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Freitag, 23. März 2018

Die Rollen denken, nicht nur fühlen

Jeder Künstler ist ein Bote. Er kündet von den Abgründen, die er gesehen hat, die er in sich trägt. Wer keine Abgründe in sich hat sollte im Parkett bleiben. Den großen Auftrag der Schauspielkunst kann nicht erfüllen, wer sich völlig ins Geheimnis wollüstiger Verwandlung verstrickt. Das eigene Leben, die persönliche Natur des Schauspielers ist Teil seiner Wahrheit auf dem Theater. 

Es gilt also standzuhalten, der "Dämonie" der Verwandlung mit nüchterner Wachheit zu begegnen. Wach, überwach auf der Bühne zu stehen - nicht von Emotionen überspült. Die Rollen zu denken, nicht nur zu fühlen.

[Mir wurde an Josef Kainz klar daß] Pathos eine Sache der geistigen Spannung, nicht der Lautstärke ist. Weil ich junge Theaterleute erlebe, die ohne Idee vom Wesen und Geist unserer Sprache Theater spielen wollen und darüber hinaus nicht begreifen, daß Theater ohne echte Persönlichkeiten nicht möglich ist. Es gilt, starke Naturen zu erkennen und zu respektieren und von ihnen das Erlernbare anzunehmen, sonst werden die Theater leer sein, und Theater ohne Publikum ist ein Unding.



Will Quadflieg in seiner Autobiographie "Wir spielen immer"




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