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Samstag, 21. Juli 2018

Der Grund war intellektuelles Versagen aus sittlichem Versagen (1)

Wir bringen hier eine Zusammenfassung als sinngemäße Übertragung, die wie üblich da und dort Ausgangspunkt für eigene Ausführungen wurde, aber im Wesentlichen das im 5. Teil schließlich eingefügte Gespräch zwischen Camille Paglia und Jordan Peterson wiedergibt. Das nicht, weil der VdZ in allem den beiden zustimmt, ja er hat sogar sehr prinzipielle Einwände, worüber er schon gesprochen hat oder noch sprechen wird. Beide zeigen enorme Widersprüche, die auf ihre Prämissen zurückzuführen sind. Dazu ein anderes mal mehr. 

Kurz aber vorweggeschickt: Die Argumentation beider - beider! - beruht auf falschen Voraussetzungen, auf falschen Prämissen. Beide versuchen lediglich, ihren mit Recht aufgewachten gesunden Menschenverstand zu retten und zu seinem Recht zu bringen. Begründen können sie ihn aber nicht, dazu fehlt ihnen etwas Entscheidendes: Die Denkgrundlage. Beide bleiben damit Phänomenologisten. Darin freilich ist viel Richtiges.

Im großen ganzen ist das Gespräch also sehr interessant, vieles ist sehr richtig, und die beiden decken ein breites Feld ab, weshalb es eine Analyse der "Modernen Zeiten" ist. Im besonderen geht es dabei auf die Problematik Neo-Marxismus und Postmoderne ein. 

Ganz vehement wendet sich Camille Paglia gegen die Saga, daß der Postmodernismus der ursprünglichen Protestbewegung der 1960er entstamme. Sie habe selbst erlebt und oft und oft gesehen, wie gerade die intellektuell Begabtesten von LSD bzw. Drogen ausgeschaltet wurden. Die Bewegung nach den 68ern war eine Bewegung des Ausstiegs, und das hieß vor allem ein Ausstieg aus dem wissenschaftlichen Denken. 

Sie habe selbst erlebt, wie stattdessen "Hohepriester" eines neuen Denkens die Herrschaft übernahmen, und diese Denker - vor allem Franzosen wie Derrida und Foucault - waren NICHT progressiv, sie waren zutiefst reaktionär. Vor allem war diese Bewegung getragen von einer extremen Arroganz eines Überlegenheitsgefühls, in dessen Namen alle herkömmlichen Formen in Wissenschaft wie Kunst ignoriert und deshalb "überwunden" wurden. Das wurde getragen von einem fast hysterischen, in jedem Fall nur gefühlsmäßig verankerten "Wissen" um die Destruktivität, die in "Sexismus", "Rassismus" etc. verankert war, die angeblich alles zerstöre. Nun herrschte das "Gefühl".

Der Umbruch der Akademiker - Akademismus wurde zu einem Feld von Betrügern

Alle diese Leute waren BETRÜGER. Der Akademikermarkt in den 1970ern brach zusammen, aus einem Studium auszusteigen war Mode. An dessen Stelle setzte sich deshalb umso leichter institutionalisierter, intellektueller Betrug. 

Die nunmehr autorisierten neuen Leitbilder haben Theorie lediglich als Rechtfertigung mißbraucht, sie aber nie redlich betrieben. Daraus entstand eine existentiell motivierte, tiefe Verachtung gegen alles, was nach Qualität und intellektueller Kompetenz auch nur roch. Hier kann man nur simple Motive wie "Eifersucht" und "Neid" feststellen. Die Kunstkritik war getragen von Leuten, die nicht den geringsten Sinn für Kunst - Schönheit, Wahrheit, Gutheit - hatten. Es war die brutale Reaktion von Dummen - ja, von Dummen! - gegen die Gescheiten. Dafür wurden neue, völlig undefinierbare Kriterien eingeführt. "Bewußtseinserweiterung", "Kosmologisches Bewußtsein", etc. etc. 

Und genau auf dieser Welle schwammen die Modeintellektuellen der Zeit, die vor allem aus Frankreich kamen: Derrida oder Foucault. Man verstand einfach nicht mehr - und wollte nicht verstehen, und konnte mangels intellektueller Befähigung nicht verstehen - was Kunst ist. Die über Warhol entstehende "Pop-Art" zerstörte sogar die echte Avantgarde der Kunst, die immer eine leidende Schichte aus innovativem Drang gewesen ist. Und das Lustigste: Diese neue "Kunst" erklärte sich als Anti-Konventionalismus, lebte aber nur deshalb, weil die Medien sie hochdrückten! Und die Galerien, die natürlich nur aufs Geschäft schauen, taten mit. Seit fünfzig Jahren haben wir deshalb einen regelrechten Infantilismus in der Kunst. 

