Teil 3)
Ein
revolutionärer Geist, der freilich, wie Charles Moscowitz betont, bereits auf
Adam und Eva zurückgeht. Denn was war Evas Griff nach der verbotenen
Frucht anderes als ein Ausbruch aus dem logos? Muß man diesen
revolutionären Geist also nicht als allgemein auftretende menschliche
Rebellion gegen Gott sehen, als Wunsch nach dem "Sein wie Gott"? Seit
Adam und Eva hat es also immer eine kommunistische Verschwörung gegeben,
die sich gegen die soziale Ordnung richtete, die in Gott gegründet
war. Die gesamte Torah (das Alte Testament also) ist ja eine Geschichte
des Kampfes gegen Gott, und viele dieser Kämpfe sind solche unter Juden
selbst.
Nur
- kann das der Grund sein, "die Juden" von allem freizusprechen, alles
auf Einzeltäter zu reduzieren? Wenn man sieht, daß in allen
revolutionären Bewegungen der Geschichte Juden eine so bedeutende Rolle
spielten, wo ist dann die Grenze ab der man sagen kann "die Juden"? An
der Argumentation von Jones wird einmal mehr die Problematik sichtbar,
sich auf ein Volk zu beziehen, ohne das Wesen von Volk zu
berücksichtigen. Ein Volk ist immer mehr als die Summe seiner Teile, und
es ist mehr als die zufällige Versammlung einer Anzahl von Bürgern, die
aus Guten und Bösen bestehen. Also muß man sich mit dem Geist eines
Volkes auseinandersetzen, unter dessen Vaterschaft es sich erst zu einem
Volk findet.
Jones
ist zwar irisch-deutscher Abstammung, aber die amerikanische Prägung
ist ihm nicht abzusprechen. Die nämlich auch in ihrer
Geschichtsbetrachtung von Einzelereignissen, von Evidenzen ausgeht,
nicht von metaphysischen, ontologischen Gegebenheiten. Deshalb kann er
hier nur darauf hinweisen, daß es doch kein Zufall sein kann, daß
Jesus die Juden "Kinder Satans" nannte (Johannesevangelium), wofür sie
ihn dann ans Kreuz schlugen. Es hat mit dem revolutionären Geist
der Juden selbst zu tun. Damit beginnt sich die Argumentation zu
verzetteln und kann letztlich nur auf Plausibilitätsschlüsse bauen.
Das wird dem Thema nicht gerecht.
Die
Stellen aus dem Johannesevangelium (Kapitel 7) freilich, auf die Jones
sich bezieht, sind deshalb interessant, weil sie die in "Gottes eigenes
Volk" (man möge die Artikelserie vom Mai nachlesen) ausgebreitete
Argumentation - was denn ein Volk überhaupt kennzeichnet - in sich
birgt: Nicht nur, daß Jesus da sagt: "Meine Lehre stammt nicht von
mir, sondern von dem, der mich gesandt hat. Wenn jemand seinen Willen
tun will, wird er inne werden, ob meine Lehre von Gott kommt, oder ob ich
aus mir selbst rede." Damit sagt er, daß dem Judentum, das ein
solches ist und bleibt, die Abkehr von Gott immanent ist. Denn wer
Gottes Willen tut, ERKENNT, daß er der Erlöser ist, aus dem Gott spricht.
Die bloße mosaische Gesetztestreue führt NICHT dazu.
Das bestätigt er mehrmals erneut: "Ihr kennt weder mich noch meinen Vater. Kenntet ihr mich, so würdet ihr auch meinen Vater kennen." Um dann fortzusetzen: "Ihr
stammt von unten, ich stamme von oben. Ihr seid von dieser Welt, ich
bin nicht von dieser Welt. Ich habe euch gesagt: Ihr werdet in euren
Sünden sterben. Denn wenn ihr nicht glaubt, daß ich es bin, so werdet
ihr in euren Sünden sterben." Und: "Wohl weiß ich, daß ihr Kinder
Abrahams seid. Allein ihr strebt mir nach dem Leben, weil mein Wort bei
euch keinen Anklang findet. Ich rede, was ich bei meinem Vater gesehen
habe, und ihr tut, was ihr von eurem Vater gesehen habt." Sie
erwiderten: "Unser Vater ist Abraham." Jesus entgegnete ihnen: "Wenn ihr
Kinder Abrahams seid, so tut auch die Werke Abrahams. Nun aber geht ihr
darauf, mich zu töten, mich, der ich euch die Wahrheit verkündigte, die
ich von Gott vernommen habe. So hat Abraham nicht getan. Ihr tut die
Werke eures Vaters." Da sagten sie zu ihm: "Wir stammen doch nicht aus
dem Ehebruch, wir haben nur Gott zum Vater." Jesus erwiderte ihnen:
"Wenn Gott euer Vater wäre, so würdet ihr mich lieben. Denn ich bin vom
Vater ausgegangen und gekommen."
