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Samstag, 15. Juni 2019

Gottes eigenes Volk - Logos vs. Gesetzesreligion (3)

Teil 3)



Ein revolutionärer Geist, der freilich, wie Charles Moscowitz betont, bereits auf Adam und Eva zurückgeht. Denn was war Evas Griff nach der verbotenen Frucht anderes als ein Ausbruch aus dem logos? Muß man diesen revolutionären Geist also nicht als allgemein auftretende menschliche Rebellion gegen Gott sehen, als Wunsch nach dem "Sein wie Gott"? Seit Adam und Eva hat es also immer eine kommunistische Verschwörung gegeben, die sich gegen die soziale Ordnung richtete, die in Gott gegründet war.  Die gesamte Torah (das Alte Testament also) ist ja eine Geschichte des Kampfes gegen Gott, und viele dieser Kämpfe sind solche unter Juden selbst.

Nur - kann das der Grund sein, "die Juden" von allem freizusprechen, alles auf Einzeltäter zu reduzieren? Wenn man sieht, daß in allen revolutionären Bewegungen der Geschichte Juden eine so bedeutende Rolle spielten, wo ist dann die Grenze ab der man sagen kann "die Juden"? An der Argumentation von Jones wird einmal mehr die Problematik sichtbar, sich auf ein Volk zu beziehen, ohne das Wesen von Volk zu berücksichtigen. Ein Volk ist immer mehr als die Summe seiner Teile, und es ist mehr als die zufällige Versammlung einer Anzahl von Bürgern, die aus Guten und Bösen bestehen. Also muß man sich mit dem Geist eines Volkes auseinandersetzen, unter dessen Vaterschaft es sich erst zu einem Volk findet. 

Jones ist zwar irisch-deutscher Abstammung, aber die amerikanische Prägung ist ihm nicht abzusprechen. Die nämlich auch in ihrer Geschichtsbetrachtung von Einzelereignissen, von Evidenzen ausgeht, nicht von metaphysischen, ontologischen Gegebenheiten. Deshalb kann er hier nur darauf hinweisen, daß es doch kein Zufall sein kann, daß Jesus die Juden "Kinder Satans" nannte (Johannesevangelium), wofür sie ihn dann ans Kreuz schlugen. Es hat mit dem revolutionären Geist der Juden selbst zu tun. Damit beginnt sich die Argumentation zu verzetteln und kann letztlich nur auf Plausibilitätsschlüsse bauen. Das wird dem Thema nicht gerecht. 

Die Stellen aus dem Johannesevangelium (Kapitel 7) freilich, auf die Jones sich bezieht, sind deshalb interessant, weil sie die in "Gottes eigenes Volk" (man möge die Artikelserie vom Mai nachlesen) ausgebreitete Argumentation - was denn ein Volk überhaupt kennzeichnet - in sich birgt: Nicht nur, daß Jesus da sagt: "Meine Lehre stammt nicht von mir, sondern von dem, der mich gesandt hat. Wenn jemand seinen Willen tun will, wird er inne werden, ob meine Lehre von Gott kommt, oder ob ich aus mir selbst rede." Damit sagt er, daß dem Judentum, das ein solches ist und bleibt, die Abkehr von Gott immanent ist. Denn wer Gottes Willen tut, ERKENNT, daß er der Erlöser ist, aus dem Gott spricht. Die bloße mosaische Gesetztestreue führt NICHT dazu. 

Das bestätigt er mehrmals erneut: "Ihr kennt weder mich noch meinen Vater. Kenntet ihr mich, so würdet ihr auch meinen Vater kennen." Um dann fortzusetzen: "Ihr stammt von unten, ich stamme von oben. Ihr seid von dieser Welt, ich bin nicht von dieser Welt. Ich habe euch gesagt: Ihr werdet in euren Sünden sterben. Denn wenn ihr nicht glaubt, daß ich es bin, so werdet ihr in euren Sünden sterben." Und: "Wohl weiß ich, daß ihr Kinder Abrahams seid. Allein ihr strebt mir nach dem Leben, weil mein Wort bei euch keinen Anklang findet. Ich rede, was ich bei meinem Vater gesehen habe, und ihr tut, was ihr von eurem Vater gesehen habt." Sie erwiderten: "Unser Vater ist Abraham." Jesus entgegnete ihnen: "Wenn ihr Kinder Abrahams seid, so tut auch die Werke Abrahams. Nun aber geht ihr darauf, mich zu töten, mich, der ich euch die Wahrheit verkündigte, die ich von Gott vernommen habe. So hat Abraham nicht getan. Ihr tut die Werke eures Vaters." Da sagten sie zu ihm: "Wir stammen doch nicht aus dem Ehebruch, wir haben nur Gott zum Vater." Jesus erwiderte ihnen: "Wenn Gott euer Vater wäre, so würdet ihr mich lieben. Denn ich bin vom Vater ausgegangen und gekommen." 

