Teil 2) Die Sache sieht ziemlich anders aus
Kaum
 bekannt ist, daß fast 10 Prozent der bei der Invasion der Alliierten in der 
Normandie gefangengenommenen Soldaten ... Russen waren! Sie hatten schon
 zuvor eine wichtige (handfeste) Rolle im Aufbau des Atlantikwalls 
gespielt. Sie haben sich kaum gewehrt, sich sofort ergeben, und nur 
abgewartet, was nun passiert. Die meisten zudem Zwangsarbeiter und 
Soldaten in allen möglichen Uniformen. Viele waren Mitglieder der 
sogenannten "Wlassow-Befreiungs-Armee", die als deutsche Einheit bis zu 
einer Million Russen zählte, die sich freiwillig gemeldet hatten und 
gegen Stalin kämpfen wollten. Die Alliierten mußten wissen, was diesen 
Männern blühte, lieferte man sie aus, und warum Stalin sie unbedingt in 
seine Finger kriegen wollte. 
Aber
 der Erfolg der Invasion im Juni 1944 hing maßgeblich davon ab, daß die 
Rote Armee massiv im Osten angriff - dafür brauchte man Stalins 
Geneigtheit. Und man bezahlte ihn dafür. Mit dem Versprechen, ihm diese 
Millionen Russen auszuliefern. Also log man den Gefangengenommenen vor, 
daß sie in Rußland nichts Böses zu erwarten hätten. Dann sammelte man 
sie in Lagern in Großbritannien und in den USA, trennte sie bald von den
 gefangenen deutschen Soldaten. Man müsse, so hieß es, prüfen, ob sie 
Verstöße gegen sowjetische Gesetze begangen hätten. Verbrechen wie ... 
Vaterlandsverrat. Daß man sie nicht sofort auslieferte hatte aber nichts
 mit "Schutz" zu tun, sondern es war nur das klein wenige Zuwarten, um 
den Verhandlungswert gegenüber Stalin nicht zu verschleudern. 
Von
 Anfang an war den Alliierten klar, daß sie in die Sowjetunion 
zurückgestellt, erschossen, bestenfalls in Arbeitslagern vernichtet 
werden würden. Niemand machte sich da Illusionen, die Dokumente beweisen
 es. Und kein Beobachter konnte sich Illusionen darüber machen, daß 
diese Gefangenen aus allen Teilen der Sowjetunion nichts weniger wollten
 als nach Rußland zurückzukommen. Sie wußten, was ihnen dort blühte. 
Erst sahen sie die westlichen Alliierten als Mitträger ihres Wunsches 
nach Freiheit an, als Brüder der Menschlichkeit (wie so viele geglaubt 
hatten, auch Deutsche.)
Und ahnten nicht, daß man sie brutal täuschte. (Übrigens:
 eine der nächsten bzw. frühesten Enttäuschungen der osteuropäischen 
Menschen über den Westen. Nur konnte sich hier die Enttäuschung nicht 
weitergeben. Denn hier starben alle Enttäuschten.) Die wenigen noch 
Lebenden dieser Zeit berichten, daß sie extrem zuvorkommend behandelt 
wurden. Man vertraute ihnen restlos! Niemand konnte sich vorstellen, daß
 sie an Stalin ausgeliefert werden würden. 
Aber
 schon im Juli 1944 hatten die Briten den sowjetischen Botschafter 
informiert, daß sie alle an die Sowjetunion ausgeliefert würden, sobald 
man in der Lage war, ihren Transport zu organisieren. Und die USA folgte
 dieser britischen Initiative. Für Millionen Russen im Westen Europas 
hieß das, daß sie in den nächsten Jahren "repatriiert" werden würden. 
Der
 Film zeigt die Ursprünge: Als die Deutschen im Juni 1941 die 
Sowjetunion angegriffen hatte, waren sie von den allermeisten Russen mit
 Begeisterung und vor allem in der Ukraine (!) als Befreier empfangen 
worden. Das ist auch ein Grund, warum gerade im Anfang des Unternehmens 
Barbarossa scheinbar so einfach riesige Armeen, die Stalin im 
Grenzgebiet zu Deutschland aufgeboten hatte, überwältigt wurden und 
Millionen Soldaten in deutsche Gefangenschaft gebracht wurden.  Sie 
erinnerten sich zu gut an den Schrecken, den die Kommunisten über sie 
gebracht hatten. Nicht wenige dieser Soldaten waren noch dazu Soldaten 
geworden, um aus der Lagerhaft in einem der GULAGs freizukommen, wie 
ihnen versprochen worden war.  Leute darunter, die von ihren Vätern 
berichten, die Priester gewesen waren und denen als erste Maßnahme die 
Zunge abgeschnitten wurde, damit sie nicht weiter predigen konnten. 
Die
 meisten wollten fortan sicher nicht gegen die Russen, aber gegen den 
Kommunismus kämpfen. Ganze Armeegruppen liefen zu den Deutschen über. 
Darunter die Kosaken, die unter den Zaren besondere Privilegien der 
Selbstverwaltung genossen hatten, die unter den Kommunisten ab 1917 
endeten. Sie alle fanden es taktisch klug, sich mit dem externen Feind -
 Hitler-Deutschland - zu verbinden, ähnlich wie die Esten, die Letten, 
die Litauer übrigens, um ihre Freiheit zurückzuerobern. Und wollten an 
der Seite der Deutschen gegen den Kommunismus kämpfen.
