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Mittwoch, 5. Juni 2019

Widerlegt. Bei den Forschern ist es nämlich eine Wirklichkeit.

Es ist zum Lachen, wenn es  nicht so tragisch wäre: Etliche Medien brachten vor einiger Zeit die Nachricht als Schlagzeile, daß nunmehr bewiesen sei, was viele längst vermutet hatten. Daß es nämlich mehrere, parallele objektive Wirklichkeiten, aber keine eine objektiv vorhandene gebe.

Und sie führten ein Experiment an, das das beweisen sollte, deren maßgeblichste an den Universitäten Wien und Innsbruck stattfanden. Sie beobachteten von zwei Warten aus ein Photon. Einer war im Labor und maß nach einem Kriterium, und der andere war außerhalb und beobachtete "erwartungsfrei". Und siehe da: Gleichzeitig wurden zwei völlig verschiedene Vorgänge "beobachtet".

Also, Leute, es gibt keine Wahrheit. Es gibt nicht einmal eine Wirklichkeit. Macht also (und denkt vor allem) was ihr wollt! Genau so kam es in der Kronen Zeitung rüber, die ja für die Qualität ihrer Wissenschaftsredakteure (sind es fünf oder sechs? es ist dem VdZ entfallen) bekannt ist. Wie die täglichen Klimakatastrophenmeldungen belegen. (Wobei, das einzige was bei solchen Blättern noch mit Wissenschaft zu tun hat sind recht sicher die Psychologen der behavioristischen Richtung, die nach deren Kriterien der subtilen Volksverblödung und Meinungsmanipulation, also Täuschung, die Meldungslandschaft der gesamten Zeitung zusammenstellen.)

Wir schicken voraus: Es geht um die Heisenbergsche Unschärferelation. Die da besagt, daß ein Quantenvorgang in dem Augenblick (erst dann!) Eigenschaften annimmt, in dem man ihn in einem Beobachtungsvorgang bestimmten Bedingungen (in denen sich Erwartungen ausdrücken) unterwirft. Die Beobachtung also legt fest, so kann man es vereinfacht sagen, wie ein Quantenprozeß als Vorgang der kleinsten Bauteile der Materie abläuft. Der gemeine Sinn liest daraus: Die Dinge werden so, wie wir sie wollen. So ungefähr. Die Heideggersche Unschärferelation besagt mithin, daß ein Quantenvorgang immer zu einem Vorgang mit Eigenschaften wird, die dem entsprechen, mit welchen Voraussetzungen und Bedingungen er betrachtet wird.

Das heißt: Der Beobachter "macht" aus einem objektiven Vorgang etwas, das er mit Methoden "mißt", die eben seinen Erwartungen entsprechen.

Nun noch einmal also: Der eine hatte eine bestimmte Beobachtungsposition im Labor, die das und das messen wollte, also auch das und das als Vorgang vorfand. Und der andere stand vor dem Labor, beobachtete denselben Vorgang, hatte aber "keine" Erwartungen, und hielt (sagen wir) auch anderes für möglich.

Herrschaften, noch einmal, und langsam: Der eine erwartete dies. Der andere ... das. Und sieh da: Beide beobachteten genau das, was sie erwartet hatten. Denn Messen kann man nur, was man erwartet. Jeder Meßvorgang bildet also die Vorstellung von Wirklichkeit ab, die der Messende hat. Wer, sagen wir, einen brennenden Holzstumpf wiegt, wird in jedem Vorgang, der sich beim Verbrennungsprozeß abspielt, eine Gewichtsveränderung messen (oder nicht). Wer ihn mit einem Zollstock mißt, wird den Vorgang als Längen- oder Breitenveränderung feststellen. Der eine wird nachher sagen, daß Verbrennung ein Massevorgang ist. Der andere widerlegt ihn. Denn er hat gemessen, daß es ein Ausdehnungsprozeß ist. Eine Flamme, ein brennender Holzstock - zwei Wirklichkeiten. Na bumsti. Es gibt keine objektive Wirklichkeit, oder?

Was für ein alter Hut. Was ist daran eine "zweite, parallele" Wirklichkeit? Das Heisenbergsche Grundaxiom des ein und selben Vorgangs haben beide doch bestätigt, denn beide haben ein und denselben Vorgang "beobachtet". Denn auch mehrere Zustände für möglich zu halten, ist ein Wirklichkeitsvorstellungen erzeugendes und konstituierendes Paradigma.

Wir haben also mitnichten und -neffen zwei parallele Wirklichkeiten vor uns. Sondern wir haben weiterhin je Betrachter eine Wirklichkeitsinterpretation vor uns, nach der ein objektives Geschehen beurteilt wird, die je nach Betrachtungsweise und Betrachter eben ihre Charakteristik ändert. Keiner der beiden Forscher kann aber seine "Wirklichkeit" in die Tasche stecken und davonlaufen. Denn sie hängt seltsamerweise an dem einen - nur halt zweimal gleichzeitig beobachteten - Vorgang. Ohne den geht gar nix. Eine Wirklichkeit, nur zwei Sichtweisen.

Hat das also irgendetwas Neues gebracht? Ach ja. Weitere Wissenschaftsmillionen für undurchdachte Experimente loszueisen, denn Politiker durchschauen das sicher nicht und sind sicher von der Medienberichterstattung beeindruckt.

Leider bleibt für beide Forscher auch in diesem Punkt aber ein und dieselbe, auch subjektive Wirklichkeit: Nämlich der Türstock, an dem sie angerannt sind, und der sie für mehr oder wenige kurze Zeit ein bissel im Kopf hat schwindelig gemacht.





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