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Mittwoch, 11. Juli 2018

Ein Ereignis des Nominalismus (1)

Das Entscheidende, sagt Florian Geyer in diesem (unten angefügten, längeren) Radiogespräch aus den USA, das beim Zweiten Vatikanum passiert ist, ist nicht, daß sich irgendeine Lehre explizit geändert hätte. Solche Aussagen hat dieses ökumenische (also: katholische, allumfassende) Konzil tunlichst vermieden. Es ist außerdem zwar richtig, daß seine Rezeption maßgeblich von politischen Einflußgruppen gesteuert wurde, es ist richtig, daß hier besonders in den USA massive Einflußnahme über CIA und jüdische Einrichtungen (im übrigen auch über den Mossad) stattfand, die die Medien in den Händen hatten und so Stück für Stück die katholische Kirche der "amerikanischen Proposition", also dem "Amerika zuerst" (und über der Kirche) unterwarf. Aber dennoch muß man dieses Konzil in einem geistigen Strom sehen, der sich bereits lange zuvor aufgebaut hat und der nun die Kirche überschwemmt und durchdrungen hat - die Rede ist vom Modernismus, vom Nominalismus.

Natürlich ist Geyer orthodoxer Theologe, wenn auch mit katholischem Hintergrund. Das zeigt sich unter anderem in der Sichtweise eines Konzils, in dem er die (orthodoxe) Auffassung vertritt, daß es nur durch die Gemeinschaft der Bischöfe (also "konziliarisch") unfehlbar wird, nicht durch den Papst (wie die katholische Doktrin sagt, die zwar das "depositum fidei" kennt, das sich in der Kirche als Ganzes erhält, aber die Letztentscheidung im Bischof von Rom verankert.) 

Doch gerade als "Stimme von außen" wird das Gespräch interessanter - ja es ist hoch interessant - als so viele Analysen dieses beispiellosen Niedergangs, den die Kirche weltweit seither erlebt hat, die uns allen ja allzu bekannt sind. Und in den ersten Minuten des Gesprächs in etlichen erschütternden Zahlen deutlich gemacht wird. So sagt er, daß in seinen Augen der derzeitige Papst Franziskus gar nicht an die Wahrheit des Zweiten Vatikanums glaubt, anders als noch seine Vorgänger, besonders dabei Benedict XVI.

Wobei - Änderungen gäbe es schon. So in der seltsamen Lehre, daß Staat und Kirche "getrennt seien". Dazu unten mehr. Aber das Konzil hat in erster Linie auf eine andere Weise alles verändert als durch offizielle Änderung einer Doktrine - es hat durch seine Sprache alles verändert. Dieses Konzil hat kein Dogma formuliert, oder Irrtümer anathematisiert. Es war anders als alle früheren Konzile ein Sprachereignis. Und zwar von der Lehre ausgehend über die Liturgie bis zum Wesen ihrer Heiligkeit und Spiritualität. Alles das wurde zerstört.  

Die Kirche hat ihre gesamte Art sich mitzuteilen verändert. Und ÜBER DIESE NEUE SPRACHE hat sie ihre Lehre geändert. Sie hat darin die "Herrschaft der Verkündigung" aufgegeben. Diese ist aber Voraussetzung jeder Verkündigung, weil die Dominanz, die Autorität des Verkünders jeder Glaubensmitteilung vorausgehen muß.

Geyer spricht damit den entscheidenden Punkt an, das ist keine Frage. Denn seither wird über Glaube und Lehre "diskutiert", als wäre alles ein rationales, quasi dialektisches oder disputorisches Aufrechnen von Argumenten. Wirkliche Mitteilung aber - und das muß und kann die Kirche, wie jede Autorität - geht davon aus, daß die eine Seite sich nach der anderen, der "höheren", ausstrecken muß. Nur so kann der überlegene Inhalt (und das ist bei der Kirche und ihrer Tradition auf jeden Fall Tatsache) vom Verstehen-Wollenden nach und nach begriffen werden, kann also ein Inhalt seine Wirkkraft im Übernehmenden entfalten. 

Hier geht es nicht um eine "moderatere Art", in der jeder Inhalt derselbe bleibt, sondern die Art der Vermittlung, die Art der Kommunikation bestimmt immer bereits auch die Inhalte, und sei es über die Stellung von Aussagen im seelisch-geistigen Gefüge der Hörenden. Geyer verwendet deshalb sehr zutreffend das Wort "Alchemie" - Erkenntnis, Übergang von Inhalten als technisches Ereignis (im Rationalismus), nicht als eines des Sittlichen hier, der Gnade aber vor allem dort. Denn Begriffe, Inhalte sind mehr als ihre rational reduktiven Hüllen, sie sind Wirkeinheiten weil Wirklichkeiten. 

Das bestreitet ja der Nominalismus. Damit aber wird Verkündigung tatsächlich zum bloß rationalen Vorgang einer Rechenmaschine. Nur - so funktioniert das nicht! So funktioniert überhaupt keine Kommunikation, auch nicht unter rationalistischen Bedingungen, das ist ein Irrtum. Sprache ist vom Sprechenden und dem persönlichen Bezug und Verhältnis zum Hörenden NIEMALS ZU TRENNEN.

Das zeigt sich in unseren Tagen noch deutlicher als damals, wo auch der VdZ die Kirche als sich in einem Klima der Interpretation auflösend erfahren hat. Weil die Texte als Wirklichkeit für sich genommen wurden. Aber Sprache kann immer nur verstanden werden, wenn man Interpretation (die im Sprechenden lebendig bzw. als depositum gewissermaßen vorhanden ist) und nomineller Text IN EINEM sieht. Deshalb kann eine Doktrin, eine Lehraussage gar nie von der Gemeinschaft der Bischöfe und ihrer Interpretation gesehen werden, beides fällt zusammen! Man muß also einen Text nehmen, und um ihn zu verstehen muß man die Interpretation des Sprechenden (Schreibenden) ebenso mitsehen und mithören. Sonst kann gar nichts anderes als Mißverständnis (und zahllose Interpretationsvarianten) entstehen.

Morgen Teil 2)






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