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Dienstag, 4. Juni 2019

Vom Fehler, alles für einen Mechanismus zu halten (2)

Teil 2)




Viele übrige Interpretationen, die man hier antrifft, vor allem die, die sinngebend für eine Gesamtaussage fungieren, sind blanke Ideologie und direkt abzulehnen. Hier alles anzuführen, was inhaltlich einfach nicht stimmt, würde jeden Rahmen sprengen, eine gewisse ideologische (und damit emotional instrumentalisierende) Linkslastigkeit kann man dem Inhalt nicht absprechen. Aber auch Karl Marx hatte ja nicht in allem Teilhaften, das er sagte, Unrecht. Gewisse Mechanismen im Kapitalismus hat er sehr gut durchschaut. Und doch ist seine Gesamtdeutung, in die er alles einbettet und die deshalb alles vergiftet, strikt abzulehnen.

Das wird nicht besser, wenn wir vor Augen halten, daß wir heute tatsächlich sehr in unserem Lebensvollzug vom Großkapital (und der mit ihm verschwisterten weil abhängigen Politik) bedrängt und sogar drangsaliert werden. Und es ist auch notwendig zu sehen, weil wir sonst unser Leben in dieser Welt nicht begreifen. Es steht damit in striktem Gegensatz zu dem, was unabdingbar für den Menschen ist: Freier Markt. Kapitalismus ist nicht "freier Markt".

Die im Video vorgestellten Anregungen sind nur das nächste Modell eines Begreifens von Wirtschaft als technischen, isoliert bestehenden (oder sogar beherrschenden) Mechanismus, der zur Utopie hochgesteigert wird. Und solange wir Wirtschaft so sehen (wollen), werden wir nur von einem Desaster ins nächste stolpern. Daß dennoch immer irgendwie ein gewisses Grundgeschehen im wirtschaftlichen Vollzug der Menschen funktioniert, ist für vieles Hinweis und es ist der "Bückwirtschaft" zu verdanken, wo sich das Naturrecht als eigentliche, wesensbezogene Grundlage des Lebens meldet. Dazu haben wir bereits geschrieben. 

Eine übertriebene oder gesteigerte Angst vor "dem großen Crash" ist deshalb auch unbegründet, Leute, bleibt ruhig, vernünftig, gemessen und realistisch. Der Mensch hat etwas, das kein Apparatus je kann: Pfiffigkeit, Schläue, List, Vernunft, Menschlichkeit, Mut und Anstand. Wenn wir es nicht wollen und zulassen, wird uns das nie jemand nehmen können. Freilich wird der scheitern und letzthinnig wirklich zum Opfer, der meint, das Leben sei rein innerweltlich, irdisch zu begründen. Der könnte an so manchem verzweifeln, gewiß. Nicht aber der der weiß, daß unsere letzte Heimat nicht in dieser Welt liegt.

Deshalb gilt wie es immer galt: Nur über eine Rückwendung zu den Quellen des Wirtschaftens, der Sittlichkeit, der Moraltheologie, dem Gemeinwohl als dessen Oberbegriff spricht man von Zielen, kann man zu einem (möglichen) gerechten Wirtschaften finden. Mit allen Amplituden, denn aller Lebensvollzug ist immer ein neues Hinausstrecken ins Neue, also auch möglicherweise, ja wahrscheinlich fehlerbehaftet. 

Nur so (auch im Tragen der eigenen Last wie der des anderen) kann man dem Wesen des Menschen als "frei" gerecht werden, nur dort hat es seinen Platz. Und wird nicht zur Karikatur wie im Liberalismus, der mit Freiheit die Freiheit der Skrupelloseren, Unmoralischeren meint, die Schwächeren zu unterjochen. Weshalb es eine Regierung (beziehungsweise eine äußere Macht, eine moralische Macht, idealerweise wäre das die Kirche, hätte sie diese Position in eigener Glaubwürdigkeit und der Macht des Religiösen über die Gewissensbildung noch) braucht, die die Macht und die Mittel hat, Auswüchse zu regulieren, das Gemeinwohl zu schützen und durch Rechtssicherheit für Wesensvollzüge zu fördern. 

