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Mittwoch, 21. Oktober 2015

Geschenk des Scheiterns (3)

Teil 3) Weshalb es ein schöpferisches Gelingen NUR aus dem Scheitern heraus gibt




Aber nach einem Scheitern, wenn es denn passiert ist, wieder helfen, wo es notwendig ist, helfen weil jemand von den Folgen erdrückt wird (auch wenn sie eigenen Fehlern entsprungen sind; so ist der Mensch eben), verzeihen vor allem (was aber auch nicht heißt, daß jeder munter weitermachen können muß, das kann gar nicht anders sein als individueller Fall, individuelle Einschätzung auch der Umgebung), noch mehr aber ein Ende der Schadenfreude, die in einem Hosenscheißerstaat wie Österreich, dessen tägliches Fluidum der der Identitätsverweigerung entspringende Neid ist, das wäre wünschenswert. Genauso, wie es eine Umgebung - als Kunde - braucht, die einen Teil dieses Risikos mitträügt, indem sie dem Neuen eine Chance einräumt. Das passiert heute tatsächlich viel zu wenig, und vor allem, weil das Wesen des Freien viel zu wenig bekannt ist. 

Nicht ohne Grund, denn Freiheit wird als Willkür mißverstanden, nicht als Frucht der Verantwortung. Und nicht jede Erfolgslosigkeit ist ein selbstverschuldetes Übel. Erfolg hat mit persönlichem Schicksal zu tun, das immer ein Geheimnis ist. Er ist kein technisches Rechenexempel, als Summe von "Qualität" und "Können". Wer etwas kann, der soll in den Zirkus gehen, nicht auf die Bühne, meinte einmal Fritz Muliar. Und wir fügen dem hinzu: Auch nicht auf die Bühne des Lebens.

Aber heute sind oft die Zweitgründer, die Neuanfänger, die gar am lautesten nach "einer zweiten Chance" schreien, tendentiell jene, die sowieso nie Verantwortung zu tragen bereit waren - und deshalb so aus einem Scheitern aussteigen, daß sie sich recht leicht mit den Folgen abfinden können. Lustigerweise sind genau die dann jene, denen wieder Kredit (credo - von Glaube) eingeräumt wird. Wer seine Verantwortung bis zum Letzten austrug aber bleibt meist erschlagen zurück. Dabei hat nur er wirklich riskiert, und hat selten eine Chance für einen Neubeginn. Während viel zu wenig gesehen wird, daß ein unternehmerisches Ethos der Verantwortungserleichterung und -verweigerung jeden Wirtschaftskreislauf vergiftet. 

Eine Wirtschaft bloßer "Geschäftsideen", die gewechselt werden wie Hemden, braucht niemand. Dort liegen auch die Wurzeln so vieler Fehlentwicklungen in unserer Lebenswelt, unter denen wir leiden, ohne die Zusammenhänge zu kennen.

Aber ist diese gewünscht positivere, sachgerechtere Haltung deshalb direkt "machbar", wie bei einer Maschine, wo man ein Teil einfach auswechselt, wenn das Ergebnis nicht entspricht? Kann das überhaupt mehr sein als Wunschdenken, kann das mehr sein als individuelle Haltung Einzelner, als neue nur im Einzelfall zu erringende Offenheit, die dem Gescheiterten - unter gutwillig zugestandener (aber nicht weniger vollumfänglich sachlicher) Neueinschätzung neuen Beginnens - und damit der Umgebung selbst (denn ein Scheitern ist immer ein Scheitern IN einer sozialen Umgebung, also Teil davon, der alle betrifft) geschenkt wird? Und muß sich nicht der Gescheiterte dieses Geschenkes auch bewußt werden und bleiben? 

Erst dann könnten sich alle - Jungunternehmer wie soziale Umgebung - der Fruchtbarkeit gerade des Scheiterns erfreuen.*




*Der VdZ hat ausnahmslos beobachtet, daß ein Jungunternehmer, ja jeder Mensch, der einen beruflichen Weg wählt, in dem es auf ihn ankommt (also auch Künstler, ja vor allem Künstler), immer viele Fehler macht. Meist aus Angst, aus Mangel an Reife, die ja gar nicht anders gewonnen werden kann als ... durch das Unternehmen, durch die Odyssee unbekannten Ausgangs. 

Nur aber, wenn ein junger, ein unternehmerischer Mensch die Situation völliger Ausweglosigkeit erfahren hat, wirklich dem existentiellen Nichts gegenüberstand, beginnt er, sein Tun wirklich zu umfassen. Dieses Geschehen ist generell menschlich, und es kann und muß sogar mit dem Kreuzesopfer Christi, das ohne den Moment wirklicher Gottverlassenheit undenkbar wäre (denn erst so hat Christus wirklich die GESAMTE menschliche Existenz unterfaßt), verglichen werden, ja es ist dasselbe archaisch-ontologische Muster. Deshalb sind auch Förderungen abzulehne, die den Einzelnen vor dieser alles entscheidenden Situation bewahren wollen. Hilfe kann immer erst dann einsetzen, wenn beim Bedürftigen dieser Punkt definitiver Lebensentscheidung wirklich erreicht war. Das gilt sogar für jede Lebenssituation. Erst wo wird der Weg frei - für Neues und Schöpferisches.




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