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Samstag, 24. März 2018

Der katholische Stil als Kriterium der Kirchlichkeit (1)

Wie man jüngst las, beschäftigt sich mittlerweile eine ganze Riege von Theologen und Philosophen damit, nachzuweisen, daß Papst Franziskus ein Mann tiefer Gedankenstrukturen sei. Das geschieht in Form einer ganzen Reihe von elf Büchern, die von verschiedenen Autoren verfaßt unlängst vom Vatikan herausgegeben wurden. Sogar der em. Papst Benedict XVI. wird in den Meldungen darum zitiert, weil er gemeint habe, daß es ein törichtes Vorurteil sei, davon zu sprechen, daß der jetzige Pontifex ein Mann der Praxis, und er, Benedict, einer der Theorie sei. Vielmehr sei Franziskus ein Mann tiefer theologischer und philosophischer Bildung. So wurde es kolportiert.

Wie sich mittlerweile herausstellt dürfte man hier eine Aussage Benedicts, die in ganz anderem Zusammenhang fiel, herausgepickt und mißbräuchlich verwendet, möglicherweise sogar umgekehrt haben. Was erhellenden Einblick in die Absichten der Riegen um den jetzigen Papst liefert, die Manipulation für nötig zu erachten scheinen.*

Aber lassen wir das vorerst. Denn es geht um die Behauptung, und die sieht der VdZ schlicht und ergreifend nicht als richtig an. Wohl aber glaubt er, daß Franziskus damit spekuliert hat, das Bild von sich insofern einer Bewertung zu entziehen, indem er alles und jedes von sich gibt. Weil nun die meisten nicht davon ausgehen, daß ein Papst derartig verwirrt und subjektivistisch-willkürlich sein kann, wie es bei diesem der Fall ist, haben sehr viele aber schon von Anfang an damit begonnen, diese unzähligen, nie in eine Einheit zusammengefaßten, weil zusammenfaßbaren Fragmente aus allen möglichen Theorien und Anschauungsweisen und Lehren im Einzelnen aus den Bergen von päpstlichen Worten herauszupicken und in einen konsistenten Rahmen zu stellen, gar zur Katholizität zusammenzuführen. 

Denn im Katholischen mündet, wie gründet alles in Einem. Etwas, das offenbar nun im Großversuch unternommen wird, um zu retten was zu retten ist, vor allem: Die Einheit der Kirche. Placuit Deo ist genau so zu bewerten. Deshalb mußte es ja auch so schwammig bleiben, als Mäntelchen für alle Tage, gewissermaßen. 

Aber lassen wir auch das, es lohnt die Beschäftigung mit dieser niederträchtigen Form der Lüge nicht, die - typisch schizoid eben - von den allermeisten nicht erkannt wird. Dafür macht sich in der römischen Kirche eine Verwirrung breit, die oft schon an Geistesstörung herankommt. Es ist zu spät, es ist bereits unglaubwürdig. Und es ist Etikettenschwindel, noch dazu. Einzig darin also innerhalb dieses Pontifikats konsistent. 

Viel interessanter ist uns im Moment die Aussage, die ebenfalls Benedict in den Mund gelegt wird: Es sei zwischen beiden eine innere Kontinuitätslinie, und beide unterschieden sich lediglich durch Stil und Temperament.

So kann man das auch nennen. Und es setzt gleich noch eine Lüge drauf. Denn dann wäre auch ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Syndrom) ein bloßer Temperamentsunterschied zur psychischen Normalität. Aber lassen wir das, denn auch das ist es nicht, worauf wir hinauswollen.

Vielmehr geht es um die Verwendung des Wortes "Stil". Es wird hier - wie seit langem üblich, auch das übrigens ein Symptom - so getan, als käme es auf das Äußere nicht an, salopp heruntergebrochen. Als wäre der Stil einer Amtsführung beliebig und gleichgültig, denn es käme ja "auf die Inhalte" an. Ungefähr so läßt sich das zusammenfassen.