Fehlerlos ist das nicht, ganz sicher nicht, weil (wie beim Klima) alles ein ständiges Zueinander menschlicher Handlungen ist, mit allen Unwägbarkeiten, allem Guten, allem Schlechten darin. Damit muß man leben, weil es eben - kein System gibt, das im Konkreten festlegbar und überwachbar wäre, so daß allen recht getan wäre. Jede Kultur, jede Gesellschaft muß damit leben, daß es auch die Möglichkeit gibt, das Gute, das Richtige zu verweigern und gegen das Gemeinwohl zu handeln. Hier muß dann das Gemeinwesen handeln und sich schützen.

Aber der Grundfehler heutigen Denkens über Wirtschaft ist systemisch angelegt, ist aus der geistigen Entwicklung hervorgegangen, die das Abendland unglücklicherweise genommen hat. Aus dem Materialismus der dahintersteht, wenn man meint, (abstrakte, im Denken erkennbare) Ursache und Wirkungs-Zusammenhänge wären gleichbedeutend mit autonomen Mechanismen und für sich stehender Technik.

Jede Rationalität (die aus Ursache- und Wirkungserkenntnis, also aus dem Erkennen von Zusammenhängen, von Anlässen für Bewegung etc. stammt) muß selbst wiederum in der großen Vernunft des Ganzen gründen. Und die ist transzendent. Nicht irrational, keineswegs, aber die Rationalität letztbegründend. Damit gründet die Rationalität in der Moral weil in der persönlichen Beziehung zum Sein selbst, dem Absoluten, Gott.

Noch etwas geht aus dem Film (indirekt) hervor: Daß nämlich eine Währung nicht auf Gold gegründet sein darf. Das stranguliert jede Wirtschaft, mehr dazu ein andermal (oder haben wir nicht an dieser Stelle längst genug davon geschrieben)? Geldmenge hängt nicht von Gold ab, sondern von Arbeit und dem Wert, den sie schafft. Und zweitens ist das System Gesell ein System des Schmarotzens eines Regionalraumes am umgebenden Wirtschaftsgeschehen, ohne den es gar nicht "funktionieren" könnte. Dazu gewiß ein andermal mehr.

Was bleibt? Es gibt sie nicht, die radikalen Instantlösungen. Jedes Modell, Wirtschaft wie einen in sich geschlossenen Mechanismus zu beschreiben, der in allen Konkretionen festlegbar wäre, muß scheitern, weil es der Wirklichkeit nicht entspricht. Sämtliche Wirtschaftstheorien der Ökonomen machen denselben Fehler, wie er in so vielen Bereichen heute auftritt, weil wir den Geist nicht mehr verstehen: Sie verdinglichen etwas abstrakt Geistiges, das als Ganzes gar nicht in unserer Hand liegt. Nicht alles Wirkende (als "Wirkliches") ist auch ein Ding, eine Maschine, ein unserem "linearen Denken des Nacheinander" (=irdische "Zeit" als reine Beziehung von Dingen) zugängiger Mechanismus! In der Ökonomie nicht anders als beim Klimawahn (wobei letzterer in ersterer gründet).

Und man darf nicht übersehen: Wenn auch die Oberhoheit der Moral über die Vernunft, die uns so vielfach schon beherrscht, schwerwiegend falsch ist, so ist sie das nicht, weil es prinzipiell falsch wäre, die Rationalität im Transzendenten, im Guten zu verankern. Sondern weil die Moralbezüge (als zugrunde liegende Religion und Weltanschauung beziehungsweise Philosophie) falsch sind! Der heutige "Gutmensch" ist damit in Wahrheit ein böser Mensch, dessen Moralbezug ihn von der Vernunft ausschließt. Und Gut, Freiheit gibt es nur über die Wahrheit als Repräsentanz des logos, des Weltsinns.

Der Grundimpuls aber - daß Moral über dem Wirtschaften zu stehen hat, ja dieses erst begründen kann - ist prinzipiell richtig, weil er der Vernunft entspricht und bis ins letzte durchdenkbar ist. Moral ist nie unlogisch oder unvernünftig. Es geht also um die Frage, was das Gute überhaupt sei. Darin irren viele. Nicht im Wissen oder Ahnen um die Bedeutung der Moral. Das weiß sogar ein Bill Gates oder ein George Soros, die das Übel fördern aber meinen, das Gute zu tun. Vermutlich ist es genau das daraus entstehende, das aus ihrem reichmachenden Handeln entstandene schlechte Gewissen, die sie so aktiv sein läßt. Vielleicht ist aber über diese schmale und sehr fragile Brücke - was ist das Gute? - eine Versöhnung der Lager möglich.







*070319*