Ganz
klar also definiert Jesus, was ein Volk kennzeichnet, was das Volk der
Juden kennzeichnet, nämlich auch hier nicht die leibliche Abstammung,
auf die sie ja noch verweisen könnten, sondern die geistige Vaterschaft:
So sind sie Kinder des Satans. Nicht das, was aber SEIN Volk kennzeichnet.
"Warum versteht ihr meine Redeweise nicht? Weil ihr mein Wort nicht
hören könnt. Ihr habt den Teufel zum Vater und wollt nach den Gelüsten
eures Vaters tun. Er war ein Menschenmörder von Anbeginn." Und später heißt es noch: "Wer aus Gott ist, hört auf Gottes Wort. Ihr hört nicht darauf, weil ihr nicht aus Gott seid."
DARIN
gründet somit die These, daß die Juden selbst den revolutionären Geist
in sich tragen, als Kinder Satans, wie Jesus sie nannte, WEIL und
WENN sie ihn nicht erkennen. Daß so viele Juden in der Geschichte von
Revolutionen (vom Arianismus angefangen, bis zur "Ehe für alle") wieder
und wieder eine so erhebliche Rolle spielten, ist also kein Zufall,
sondern Ausfluß aus dem Judentum an sich.
Dieser
Definition von Volk und Vaterschaft steht ganz klar die jüdische
Position gegenüber, Moscowitz expliziert es sehr gut: Sie konnten und
können Jesus nicht als Messias anerkennen, weil ein Messias ganz klare,
sichtbare - nach irdischen Kriterien "erlösende" - Zeichen setzen wird
und muß. Dazu gehört eben vor allem die Renaissance eines jüdischen
Staates, Friede, Prosperität etc. Das hat Jesus nicht gemacht. (Denn
sein Reich ist nicht von dieser Welt.) Und diese irdische Mission ist es
auch, die so viele protestantische Bewegungen kennzeichnet, die von
derselben Anspruchsebene ausgehen und so zu Geburtsorten der Utopien
wurden und werden. Und damit sind wir bei der historischen Gestalt
sämtlicher Revolutionen, die "alles auf der Erde gut machen" wollen.
Diese
Positionen - Judentum und Christentum - sind damit niemals vereinbar,
sie werden immer einander entgegenstehen. Bis zum Jüngsten Tag, der
Wiederkunft Christi, an dem sich auch die Juden bekehren, wie die Schrift
sagt. Da gibt es keinen "gemeinsamen" Weg. Also kann man nur einen Modus Vivendi finden, einen Weg, wie man mit- oder nebeneinander leben
kann. Den die Kirche mit "Sicut Iudaeus non" definiert hat:
Obwohl sie Juden sind, die uns unvereinbar gegenüberstehen, dürfen wir
ihnen kein Leid antun. Aber sie haben auch nicht das Recht, unsere
Gesellschaften zu zersetzen. DAS war der Grund, warum Juden von
einflußreichen Positionen und sozialen Stellen ferngehalten wurden. Sie
würden immer und überall aus ihrem Selbstsein heraus die christliche
Gesellschaft schwächen.
Und
das ist der Grund, warum sich die Juden immer und überall
in Gesellschaften zusammenfanden, wo sie unter sich waren. Denn auf
dieser Position beruht auch eine völlig unterschiedliche
Moralvorstellung. Die unvereinbar ist und weit tiefer geht, die in den
angeblich "beiden gemeinsamen Zehn Geboten" keineswegs ihre wirkliche
Gestalt annimmt. Das scheinbar Gemeinsame ist auch hier das eigentlich
Trennende! Juden waren seit der Zeit der Römer in jeder nicht-jüdischen
Gesellschaft unassimilierbar, weil sie selbst es nicht wollten.
Morgen Teil 4) Wie kann die Welt mit den Juden leben?
Wie müssen die Juden in der Welt leben?
*260319*