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Donnerstag, 12. Juli 2018

Ein Ereignis des Nominalismus (2)

Teil 2)




Diese Entwicklung ist in der Geschichte bereits seit dem späteren Mittelalter zu beobachten. Auch hier begann es erst mit dem 11., 12. Jahrhundert, daß man Texte als Wirklichkeit für sich zu sehen begann. Plötzlich tauchen überall Urkunden auf, zum Beispiel, die Realitäten (Herrschaftsansprüche, Besitzverhältnisse etc.) "begründen". Das war zuvor undenkbar! Ohne Tradition, ohne persönlichen Hintergrund war ein Text wertlos, der konnte nie mehr sein als Erinnerung, als Markierung von darüber hinausgehenden Realitäten.

Mit diesem Schritt der Trennung dieser Kommunikationsmomente aber wurde die Kirche in die Medienwelt hinein aufgebrochen, und ihre Aussagen wurden auf dieselbe Ebene eines bloßen Textes gestellt. Erst damit wurde sie offen für Propaganda und mediale Manipulation. Damit wird zugleich aber auch die Rolle von Medien als Werkzeuge politisch-ideologischer Interessensgruppen deutlich relativiert. Denn das eine gründet im anderen, im Nominalismus eben, diese Prozesse lassen sich nicht voneinander trennen.

Aber damit wurde eine ganz neue Entwicklung ausgelöst. Das weitreichendste Beispiel war das neue Meßbuch, der NOVO ORDO MISSAE, der NACH dem Konzil (unter der Federführung von Kardinal Bugnini) ausgearbeitet wurde. Und das ist auch schon das größte Problem des NOVO ORDO: Er entstammt NICHT der Autorität des Konzils, wie dann behauptet wurde. Denn er hätte nur INNERHALB DES KONZILS beschlossen werden können. Einfach eine "Kommission" zu beauftragen, die dieses Heiligste der Kirche festlegt, ist IN SICH UNMÖGLICH. Und wir sprechen hier von einem dogmatischen Faktum, nicht von einem "technischen Detail". Im Gegenteil, wurde ja am Konzil selbst FESTGELEGT, daß DIE LITURGIE NICHT GEÄNDERT WIRD (sieht man von kleinen Änderungen ab.)

Eine neue Liturgie festzusetzen war also nicht einfach ein Akt des Ungehorsams, es war ein DOGMATISCH UNMÖGLICHER AKT. Das neue Missale der Kirche war NICHT Teil des Zweiten Vatikanums, es ist nachher entstanden. Und DAS war der Akt, der die Spiritualität der römischen Kirche völlig, und zwar wirklich völlig zerstörte! Denn damit hat man die Spiritualität sämtlicher Gläubigen der Welt verändert. Denn die Liturgie ist der eigentliche, ja der einzige Akt, AUS DEM HERAUS dann auch das intellektuelle Leben der Menschen geformt wird. Ist die Liturgie aber - wie geschehen - gar nicht aus dem innersten Herz der Kirche entstanden, öffnet man sie bzw. öffnet sich ohne jeden Zweifel für das Wirken des Antichristen, des Teufels. 

Denn dem ist es immer nur um die Liturgie gegangen, sie ist das Herz der Kirche, und damit der Kultur. Es ist die Liturgie, die den Willen, die Ausrichtung der Menschen formt, ohne langen intellektuellen Disput (Gnosis), der für die allermeisten, ja eigentlich für alle ohnehin gar nicht bewältigbar ist, denn Gott ist unendlich. Und die Liturgie ist göttlichen Ursprungs! Sie ist damit ein in seiner Umfänglichkeit gar nie auslotbares Mysterium des Geistes, deshalb kann sie nur über Tradition und als Gestalt weitergegeben, niemals durch intellektuelle Leistung "erdacht" werden.

