Teil 3)
Warum muß dann Kunst erzählen? Sie sprechen ja selber von Bildern?
Weil sich Erkenntnis aus der
Bewegung ablöst, aus der Minimalspannung der zeitlichen
Abstände. Aus der Dauer wird das Wirken eines Dings und damit
seine Eigenschaft ablesbar. Bewegung ist also in erster Linie als
Selbstvollzug in der Beziehung zum vorhandenen Wirkenden zu
verstehen. Somit sind wir bei den Kriterien der gestalthaften
Erkennbarkeit und damit Identifikationsmöglichkeit. Wo diese
fehlt haben wir es nicht mit Kunst, sondern mit Unsinn zu tun.
Natürlich setzt dies eine Weltsicht voraus, die den Dingen
ein im Prinzip unveränderliches Wesen unterlegt, das nach
Entelechie drängt, sowie einen prinzipiell freien
menschlichen Willen - daraus ergibt sich ja Handlung und Drama.
Sie lehnen also abstrakte Kunst
ab?
Ich lehne gar keine Kunst ab -
entweder ist sie Kunst oder nicht. Und ich bin auch gegen platt
abbildenden Naturalismus, der auch nicht Kunst ist. Vieles, das
uns als Kunst verkauft worden ist, ist gar keine, das ist das
Problem. Damit hat man der Kunst und ihrer gesellschaftlichen
Rolle sehr geschadet. Kunst bemißt sich nach dem, was sie
darstellt und dem, wie sie es vermag. Sie ist in gewisser Weise
kein Ding an sich, an dem sich experimentieren ließe, also
blanker Formalismus. Sie wird auch dort nicht zur Kunst, wo sie
Ideologien einbringt, Interpretationen also, die von einer
Sollensidee ausgehend die Wirklichkeit dahingehend interpretieren.
Ohne Wahrheit ist Kunst nicht denkbar, und Wahrheit ist das
einzige, das sich nur aussagen, aber jederzeit verifizieren läßt,
an die nicht auf irgendeine fideistische Weise geglaubt werden muß
und die der Alltagserfahrung widerspricht.
Sie kann die
Einzelerfahrung bei weitem übersteigen, insoferne den
Betrachter erweitern, und gute Kunst tut das auch, aber der sens
ratio nicht in strengem Sinne widersprechen. Wo Kunst ihre
Erkennbarkeit grundsätzlich verliert, da hat sie sich selbst
verloren. So gesehen sind unsere Museen voll mit Dekorstücken.
Viele der heutigen Künstler oder die sich für solche
ausgeben spekulieren mit dem Effekt des Unbekannten, lediglich
Interessanten - das grundsätzlich ja nicht zu beurteilen ist.
Und so mancher kommt einem böswilligen Betrüger schon
recht nahe: Sie täuschen Welt vor. Aber wie ich schon sagte:
Der Künstler muß in sich das Prinzip der Welt tragen,
also Wahrheit, und nur insofern ist er auch wahr in seinem Werk.
Wenn Experiment, dann hat es seine Notwendigkeit nur in Bezug auf
das Ringen um immer bessere und zeitlichere Darstellung dessen,
worauf er sich bezieht. Jeder muß seinen eigenen Ausdruck
finden. Wahrheit ist universal, ihre Ausformung aber ist
individuell und ihre Gestalt hat eine Zeitkomponente. Das macht
Kunst prinzipiell unerschöpflich.
Also wird doch Neues?
"Neues" wird im Sinne von
"Weiterwerden" in der Vervollkommnung von Eigenschaften,
diese Sehnsucht als Sehnsucht nach Teilhabe an Gott, also nach
Ewigkeit liegt im Menschen und in allem Lebendigen. So verstanden
kann man von "neu" sprechen, es wird ja tatsächlich
etwas geschaffen. Die Phantasie ist dabei nicht das entscheidende,
sie ist leer, keine Kraft zur "creatio ex nihilo". Ihre
Gegenstände sind entscheidend, und die sind der Welt des
Bekannten entnommen, die die Phantasie je nach Herzenskräften
neu zusammenstellen oder auseinandernehmen.
Man verwechselt heute vielfach Kreativität mit Formlosigkeit, Uferlosigkeit, Konturlosigkeit, die eher hysterisch denn kreativ zu nennen ist. Alles "Neue" sieht nur so aus, als wäre es neu - es ist Bekanntes, das lediglich in einem Zusammenhang geordnet ist, der bisher nicht so auftrat, aber wirklich schon vorhanden und erfahrbar war und sich nun in eine Gegenwart hinein gestaltet. Selbst in der Technik können Sie das beobachten: Der Mensch schafft "neu", was in ihm schon vorhanden ist, nach seinem Abbild, sonst kann man nicht von Schaffen, sondern muß von Zufall sprechen. Was "neu" ist, muß eben "etwas sein", eine Frage, die ja bei der Konsumation vieler heutiger Kunstwerke eine große Rolle spielt. Wobei ich die Verfremdung hier ausklammern will - denn es wird etwas oft erst sichtbar, wenn es fehlt.
Man verwechselt heute vielfach Kreativität mit Formlosigkeit, Uferlosigkeit, Konturlosigkeit, die eher hysterisch denn kreativ zu nennen ist. Alles "Neue" sieht nur so aus, als wäre es neu - es ist Bekanntes, das lediglich in einem Zusammenhang geordnet ist, der bisher nicht so auftrat, aber wirklich schon vorhanden und erfahrbar war und sich nun in eine Gegenwart hinein gestaltet. Selbst in der Technik können Sie das beobachten: Der Mensch schafft "neu", was in ihm schon vorhanden ist, nach seinem Abbild, sonst kann man nicht von Schaffen, sondern muß von Zufall sprechen. Was "neu" ist, muß eben "etwas sein", eine Frage, die ja bei der Konsumation vieler heutiger Kunstwerke eine große Rolle spielt. Wobei ich die Verfremdung hier ausklammern will - denn es wird etwas oft erst sichtbar, wenn es fehlt.
Morgen Teil 4)
*130618*