Und die Inhalte werden ja nun hineingelesen, auf daß das wirre Gewöll, mit dem wir seit fünf Jahren konfrontiert sind, wie Mosaiksteine in ein ganz anderes Bild eingeordnet werden, weil angeblich einordnenbar wären. Das Perfide daran ist, daß die Vernunftfähigkeit vieler vieler Millionen Katholiken - nein, wollen wir sie nennen: Menschen des Vernunftgebrauchs - in den Müll entsorgt wird. Ihr habt Euch getäuscht, wird da vermittelt, Ihr habt einfach nicht das Ganze gesehen, das wir Euch jetzt erklären, Ihr könnt es nicht, und nach wie vor nicht, nehmt es also einfach an und entsorgt Eure dummen Vorurteile, die nur Eurer mangelnden Erkenntnisfähigkeit zuzuschreiben sind.

Aber Vernunft und damit Katholizität als die eigentliche Vernunft** ist nicht zuerst, ja gar nicht eine Frage richtiger Einzelteile, sondern Vernunft ist die Fähigkeit, Teile in ein Ganzes einzuordnen. Und insofern ändert sich der Anker der Vernunft als Bedingung und Garant der Freiheit des Menschen gar nie, wenn denn ein Mensch die Tugend des Willens zur Vernunft ("bona voluntas" - guter Wille) hat. Wenn aber nun plötzlich der Horizont der Vernunft "ganz anders" sein soll, ohne daß das die individuelle Vernunft nachvollziehen kann, weil sie zu einem Urteil kam, das durch Evidenz verifiziert und falsifiziert ist, wird der Versuch unternommen, den Einzelnen seiner Vernunft zu berauben.

Aber es stimmt eben nicht, was da gesagt und behauptet wird. Es ist nämlich GENAU der Stil, auf den es ankommt. Daß die Inhalte der höchstpriesterlichen Äußerungen orthodox sind, davon geht jeder aus und ist jeder ausgegangen, zumindest vorerst. Und weil sie das nicht waren, nicht sein konnten, bei so viel Widersprüchlichkeiten, hat der Papst jene Glaubwürdigkeit, die da neu zu begründen versucht wird, mit unlauteren Mitteln neu zu gründen versucht, längst bei den Menschen guten Willen - den Vernunftmenschen - verloren. Geblieben, diesem Bergoglio-Papst "treu" geblieben sind ... Zombies und Verbrecher, sofern diese alle überhaupt treu sein können.

Aber alles das wäre fast vernachlässigenswert, wenn das Zentrale des Katholischen, der "katholische Stil", erhalten geblieben wäre. Er ist es nämlich, der die Menschen zunehmend verwirrt hat und verwirrt. Er ist es, der die römische Kirche an den Rand der Selbstauflösung gebracht hat, bei weitem nicht erst seit dem Zweiten Vatikanum übrigens. Der Stil ist es, der die eigentliche Verkündigung trägt. 

Ex factis, non ex dictis amici pensandi! Suche aus den Taten, nicht aus den Worten Deine Freunde.


Morgen Teil 2) 




*Dennoch hat der Brief Benedicts in gewissermaßen traditionalistischen Kreisen etwas wie einen Schock der Ernüchterung ausgelöst. Wie Hilary White in einem vielzitierten Artikel im amerikanischen Remnant ausführt, hat nämlich über Benedict als Papst immer ein großes Mißverständnis geherrscht, das zum großen Teil von einem Wunschdenken genährt wurde. Man wollte einen orthodoxen Papst. Dabei hat man übersehen, daß die eigentliche Theologie Ratzingers im Grunde nur eine Auffahrtsrampe zur jetzigen Katastrophe des Bergoglio-Papstes war. Bergoglio steht nämlich tatsächlich in einer Kontinuität mit seinem Vorgänger, und hat nur noch expliziter auf den Punkt gebracht, was sich schon in Johannes Paul II. ebenso wie bei Benedict XVI. abgezeichnet hat. Und was man "nouvelle theologie" nennt.

**Jedes andere Denken ist auf die eine oder andere Weise von "Häresien", von Auswählungen deformiert. Insofern hat auch in dem Punkt Placuit Deo Gefährliches, ja Falsches formuliert. Denn sehr wohl gründet Vernunft, die als Haltung in einer Haltung gründet - sehr zum Ärgernis der versammelten Erbsenzähler des Rationalismus - in einer sittlichen und damit ethischen Entscheidung.



*130318*