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Samstag, 31. März 2018

Grablegungen unhaltbarer Legenden (1)

Die These, die Hilary White vor kurzem öffentlich in der für seinen Franziskus-kritischen Kurs weltweit bekannten US-Zeitschrift The Remnant vorstellte, war für viele ein Schock. Und hat sogleich heftige Reaktionen in traditionalistischen Kreisen ausgelöst. Denn diese hatten sich angesichts eines desaströsen Franziskus-Pontifikats bislang an einen Strohhalm geklammert, der "die Kirche retten" sollte: Zwar sei Franziskus ein Häretiker, eine wahre Katastrophe für die Kirche, ja eine kirchliche Katastrophe, aber der wahre Glaube sei seinem Vorgänger noch präsent. Aus diesem Grund gab es auch wildeste Spekulationen, warum Ratzinger überhaupt zurückgetreten, oder wieweit die Wahl Bergoglios (unter Verweis auf die "St. Gallen-Mafia", also eine Absprache unter Kardinälen vor dem Konklave 2013, was laut Kirchenrecht verboten ist und eine Papstwahl ungültig macht) überhaupt rechtens und damit für die Kirche relevant sei. Gleichzeitig kursierten Gerüchte, daß Benedict in seinem Rückzugsort mundtot gemacht, von Franziskus gar totgeschwiegen werde.

Hilary White wischt das alles vom Tisch. Das sei Kinderkram, entstanden aus einem Wunschdenken der traditionalistischen Seite. Benedict für den guten Papa und treuen Freund der Traditionalisten zu halten (nur weil er mit der Enzyklika "Summorum Pontifikum" die "Alte Messe" gewissermaßen wieder freigegeben habe) war immer eine Selbsttäuschung. In Wahrheit hat einfach niemand diesem Benedict XVI. zugehört! In Wahrheit hat niemand genau auf seine Taten hingeschaut. So wurde gerade von Traditionalisten ignoriert, daß es in der Praxis zu keinerlei Verbesserungen gekommen ist. Nach wie vor haben viele Bischöfe die Alte Messe untersagt und es gibt keinen Hinweis, daß der Vatikan (beziehungsweise der Papst) diese allgemeine Erlaubnis ernsthaft durchsetzen wollte.

Dazu kommt ein weiterer Punkt, den bisher jeder übersehen hat, weil gar so viele in der Not, die ein häretischer Franziskus als Papst für die Theologie wie für die Vernunft bedeutet, in seinem Vorgänger den Felsen der Rechtgläubigkeit und des klaren Denkens sehen wollte. Aber auch hier hat niemand die Augen aufgemacht. In Wahrheit, so Hilary White, sei schon Josef Ratzinger ein klarer Vertreter der "nouvelle theology" gewesen, wenn auch nicht so ausgeprägt, wie es sich nun bei Bergoglio zeigt. Nie - und er hat es immer betont, auch als Papst! - hat Ratzinger aka Benedict XVI. ein Hehl daraus gemacht, daß er voll hinter den beim 2. Vatikanum eingeleiteten Umbruch in der Kirche steht, der zu einem wahren Zusammenbruch geführt hat. 

Und als einer deren ersten klaren Früchte auch der Argentinier gesehen werden muß, der sich Papst Franziskus nennt. Ratzinger selbst hat sich nie wirklich davon distanziert, daß er selbst als einer der Konzilsteilnehmer und treibenden Kräfte damals klar progressistische Positionen vertrat. (Von denen er sich zum Teil allerdings später distanziert hat.)

Niemand hat zugehört, niemand hat es ernstgenommen, wenn der zurückgetretene Benedict XVI. wieder und wieder davon sprach, daß er eine klare Linie der Kontinuität sehe, die von ihm zu seinem Nachfolger reiche. Nie hat Benedict aka Ratzinger auch nur ein ernsthaftes Wort verlauten lassen, mit dem er dem jetzigen Papst in seinem wahren Rausch der Zerstörung in den Arm fällt, für notwendig erachtet. Im Gegenteil, wieder und wieder hat er diesen gelobt und befördert. Und umgekehrt hat sich Franziskus mit vollem Recht als in einer Linie der Kontinuität mit seinem Vorgänger gesehen und ständig erklärt. Aber niemand hat hingesehen, niemand hat genau zugehört. 

Eine Falle für die Traditionstreuen

Ähnlich verhält es sich ja mit den Päpsten zuvor, vor allem mit Johannes Paul II. In allen Päpsten seit 1962/65 hat sich eine Linie ausgedrückt, die in ständig gesteigertem Maß zu den Verwüstungen und Verwirrungen geführt hat, mit denen wir es heute zu tun haben. Und die für viele bereits ein ganz schweres Problem darstellen, wieweit die römische Kirche überhaupt noch für die wahre, katholische Lehre steht. Wieweit wir nicht vor der Situation stehen, daß die Kirche drauf und dran zu sein scheint, offen Häresien zu verkünden, wie es für viele spätestens seit Amoris Laetitia ohnehin bereits der Fall ist.

White geht deshalb einen Schritt weiter. Sie stellt die These in den Raum, daß Ratzinger aka Benedict XVI. eine simple Falle war. Die die Traditionalisten soweit beruhigen und ködern sollte, als sie den Bruch in der Tradition, der sich in der Kirche abspielt, gutmeinend übersehen sollten, weil man ihnen hier und dort ein paar wohlschmeckende Knochen hinwarf, die beim Hineinbeißen freilich hohl blieben. Aber nicht einmal das wollten viele sehen, sondern entwickelten stattdessen alle möglichen Dolchstoßlegenden, mit denen erklärt wurde, warum es nicht zu den angekündigten Re-Reformen käme, obwohl sie der deutsche Papst doch wünsche. 





Morgen Teil 2)





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