Getragen von einer Akademikerschicht, die man als gnadenlose Karrieristen bezeichnen muß, die auf jeder populären Welle mitschwammen, um es zu etwas zu bringen. Schlimmster Bürokratismus zog ein! Nach oben kam, wer gut mit Behörden umgehen konnte. Eine ganze Generation wurde korrumpiert.

Die Post-68er waren eine einzige Bewegung der Konventionalität! All der Protest gegen die Regierung etc. war eine verabscheuenswürdige Inszenierung zutiefst konventioneller Defraudanten.

Gleichzeitig kam die Ausbeutung der Studenten durch die enormen Studiengebühren. Die scheinbar aber niemanden störten! Mit dem Geld sank hingegen die Qualitätskontrolle. Und jeder Absolvent verließ die Universität mit exorbitanten Schulden. Die Umstellung der Methode, in der sich nun jeder Student "frei" wählen konnte, was er denn an Vorlesungen besuche, ohne jede Führung, ohne jede Anleitung, führte zu einer Illusion von Freiheit und Wissen. Niemand kümmerte sich nun noch darum, vor allem durch ein Teilstudium erst einmal die Basis fürs Denken zu schaffen. Und die Lehrenden entschlugen sich nun jeder Verantwortung für Erkenntnis an sich, sie hatten ja nur ihre beschränkten Teilgebiete zu "lehren". Was damit geschah, war nicht mehr ihre Verantwortung.

Tja, plötzlich sah niemand mehr Zusammenhänge, große Sinnkonstrukte. Damit verlor jede Gesamtorientierung ihren Sinn, ihre Autorität. Alles wurde damit relativ. Die großen Erzählungen (die eigentlich das Grundmaterial jeder Wissenschaft sein müßten, jede Forschung ist eigentlich eine Variation dieser Grunderzählung; Anm.) gab es nicht mehr.

Es war nicht Intellektuallität. Es war Emotionalität, die sich als Intellektualität tarnte.

Der Neo-Marxismus, der damals aufbrach, war keine intellektuelle Bewegung, sagt Paglia. Er war eine "Attitüde". Eine Solidaritätsgeste mit Schichten und Lebenswirklichkeiten, die niemand der Proponenten des Marxismus auch nur annähernd kannte. Gerade die Neo-Marxisten zeichneten sich durch besondere Arroganz etwa gegenüber dem Betriebspersonal der Universitäten aus, denen sie sich natürlich völlig überlegen fühlten. Sie waren die neue Aristokratie! Dabei, so Paglia, hat sie erlebt, daß diese neue Studentengeneration von nichts eine Ahnung hatte, sie war nicht in der Lage zu begreifen, daß die Geschichte VOR ihrer Zeit existiert! 

Sie sahen und sehen alles aus der Perspektive der Gegenwart. Deshalb kann ihnen Geschichte nichts mehr erzählen. Sie sind also in Wahrheit ganz schlecht ausgebildet! Und halten sich aber, weil das Vergangene total relativiert wird, für überlegen. Wie will man aber klassische, europäische Kultur (und deren Gegenwart; Anm.) verstehen, wenn man keine Ahnung von ihrer Genese hat? Die gegenwärtige Generation ist extrem ignorant! Sie bemerkt nicht einmal, daß das, was sie als große Neuentdeckungen feiert, jedem Menschen mit Erfahrung absolut lächerlich vorkommen muß, weil das doch längst klar war! Die Ignoranz der gegenwärtigen Studenten ist extem! Sie haben auch so gut wie nichts gelesen, sie kennen einfach nichts, und schon gar kennen sie nicht die Quellen. Wie aber soll man da "denken"?

Foucault oder Derrida sind niemals Forscher gewesen. Sie haben einfach nur das, was sie gelesen haben -  wenn sie es denn gelesen haben - einfach wiederverwertet, und darauf ihre "neuen" Ideen aufgebaut. Ihren ganzen Theorien fehlt deshalb die Realität. Sie haben sie ignoriert.


Morgen Teil 2)



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