt als energieneutrale Häuser aufzustellen. Die massenhaft verbauten Solarpanele werden auch ganz gewiß von holden Bregenzer Maiden in winterlicher Handarbeit aus Tannenzapfen aus dem Bregenzer Wald geknüpft, und die massenhaften Ökoförderungen, die sich so überaus umweltbewußte Politik ersonnen hat und in der sie Geld aus den wenigen produktiven (weil schnöde "herkömmlichen") Bereichen in unproduktive "Zukunft" umschichtet, spielten in allen Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit auch nie eine Rolle. Nicht beim Unternehmer, und schon gar nicht bei den Hausbauern, denn sie retten ja gemeinsam die Welt.

Da noch von "kompromißlosem Naturprodukt" zu sprechen zeugt schon von einiger Chuzpe. So beschreibt man nämlich das Wesen eines pseudologisch-virtuellen, imagegetragenen Luxusprodukts, wo die Leute die Philosophie kaufen, das (ortlose) Produkt (man beachte: die bliebig angepaßte Architektur der vorgestellten Häuser; nur für sich betrachtet bleiben es nämlich bloße Schachteln; der Geist, der den Bewohnern solcher Schachteln täglich übertragen wird, ist also auch interessant) ist nur noch der sichtbare - und aus allem natürlichen Zusammenhang herausgerissene - Nachweis vor dem Gewissensforum. Das Produkt selber "existiert" ja gar nicht, denn es ist gesichtslos, reines Konzept - ein Fetisch, dessen Virtualität mehr zählt als das Reale. Aber was soll's. Wenn jemand für dekorative Scheinphilosophie zahlt ... es sei dem Unternehmer gegönnt. Nur sollte er ein bißchen wenigstens leiser treten.

Wir sind eben nicht einfach "Teil der Natur", wie es so oft in einer unzulässigen Reduktion zu hören ist. Sondern wir übertreffen diese "Natur" noch um eine ganze, ja die entscheidende Dimension - den Geist, der ein Geist des Schöpferischen ist (und nicht der Zählverstand bei technischer Anwendungsverbesserung.) Wenn man so will, dann ist es der Mensch, der der gesamten Schöpfung erst ihre eigentliche Natur durch eine Eingliederung in Formen und Gestalten erfüllt, auf die diese "Natur" lediglich verweist, in die sie selbst einzugliedern und höherzuführen ist, den sie aus sich noch nicht zur Realität bringen kann. Diese Dimension des Geistes ist also die eigentliche Dimension, die wirkliche Wirklichkeit des gesamten Kosmos.

Dem steht eine Ökologiebewegung gegenüber, die in philosophischer Ignoranz (Philosophie kostet viel sittliche Mühe; die zu vermeiden, darum geht es ja in Wahrheit; womit sie so gut wie immer in Esoterik und Gnosis abrutscht, auch wenn sie das bestreitet, indem sie phantasiereiche Gebäude aufrichtet, wie die Welt "sei", die nur einen haken haben: Sie stehen auf lauter leeren Bierkisten, den black boxes, in die alle Widersprüche hineingestopft werden) das Wesen des Menschen "köpfen" will, und in Reflexivität den Geist ins Nichts greifen läßt und auflöst, das Geistige diffundieren läßt. Kein Wunder also, daß v. a. Buddhisten (der Vortragende dürfte große Erfolge in Japan haben) an solchen Dingen Gefallen finden.

Was wir sind, was wir zu tun haben, "hören" wir nicht durch "hineinhören", sondern durch das genaue Gegenteil: Durch Selbstüberschreitung, durch die Hingabe an eine reale Aufgabe, durch das "für (jemanden/etwas) da sein". Nur wer sich selbst verliert, wird sich gewinnen. Da vermischt sich im gegebenen Fall also so einiges. Nicht zufällig scheint der gute Mann die Fichte (wegen ihrer "Nachgiebigkeit", ihrer Beeindruckbarkeit, damit aber auch ihrer hohen Abhängigkeit von Umgebungsbedingungen) so zu lieben. Die Entwicklung der Lebewesen zeigt aber etwas anderes: Sie zeigt, daß mit ihrer Höherrangigkeit die Beeindruckung nach außen, die aktive Gestaltung der Umgebung also, die Formung der Welt nach ihrem Bilde gewissermaßen, zunimmt. In gewissem Sinn vergleicht der VdZ also Fichten(wälder) mit Allergiepatienten.

Richtig ist aber der Hinweis auf den durch unsere heutige Lebensweise vielfach in der Zeit lediglich verschleppten Aufwand. Ohne freilich zu sagen, was daran wie wirklich zu ändern wäre weil geändert werden müßte, was daran also falsch ist, und wann. Denn Generationen hängen immer, auch über die Zeit, nach vor wie zurück, zusammen. Nicht nur in die Vergangenheit bezogen. Niemand kann zum Lebensende sein Konto in die Zukunft hinein "schließen", auf Null stellen.  Und - niemand soll das auch! Denn in der Gegenwart liegen die Wurzeln des Selbstseins, die Aufgaben der Zukunft. Und die liegen weit über dem bloßen Erhalt eines Status quo.

Aber zumindest bautechnisch wie ökonomisch (wollen wir provokant sein? Das hier vorgestellte Konzept ist ein für eine große Zielgruppe perfekter Marketing-Gag) dürfte der Mann auch recht auf Zack sein. 200 Häuser pro Jahr sind eine Menge Holz.

Aber es gilt: Die Wirklichkeit eines Hauses beginnt buchstäblich ... am Herdfeuer. Nicht bei den Solarpaneelen. Sie beginnt bei der Tektonik, der Architektur, dem Rhythmus der Formen und Größen. Nicht bei energietechnisch perfekten Raumschachteln, denen man dann technische Funktionen beifügt und sie zum Schluß noch möglichst gemütlich behübscht. Hohe Kultur ist eine Forderung an den Menschen, sie formt ihn. Kulturverfall beginnt dort, wo man den Menschen in embryonale Zustände des "Einsseins mit der materia" zurückfallen läßt.








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