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Mittwoch, 14. Oktober 2015

Stimme der Kirche Ungarns (1)

Der recht gute Eindruck, den der VdZ aus dem Mitleben des Kirchenjahres in seiner ungarischen Wohnpfarre bzw. aus dem Kirchenleben der ganzen Stadt Sopron gewonnen hat, hat gewiß auch mit dem weit mutigeren Klima der gesamten ungarischen Kirche zu tun. Zumindest verglichen mit dem, was man aus der Kirche in unseren Landen gewöhnt ist. Selbst die charismatische Verwirrung hält sich hier in recht engen Grenzen, und aus einem "passierten" Besuch einer solchen Gebetsveranstaltung in der hiesigen St. György-Kirche (sie finden dort einmal wöchentlich statt) hat er den Eindruck, daß man diese Bewegung hier zumindest in liturgisch recht geordneten, ja sogar regenerativen Bahnen zu halten vermag.

Das bewies auch der Primas der ungarischen Kirche, Kardinal Peter Erdö, Erzbischof von Esztergom-Gran, in seiner ersten offiziellen Stellungnahme anläßlich der Eröffnung der Bischofssynode in Rom zum Thema "Familie". Der im Netz zu findende Text ist lesenswert, weil er sehr klar ist und einige Verwirrungen, die von verschiedenen Seiten immer wieder gestiftet werden, gut ausräumt. Zumindest prinzipiell. Ob praktisch bleibt eine andere Frage, denn der VdZ geht davon aus, daß das am Schluß der Synode das übliche verwaschene Ergebnis ("Suche sich jeder aus, was ihm zusagt!"), Kennzeichen dieses Pontifikats, übrigbleiben wird. Anders als 2014, erfahren nämlich diesmal die beteiligten Bischöfe nichts vom offiziellen Schlußtextentwurf - ehe er am letzten Tag dann verlesen wird.

Die Debatten, die durch so manche (tatsächlich: eigentümliche) Änderung des Procedere ausgelöst wurden, sind ein eigenes Thema, und sie sind nicht das erbaulichste. Selbst beteiligte Bischöfe (auch Erdö) beklagen die seltsame Informationspolitik, der sie diesmal unterworfen wurden, wo sie mit zusammenfassenden Papieren konfrontiert werden, die "redaktionell bearbeitet" nicht wiedergeben, was besprochen wurde. Wo Mitglieder von Ausschüssen -  zugleich als Mitglieder der Prüfungsgremien tätig - diese Ausschüsse selbst wiederum auf "Transparenz" untersuchen sollen. Womit man den 2014 bereits ruchbaren Vorwürfen nach Cliquenbildung sowie Einflüssen von außen begegnen will.

Eine (angeblich 2015 erfolgte) Einschränkung der 2014 blamabel-schrankenlosen "Transparenz nach außen" (was zeigt, was für ein bodenloser Unsinn sich mit der "Forderung nach grenzenloser Transparenz" verquickt, deren Hintergrund nur die maßlose Selbstüberschätzung gewisser Personen ist, die glauben, überall mitreden zu müssen, in Wahrheit aber einem fundamentalen, aber ungemein zeitgeistigen Erkenntnisirrtum aufsitzen) kann man freilich nur begrüßen, will man eine wirklich offene Debatte, bei der niemand daran denken muß, wie eine politisch-öffentliche Wirkebene einzuarbeiten sei.

Erdö nimmt sehr klar zu vieldiskutierten Inhalten Stellung. Auch natürlich gegen das vom Wiener Kardinal Schönborn schon im Vorjahr auf dessen übliche schmierig-halbseidene Art vorgebrachte Argument der "graduellen Gutheit" auch "illegitimer" menschlicher (sexueller) Beziehungen. Diese graduelle Gutheit könne sich, so der Ungar, nicht auf die Lebensform beziehen und diese gar gutheißen. Auch wenn es subjektive Grade von gutem Handeln gibt, so kann eine Handlung nur im Ganzen gut sein.

Zur Beleuchtung für den Leser: Was meint graduelle Gutheit? Er stelle sich vor, wie eine Räuberbande ein Haus überfällt und die Mitbewohner zu Tode quält, auf daß diese die Verstecke der Preziosen verrraten mögen. Da überfällt einen der Räuber Mitleid mit der Hausfrau, und er verhindert, daß sie zu Tode vergewaltigt wird, woraufhin ihm einer der Miträuber sogar eine gewaltige Maulschelle verpaßt. Die Frau wird aber doch in eine Ecke gestoßen, und darf dort mit ansehen, wie, nachdem ihre Familie ausgerottet und das Haus geplündert ist, die Räuber das Haus verlassen und sie nicht weiter quälen. Besagter Wohltäter wirft ihr im Hinausgehen sogar noch ein Stück Brot zu, in das, wie sie beim Hineinbeißen unter Tränen entdeckt, eine der zahlreichen gestohlenen Broschen eingedrückt ist. Das ist "graduelle Gutheit".

Der VdZ möchte das ein wenig aber auch am konkreten Thema - Homosexualität - illustrieren. Sowohl was Kardinal Schönborn meint, als auch sein Würdenpendant Kardinal Erdö. Und er nimmt das Beispiel aus seinem eigenen Lebensumfeld. In dem er vor einigen Jahrzehnten in seinem engsten Umfeld einen solchen "Fall" erlebte und vor allem: beobachtete. 

Wo ein Homosexueller seinen langjährigen Lebenspartner hingebungsvoll pflegte, als dieser todkrank (Aids im Endstadium) war. Die Haltungen, die er bei beiden beobachten konnte, waren tatsächlich bemerkenswert. Denn in der Selbstüberschreitung der hingebungsvollen Pflege hier, der Todesbereitschaft dort - und Selbstüberschreitung ist ja das innere Wesen der guten Tat; der Heilige ist Rebell gegen die rein innerweltlich-faktische Ordnung! - veränderte sich bei beiden Beteiligten ganz entschieden ihr Charakter. Deren Selbst sich immer deutlicher von sich weg und auf das Zu-Tuende hin wandte.

Und es ist nicht verwunderlich: Es verlor sich in dieser Hingabe jede homosexuelle Prägung, bei beiden. Bei dem einen sogar explizit (er bezeichnete sich sogar schon als heterosexuell). Beim anderen beobachtbar, bis in die Gesichtszüge hinein. Statt der früheren (und lange Jahre als solche gekannten) Schwuchteln stand (bzw. lag) dem VdZ jeweils ... ein Mann gegenüber. Kein Wort mehr fiel über Homosexualität.

Die "gute Tat" hatte sich also auf sehr fundamental auf die Lebensweise - mit der die nunmehrige Veränderung ihrer Charaktere höchstens indirekt zu tun hatte - ausgewirkt. Und dabei DIESE AUFGELÖST. (Was dann durch den Tod des einen real passierte.) Die gute Tat war die Durchbrechung der Fesseln einer falschen Lebensführung! Der (mögliche) Beginn einer neuen Lebensweise, die die alte hinter sich ließ. Der eine hatte den anderen nicht hingebungsvoll gepflegt, weil er sein Sexualpartner war, sondern weil er sich ihm als Mensch verpflichtet fühlte.+

Morgen Teil 2) Es macht den Räuber nicht gut




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