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Donnerstag, 20. Juni 2019

Der Stoff, aus dem Wohlstand entsteht

Dieses Internet-Interview mit E. Michael Jones ist aus einem bestimmten Grund hörenswert. Über die nun doch immer wieder repetierten Gesamtsichten, wenn Jones sie auch merklich ständig noch konziser, noch präziser macht, Zusammenhänge immer noch besser darzustellen vermag. Und dazu ist auch das "Sprechen unter Anforderung" wie bei solchen Anlässen ein wichtiges Medium: Alles Tun ist ja zuerst und vor allem ein Selbstgewahrwerden, und damit ein ständiges Herausarbeiten des hinter dem Sprechen stehenden logos, also ein ständiges Verbessern des Wahrheitsgrades der Darstellung.

Aber in diesem Gespräch geht Jones ganz speziell auf die Situation der Bevölkerungen in Afrika ein. Gerade zurück von einem längeren Keniaaufenthalt weist er nämlich auf ein Problem hin, das hierzulande noch völlig unrezipiert geblieben ist. Und das eine Folge einer weiteren "Weltrettungsaktion" der globalisierten Gesellschaft ist, wo vermeintliche Hilfe und Gutheit ins Gegenteil umschlägt. Also das Problem, das zu bekämpfen sie vorgibt, in Wahrheit noch schlimmer macht. Die Rede ist - von der Textilwirtschaft, im Konkreten von der Altkleiderverwertung.

Natürlich ist jeder hier bei uns der Meinung, er würde etwas Gutes tun, wenn er seine Altkleider in die landauf landab bereitstehenden Sammelcontainer schmeißt. Daß er damit aber die volkswirtschaftlichen Strukturen und damit die Armut in Afrika dramatisch erhöht, ist noch nicht ins Bewußtsein vorgedrungen. Gerade in Afrika, wohin diese Kleider größtenteils gelangen, und zwar durch Handelsunternehmen, denn auch die Caritas liefert die alten Hosen und Hemden und Kleider nicht direkt nach Kenia oder Tanzania, sondern verkauft sie an Unternehmen, die das als Geschäftszweig betreiben.

Aber was passiert dort? Jones nennt Roß und Reiter. Die Altkleider, die in Afrika aus der ganzen Welt in gigantischen Mengen einlangen und billig auf die Märkte kommen, haben dort mittlerweile einen so hohen Stellenwert am Markt, daß sie die heimische Produktion von Textilien vollkommen ausgelöscht haben. Nicht nur das, auch die Landwirtschaft, der Anbau von Baumwolle oder sonstigen Textilwertstoffen ist nahezu zum Erliegen gekommen.

Nun ist es historisch (hier haben wir bereits über diese Auffälligkeit berichtet) so, daß jeder Wohlstand, und zwar weltweit, seit je (seit je!) bei einem bestimmten Gewerbe anfing - der Herstellung von Stoffen und deren Verarbeitung. Kein reiches Haus, kein Wohlstand, der NICHT bei Textilien begann. Sogar jedes historische Bankhaus, jede Kapitalakkumulation verdankt seine Entstehung den Textilien. Ob Italien, entlang, Deutschland, Frankreich ... - überall beruht der Wohlstand, der auch überall im Mittelalter entstand, auf der Textilbranche. Die Probleme begannen erst und überall dort, wo diese Branche anfing, sich international zu organisieren, sich "globalisierte".

In dem Moment, wo die Stoff- und Kleiderproduktion nicht mehr in einem mehr oder weniger geschlossenen Kreislauf auch sozialer Art ablief, in dem Moment, wo überregionale Faktoren ins Spiel kamen, begann das reine Gewinninteresse Überhand zu nehmen, und einige wenige begannen, die Arbeiter auszubeuten.