Der Geist des Westens wurde also mit der Zerschlagung des traditionellen Ritus definitiv zerstört. Deshalb muß das Zweite Vatikanum als Teil eines globalen westlichen Bestrebens gesehen werden, die Grundlagen unserer Kultur zu zerstören. Und dazu mußte man die Quelle dieser Kultur - die Liturgie der Hl. Messe - im Mark treffen. (Wie gesagt: diese Veränderung kann man nicht durch die "Änderung" einzelner Vorgänge erfassen, sie geht, wie oben dargestellt wurde, viel viel tiefer! Sie ist eine Frage des Zugangs zu Gestalt und Inhalt überhaupt!) Und über die Liturgie hat man auch die Weltanschauung des Westens ins Mark getroffen. 

Was dann in den 1968ern (die als "Bewegung" eine Orchestrierung des CIA war; daß er LSD gezielt als Waffe der Auflösung einsetzte, ist mittlerweile von niemandem bestritten) passierte - Auflösung der Autoritäten, Rebellion (in der Liturgie der Musik als realer Quelle), Drogen, sexuelle Befreiung etc. - ist nur als integraler Bestandteil dieser Gesamtbewegung zu sehen, meint Florian Geyer weiter. Man hat gewissermaßen den "Generator unserer Kultur" desintegriert. Desintegriert ist das Stichwort für die Auflösung der sozialen Gestalt der Gesellschaften. Wie die jungen Generationen, die von ihren Eltern isoliert, aus den Familien desintegriert wurden.

Im Zweiten Vatikanum hat man genau dasselbe gemacht. Sein Endresultat war die Desintegration der Tradition. Es war die Auflösung von echtem Gold in Quecksilber (also in Bestandteile, in chemische Elemente), um es im Terminus der Alchemie auszudrücken. Und als einzelne Elemente wurde es dann der Herrschaft des "Hexenmeisters" unterworfen. (Und tatsächlich ist es bis heute ein oft gehörtes Argument, daß die Einzelteile der Liturgie des NOM ja alle noch da wären.) 

In allen anderen Bereichen unserer Kultur erleben wir heute genau dasselbe: Auflösung aller traditionellen Gestalten in seine "chemischen Elemente". Die Folge ist die Auflösung eines in der Natur verankerten Moralgesetze zugunsten neuer, technisch definierter Moralgesetze, die aber eiderdautz eine völlig neue Moral ergeben. Deshalb geht auch die Argumentation der meisten Kritiker des Zweiten Vatikanums an der eigentlichen Sache völlig vorbei! Sie setzen sich mit Einzelaussagen, mit Textinterpretationen auseinander und sehen nicht, daß das Wesentliche durch die Veränderung der Sprache, durch eine neue Art der Kommunikation geschehen ist.

In der Liturgie - sei es in der des Johannes Chrysostomus wie die Orthodoxie, oder in der des tridentinischen Ritus wie bei den Katholiken - ist einfach alles Symbol und Träger symbolischer Information. Alles. Jede Geste, die Architektur, die Ikonographie, einfach alles gibt "Information" weiter, ist Sprache, ist Kommunikation, ist "Formierung". Alles ist mit Bedeutung und Sinn aufgeladen, und alles verweist über sich hinaus ins Transzendente, ins Ewige, in den Himmel. Die Liturgie ist ein Fenster in den Himmel, der sich hier mit der Erde verbindet! 

Deshalb ist die Liturgie die Manifestation der Herrschaft und des Königtums von Jesus Christus, die damit irdische Realität werden, als Reich Gottes auf Erden (Kirche). Damit gibt die Liturgie auch die Form und die Gnade, die alltäglichsten, kleinsten Verrichtungen - draußen, im Alltagsleben - zu bewältigen. Und zwar sub auspicii aeternitatis, also in einer immanenten Ausrichtung auf das Ewige hin. Damit kann, ja damit muß man sagen, daß die Religion eben die Kultur trägt und formt. So wird die ganze Erde, in der Bearbeitung durch den Menschen, der von der Liturgie geformt ist, in der Kultur ins Reich Gottes hineingezogen.


Morgen Teil 3)





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