Teil 2)
Also zeichnen sich unsere Demokratien
mit ihrem Konzept der Trennung von Staat und Religion (an dem sie
über kurz oder lang selbst zerbrechen) vor allem dadurch aus, daß
sie im Laufe einer gewissen Dauer (Zeit) zunehmend angefüllter
werden mit solchen Ersatzkonzepten, die in ihrer Tiefe (als
Beziehungsspannung) das jedem Menschen ureigenste Religiöse erkennen
lassen. Im wahrsten Sinne entsteht eine Ersatzreligion nach der
anderen. Mit allen denselben Kennzeichen, die Religionen haben: Sie
verlangen nach Absolutheit. Denn erst in der Absolutheit läßt sich
Legitimität und damit auch Spannungslösung (Vergebung; Lösung von
Schuld; Belohnung etc.) erreichen.
Und zu einem dieser Argumente, die die
Absolutheit belegen sollen, gehört - die Ratio. Die ohne historische
Aufklärung also gar nicht begreifbar ist, die ja die Ratio sogar
dezidiert zur Göttin (zum absoluten Gott) erhob. Worin sie ja ein
tief katholisches Grundkonzept aufgriff, aber verweltlichte (welche
Arbeit dann Hegel quasi "kongenial" vollendete.)
Die Konzepte geraten also in einen
Wettstreit um den Primat in der Hierarchie. Sie stehen in einem
solchen Wettstreit. Sie müssen den Menschen Legitimität liefern
können. Und sie müssen dem Staat Legitimität verschaffen, denn
niemand nimmt einen Staat (als höchste Form menschlich-kultureller
Organizität) ernst, der nicht aus dem Absoluten schöpft.
Genau damit haben wir es heute zu tun.
Es sind alles Folgen der Auflösung der Autoritätsstellung der
Kirche, aber noch mehr: Folgen der Auflösung des Kultes in ihr als
Quelle des Gottesbildes und damit der Formung jedes, wirklich jedes
menschlichen Verhaltens und Handelns.
Und damit greifen wir in die Innereien
von fast allem, was unser Leben seit Jahrhunderten mehr und mehr
bestimmt weil bestimmen will. Es stellt sich uns als die Paradigmen
der Gegenwart in vielfacher Form dar. Beginnend bei den ökologischen
Katastrophen, deren wir angeblich angesichtig werden, die sich aus
Irrationalem begründen, oder das genaue Gegenteil in der
"Wissenschaftlichkeit" behaupten. Beide Bewegungen gehören
zusammen, sie sind lediglich andere Weisen, auf das Absolute als
Legitimitätsquelle zurückzugreifen. Oder man denke an die Konzepte
des Zusammenlebens, die Atomisierung der Individuen, die angeblichen
Freiheitsansprüche des Gendering, der LBGT, die Konzepte des
Multikulturellen, der beliebigen Menschheitsvermischung, der
Migration, der Globalpolitik ... Wer einmal in Ruhe anblickt, was uns
heute umgibt, wird überall exakt dieselben Strukturen entdecken.
Die sogar mit derselben
Grundkonstellation arbeiten wie es die katholische Kirche tut: Dem
Konzept, daß ein Verfehlen gegen diese Grundhaltungen einen Fall in
die Hölle (Vernichtung) bewirkt. Alle heutigen Konzepte, ja alle
Konzepte des Umgangs mit der Wirklichkeit müßte man da sagen, haben
also einen Part, den die "Hölle" übernimmt. Alle. Ebenso
wie alle Vergebensriten haben. Oder Schuld erkennen lassen (wollen).
Weil es nur ein Konzept gibt (bzw.
gäbe), das auch wirklich in der natürlichen Wirklichkeitsrezeption
verankert wäre - das ist das des inkarnierten Gottes, das ist die
Katholische Kirche. (Umso schlimmer also das Versagen, wenn sich
diese Religion ihrer selbst begibt und ebenfalls diesen Quellen
beitritt, sich diesen unterstellt.)
Lassen wir diesen Gedanken nun einmal
so stehen. Denn spätestens jetzt ist der Moment gekommen, an ein
Konzept heranzugehen, das den sogenannten freiheitlich verfaßten
Demokratien (des Westens) gemein ist - es ist das der
Religionsfreiheit. Es geht davon aus, daß ein "friedliches
Beisammenleben" mehrerer Religionen möglich ist, wenn man die
Religion aus dem öffentlichen Raum fernhält. Weil es andererseits
anerkennt, daß Religion ein menschliches Grundbedürfnis ist, dem zu
entsprechen ist. Weil zum Grundkonzept dieser
staatlichen/gesellschaftlichen Verfaßtheit das individuelle Wohl
zählt. Gemeinwohl wird damit soweit abstrahiert, als es von der
Religion getrennt wird.
Morgen Teil 3)
*100618*