Die Löhne sanken, die Preise sanken, Armut zog in ehedem prosperierende Landschaften und funktionierende soziale Gemeinschaften ein. Nur das immer abstrakter gewordene Geld, das Kapital einiger weniger profitierte, die sozial entwurzelt Faktoren in ihr Rechenspiel einbeziehen konnten, die dem normalen Arbeiter nicht offenstehen. (Und das ist im übrigen auch gar nicht sinnvoll oder erstrebenswert.)

Wo immer Internationalisierung nicht als Ergänzung begriffen wird, wo überregional Dinge, Waren, Dienstleistungen vermarktet werden, die der heimische Markt, die heimische Arbeitskraft, die heimische Wirtschaft nicht selbst erbringen kann, beginnt sie, Volkswirtschaften sozial zu devastieren. Auch bei internationalem Wirtschaftsaustausch muß also die Politik streng nach dem Prinzip der Subsidiarität vorgehen! Und das ist eine Aufgabe der (Staats-)Politik. Von außen darf nur kommen, was im eigenen Land gebraucht, aber nicht selbst erbracht werden kann, und hinaus darf nur gehen, was hier nicht (mehr), aber woanders gebraucht und nicht selbst erbracht werden kann. Volkswirtschaften können also nur soweit internationalisiert, globalisiert werden, als sie komplementär sind! Und zwar komplementär nicht nach Kriterien der Geldrechnung, sondern nach Dingen, und das heißt wiederum: Nach Arbeit! 

Nicht nach Preisen, nicht nach "Kostenvorteilen". Die im übrigen ohnehin immer eine Lüge der Kostenunwahrheit eines reduktiven Blicks sind. Denn die Kostenvorteile, die hiesige internationale Firmen behaupten gehen immer zu Lasten der Allgemeinheit, und sind staatliches Sponsoring privater Gewinninteressen.

Das ist ein Europa, ja auf der ganzen Welt ganz offensichtlich und in der Geschichte zu beobachten. Genau das ist jüngst sogar bei China so gewesen. Das mit Billigtextilien den Weltmarkt eroberte, und von dort ausgehend seine innere Wohlstands- und Wirtschaftssituation zu verbessern begann. Die Stoff- und Textilbranche ist für jede Volkswirtschaft der erste Grundstein.

Afrika ist also nicht so arm, daß man es mit Textilien aufpäppeln müßte. Sondern Afrika WIRD arm, WEIL es keine eigene Textilwirtschaft mehr hat. Diese wurde durch die Altkleider aus dem Westen völlig ausgelöscht. Damit fehlt den Afrikanern das, was einzig (!) Wert, Einkommen und Auskommen generieren könnte: Arbeit, Nachfrage, Bedarf, Produktion. Ein Rattenschwanz an weiteren Problemen hängt daran, der bis hin zur Notwendigkeit geht, billige Importnahrungsmittel zu kaufen, die in einem nächsten Schritt die afrikanische Nahrungsmittelproduktion an den Rand der Existenz gebracht hat. Mit dem nächsten Gutmenschenschild, das sich manche umhängen: Die darauf hinweisen, daß die Afrikaner sich kein Fleisch, keine Zwiebel leisten könnten, gäbe es nicht die billigen Importprodukte aus dem Westen.

Textilien und alles, was damit zusammenhängt, sind für jede Gesellschaft, für jede Kultur der Grundstein seines Wohlstands. Das war immer so, und das trifft heute nicht weniger zu. Und nur innerhalb eines geschlossenen Systems, also innerhalb einer durch gewisse Regelungen geschützten Binnenmarktes, kann sich daraus auch ein gerechtes Lohnsystem entwickeln. In dem Löhne, Nachfrage- und Angebotspreise mehr oder weniger harmonisch eine Waage zu halten beginnen.