Ganz klar also definiert Jesus, was ein Volk kennzeichnet, was das Volk der Juden kennzeichnet, nämlich auch hier nicht die leibliche Abstammung, auf die sie ja noch verweisen könnten, sondern die geistige Vaterschaft: So sind sie Kinder des Satans. Nicht das, was aber SEIN Volk kennzeichnet. "Warum versteht ihr meine Redeweise nicht? Weil ihr mein Wort nicht hören könnt. Ihr habt den Teufel zum Vater und wollt nach den Gelüsten eures Vaters tun. Er war ein Menschenmörder von Anbeginn." Und später heißt es noch: "Wer aus Gott ist, hört auf Gottes Wort. Ihr hört nicht darauf, weil ihr nicht aus Gott seid."

DARIN gründet somit die These, daß die Juden selbst den revolutionären Geist in sich tragen, als Kinder Satans, wie Jesus sie nannte, WEIL und WENN sie ihn nicht erkennen. Daß so viele Juden in der Geschichte von Revolutionen (vom Arianismus angefangen, bis zur "Ehe für alle") wieder und wieder eine so erhebliche Rolle spielten, ist also kein Zufall, sondern Ausfluß aus dem Judentum an sich. 

Dieser Definition von Volk und Vaterschaft steht ganz klar die jüdische Position gegenüber, Moscowitz expliziert es sehr gut: Sie konnten und können Jesus nicht als Messias anerkennen, weil ein Messias ganz klare, sichtbare - nach irdischen Kriterien "erlösende" - Zeichen setzen wird und muß. Dazu gehört eben vor allem die Renaissance eines jüdischen Staates, Friede, Prosperität etc. Das hat Jesus nicht gemacht. (Denn sein Reich ist nicht von dieser Welt.) Und diese irdische Mission ist es auch, die so viele protestantische Bewegungen kennzeichnet, die von derselben Anspruchsebene ausgehen und so zu Geburtsorten der Utopien wurden und werden. Und damit sind wir bei der historischen Gestalt sämtlicher Revolutionen, die "alles auf der Erde gut machen" wollen.

Diese Positionen - Judentum und Christentum - sind damit niemals vereinbar, sie werden immer einander entgegenstehen. Bis zum Jüngsten Tag, der Wiederkunft Christi, an dem sich auch die Juden bekehren, wie die Schrift sagt. Da gibt es keinen "gemeinsamen" Weg. Also kann man nur einen Modus Vivendi finden, einen Weg, wie man mit- oder nebeneinander leben kann. Den die Kirche mit "Sicut Iudaeus non" definiert hat: Obwohl sie Juden sind, die uns unvereinbar gegenüberstehen, dürfen wir ihnen kein Leid antun. Aber sie haben auch nicht das Recht, unsere Gesellschaften zu zersetzen. DAS war der Grund, warum Juden von einflußreichen Positionen und sozialen Stellen ferngehalten wurden. Sie würden immer und überall aus ihrem Selbstsein heraus die christliche Gesellschaft schwächen. 

Und das ist der Grund, warum sich die Juden immer und überall in Gesellschaften zusammenfanden, wo sie unter sich waren. Denn auf dieser Position beruht auch eine völlig unterschiedliche Moralvorstellung. Die unvereinbar ist und weit tiefer geht, die in den angeblich "beiden gemeinsamen Zehn Geboten" keineswegs ihre wirkliche Gestalt annimmt. Das scheinbar Gemeinsame ist auch hier das eigentlich Trennende! Juden waren seit der Zeit der Römer in jeder nicht-jüdischen Gesellschaft unassimilierbar, weil sie selbst es nicht wollten.


Morgen Teil 4) Wie kann die Welt mit den Juden leben? 
Wie müssen die Juden in der Welt leben?





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