Aber
 für diese eigentlichen Anliegen des Anti-Kommunismus - als Auflehnung 
gegen die kommunistische Unterdrückung - war man im Westen blind. Von 
Anfang an sah man diese um ihre Freiheit kämpfenden Völkerschaften als 
Feinde an, die in der Uniform ihres eigenen Feindes, Deutschland, 
auftraten. Die Widersprüche aus geopolitischer Machtstrategie (vor allem
 Englands) und innerer Unvereinbarkeit schlugen also voll zu. Der 
Pragmatismus vermag so gut wie nie vernünftige Lösungen zu liefern.
Dabei
 übersah man gefließentlich, daß nur etwa 15 Prozent der russischen Soldaten 
in deutschen Uniformen freiwillig, der überwiegende Rest aber 
gezwungenermaßen so auftrat. Hitler selbst hatte sich außerdem nie für 
diese Solidaritätsmöglichkeiten interessiert. Er hatte mehrmals 
geäußert, daß das einzige, was ihn an diesen Völkern interessierte, ihr 
Öl war. 
(Und
 die deutsche Strategie war von Anfang an auf "Ernährung aus dem Land" 
ausgelegt, hatte also bewußt den Hunger der Bevölkerung in den 
militärisch überrannten Ländern einkalkuliert. Nicht zuletzt, weil der 
deutsche Bewegungskrieg von Anfang an eine Illusion war, die deutsche 
Rüstung war noch 1939 viel zu schwach gewesen, es fehlten überall an den
 Bedingungen der deutschen Kriegsführung, den Transportmitteln, den 
Fahrzeugen. Man hätte die deutschen Armeen gar nie anders versorgen 
können - denn durch Raub! Und wie hätte man die fehlenden Arbeitskräfte 
auch ersetzen sollen, die die Nachschubmittel produzierten, denn durch 
Sklavenarbeit?)
Schon
 1942 waren 2 Millionen Russen nach Deutschland als Zwangsarbeiter in 
Landwirtschaft und Industrie verschleppt. Genauso sah die deutsche 
Führung die gefangenen russischen Soldaten, als untermenschliche 
Sklaven. Eine einzige Täuschung offenbarte sich. Offiziere der 
Wlassow-Armee selbst versprachen gute Behandlung in deutschen 
Arbeitslagern. Es waren Horror- und Hungerlager, selbst Kannibalismus 
breitete sich aus. Kein Wunder, daß die "Freiwilligen" für die 
Wlassow-Armee stiegen. Die Gefangenen hätten alles gemacht, um nur eine 
Mahlzeit zu bekommen. Also meldeten sich auch viele für die 
Arbeitsbataillone, die nun den Atlantikwall errichten sollten. 
Auch
 ihretwegen, die ab Juni 1944 zu Hunderttausenden in die Hände der 
Invasoren im Westen fielen, wollten die Alliierten aber nicht in 
Verhandlungsprobleme mit Stalin kommen, ihre humane Problematik war 
sogar eine "Gefahr für die große Allianz", wie dokumentiert ist. Da war 
es einfacher, sie kollektiv schuldig zu sprechen. Und an die Sowjetunion
 zurückzusenden. Sogar der britische Geheimdienst hatte besorgt beim 
Premier interveniert, weil die Rücksendung dieser Russen deren sicheren 
Tod bedeuten würde. 
Stalin
 hatte auch in einem Schreiben an die Briten noch klargemacht, daß es 
aus der Roten Armee der Sowjetunion KEINE Kriegsgefangenen gebe. Es gebe
 in der Roten Armee nur drei Kategorien: Kämpfende Soldaten, 
Gefallene, und Verräter. Jeder Soldat habe die Anweisung, sich die 
letzte Kugel aufzubewahren und sich selbst zu töten, ehe er in 
Kriegsgefangenschaft gerate. In Gefangenschaft zu gehen sei also 
immer ein Zuwiderhandeln gegen einen Befehl. Ein Kriegsgefangener aus 
der Roten Armee ist damit immer ein Verräter. Es gab also für Stalin 
keine "sowjetischen Kriegsgefangenen". Es gab nur Verräter.
Außerdem
 stellten die Zwangsarbeiter fest, daß es ihnen selbst in den durch den 
Krieg extrem gewordenen bedrückenden Verhältnissen in Deutschland (und 
überall im Westen Europas) noch besser ging als vorher in der 
Sowjetunion. (Das sagt dieser BBC-Bericht, nicht der VdZ.) Und das war 
für Stalin schon das eigentliche Problem - er wollte nicht, daß Menschen
 zurückkamen, die gesehen hatten, daß es "auch anders" ging. Er wollte 
niemanden in der Sowjetunion, der nicht der Doktrine der KPdSU strikt 
folgen wollte.
(Der
 VdZ empfiehlt dazu die Lektüre der in den 1930er Jahren auch in 
Deutschland sehr populären Publikation von Iwan Solonewitsch "Die 
Verlorenen", die auch literarisch, also nicht nur als "informierendes 
Sachbuch", höchst wertvoll ist und das Problem des Kommunismus auf für 
viele vermutlich neue Art begreifen macht. Es zeigt zudem - wie eben 
Literatur es tut, die nur gut ist, wenn sie auf das Ewige geht - wie analog 
die Situation der Sowjetunion mit der ist, die wir heute erleben, wo 
"das Establisment" die Aufgabe der Tscheka deckungsgleich übernommen 
hat. ES IST IMMER DASSELBE!)
Morgen Teil 3)
*160218* 
 