Denn anders als vielfach behauptet, wendet sich in diesem System der Globalisierung der Textilbranche das Schicksal längst gegen die ursprünglich vermeinten Vorteile, die es etwa für Länder wie Indien, Pakistan, Bangladesch hat, wenn dort Millionen von Arbeitern (darunter Frauen und Kinder) hatte. Nach dem Motto "Besser geringer Lohn, als keiner" hat man dort ja, so wird gerne behauptet, für Millionen Menschen Arbeit und Brot geschaffen. Daß das so nicht stimmt erweist sich immer mehr. Selbst in diesen Ländern besteht schon ein gewaltiger Lohndruck, und wer seine Arbeit billiger anbietet erhält sie auch. In Indien fallen die Reallöhne bereits. Sodaß auch dort die Arbeiter (und das sind oftmals Frauen, wenn nicht Kinder, die beiden ersten Mittel billiger Konkurrenzierung der Männer, die prinzipiell die Zerstörung der Familien nach sich zieht) von ihren in der Textilindustrie erarbeiteten Löhnen gar nicht mehr leben können.

Mit mancher absurden Groteske in diesem Spiel. Jones erwähnt etwa die feministische Bewegung in den USA, die mit T-Shirts herumläuft, auf denen in Aufdrucken "Womans liberty" oder "Equal Payment" gefordert wird, und die im Shop um 39 Dollar gekauft wurden. Die von einer pakistanischen Frau mit einem Stundenlohn von 49 Cent genäht wurden. Die gesamte Wertschöpfung dazwischen liegt in den Händen der Handelskonzerne und Industriebetriebe. Wem also dient diese Globalisierung? Den Indern? Den Afrikanern? Die so wenig Einkommen haben, daß sie die billigen Altkleider kaufen oder als "Liebesgaben" annehmen müssen, die - eiderdautz - oft sogar von ihnen selbst hergestellt worden sind.

Aus diesem Grund hat Jones gemeinsam mit einigen seiner afrikanischen Gesprächspartner begonnen ein Projekt zu entwickeln, das das Ziel verfolgt, den afrikanischen Ländern (beginnend mit Kenia und Tansania) die Stoff- und Textilproduktion wieder zurückzuholen. Und zwar beginnend mit einem heimischen (und notwendig geschützten) Markt, wo es Nachfrage, Boden für den Anbau von Baumwolle etc., und ausreichend Arbeitskraft gibt. Alles das liegt derzeit brach. Als eine erste Stufe, um die Armut breiter Bevölkerungsschichten effektiv zu bekämpfen, die eben aus der Arbeitslosigkeit kommt. Denn nur Arbeit ist die Basis für die einzigen wirklichen Wert, die erste und einzige Einnahmequelle, die der Mensch zu schaffen in der Lage ist, um sein Leben dann in Würde zu bestreiten.

Der Leser möge sich aber noch seine eigenen Gedanken darüber machen, ob die Tatsache, daß es in Europa mittlerweile so gut wie KEINE Textilindustrie mehr gibt, nicht Auswirkungen auf uns hat, deren Dimension noch niemandem aufgefallen zu sein scheint. Weil wir uns mit vielen monetären Tricks (und stumpfsinniger Statistik) vormachen, daß ein Wohlstand vorhanden wäre, der wohl Geld braucht, aber keinen realen Wert mehr, der dieses Geld decken (also erst zu Geld machen) könnte. Wo mittlerweile allen Ernstes sogar Theorien die Runde elitärer "Denker" machen die "beweisen", daß es gar keine realen Werte braucht - daß sich Volkswirtschaften durch unbegrenztes Schuldenmachen und Gelddrucken wie in einem perpetuum mobile erhalten können.





Und an diese Ausführungen, an dieses Video hängt der VdZ noch ein Video an, in dem eine "Wohltätigkeitsorganisation" für die Altkleidersammlung wirbt. Herrschaften, ohne jede Widerrede: Wir werden nur noch irre gemacht. Das öffentliche Klima wird von Verrückten, ja von Psychopathen bestimmt. Und die Gutmenschenballungen sind deren Sammelpunkt. Mehr gibt es zur Systematisierung von "Nächstenliebe" nicht zu sagen. Es sind Sammelpunkte von eigentlich verbrecherischen Narren, die mit ihrer masturbatorisch-dämonischen Geste die Welt ruinieren. Wo ist das mittlerweile nicht der Fall?






*030419*