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Samstag, 28. Dezember 2019

Ein hoffnungsvolles Wort zum Zustand der Böden (2)

Teil 2) Neulich in Bayern


Kalb - Mutterkuhhaltung in Utting am Ammersee
In Bayern, namentlich in der Gegend um den Ammersee, wo er sich häufiger aufhält, fand der VdZ übrigens Bewirtschaftungsmodelle, wie er sie nur aus "vorbildlichen" Projekten kennt, die in US-Videos als solche vorgestellt werden, und dort offenbar noch selten sind. Auf den Photos hier sieht man einen offenbar recht erfolgreich auch in der Ab-Hof-Vermarktung tätigen Landwirt, der Kühe und Hühner in Wechselbewirtschaftung auf ein und demselben Feld hält.

Die Eier schmecken vorzüglich und sind über einen Selbstbedienungsautomat, der in einer kleinen Verkaufshütte an der Straße steht, leicht zu erwerben. Nachdem der Stand häufig ausverkauft ist, scheint das Publikum dieses Angebot gut anzunehmen. Angeblich ist nun ein weiterer Apparat mit einer Milchabfüllung geplant. Fleisch wird vom selben Bauern über Flugblattaktionen angeboten, sobald geschlachtet wird. Einziger Nachteil: Ohne vorausgesetzte allgemeine Auto-Mobilität würde dieses Konzept nicht funktionieren. Dafür hatte man eben die Märkte, dafür hat man eben die kleinen Läden direkt im Ort. Diese Stufe und damit ein ganzer Lebensraum, wird bei solch einem Wirtschaften aber übersprungen und ausgetrocknet.

Letztlich ist es somit ein fast zynisches Spiel mit einer Verwurzelungssimulation, die gar nicht mehr wirklich Verwurzelung ist. Die dort anfängt, wo man zu Fuß hingehen kann. Diesen Schritt kann man nie (sic!) überspringen, um mit dem nächsten zu beginnen.

Noch schlimmer wird es freilich in Fällen wie jenem, dem VdZ bekannten, wo der Mann mit dem Range Rover alle zwei Wochen fünfzehn Kilometer zum Betreiber einer abgelegenen Straußenfarm (sic!) fährt, weil das Straußenfleisch angeblich so gesund (und wohlschmeckend) sei. "Ich habe schon drei Kilo abgenommen," meinte er stolz. Der sich natürlich für bodenständig hält, weil der Farmbesitzer sogar den Schinken selber selcht.

Oder wie der Globetrotter, auch der dem VdZ bekannt, der sich in einem Dorf die mittlerweile aufgegebene Gaststätte kaufte und dort nun internationale Spezialitäten - natürlich alles selbst hergestellt - samt italienischen und französischen Feinschmeckerweinen (diese Woche im Angebot! Ein Achterl Chateau de Beufcacque, Loiregebiet, Jahrgang 2013, um zweisiebzig!) anbietet. Und seine Kunden von weither kommen, um im ästhetisiert-weltoffenen Ambiente Linksintellektueller, mit abstrakter Kunst an den Wänden und einer Jazzbühne im Stadel, die "Urigkeit" (=Verwurzeltheit) eines selbstgemachten Ingwertees zu genießen. Ob die Bewohner des Bauerndorfes auch zum illustren Gästekreis zählen hat der VdZ gar nicht mehr nachgefragt.

Professionell und vernünftig -
Kloster Sankt Ottilien i. Bayern
Daß aber Formen vernünftiger Bewirtschaftung und Verwurzelung keine Unmöglichkeit sind, beweist der nicht weit von dieser Weide befindliche, sehr große und vielseitige Landwirtschaftsbetrieb der Benediktiner Abtei Sankt Ottilien, unweit von Schondorf am Ammersee.

Das damit wie immer noch viele Benediktinerklöster in der eigentlichen Tradition des Ordens steht, wie sie von Anfang an in diesem Prinzip des "ora et labora" die europäische Kultur aufrichteten. Nicht "halfen" oder "beitrugen", sondern aufrichteten. Denn sie haben die Menschen sowohl die Arbeit als auch das Wissen und sinnvolle technische Methoden gelehrt. Erstmals wurde Arbeitsteiligkeit als Element eines organischen Lebensumfelds begriffen. Und so das Leben zur Kultur gesteigert, nicht als bloße Bedürfnisbefriedigung im Kot der kurzfristigen Notwendigkeiten liegen gelassen. Aus einer Lästigkeit, die man bei den germanischen Völkern ebenso wie in der gesamten Antike besser anderen überließ, wurde so ein Lobpreis. Dieser war es erst, der Europa zu dem machte, was es einmal gewesen, und an das wir uns heute bestenfalls noch erinnern können.

Das enorm breitgefächerte, saisonal abgestimmte Angebot des benediktinischen Betriebes, das teilweise sogar (selbst) finalverarbeitete Ware (Würste, Säfte, etc.) enthält, wird über einen eigenen Hofladen auch direkt an Endverbraucher verkauft. Und das in einer Qualität, die die wenigen Kilometer Anfahrt (einziger Wermutstropfen) für die Bewohner der umgebenden Ortschaften lohnend machen. Das Etikett "biologisch" oder "bio" fehlt hier meist sogar, es ist gar nicht notwendig. Und ist häufig ohnehin nur Marktzwängen zu verdanken, trägt zur Information selbst wenig bei, sondern verheißt lediglich schmackhaftere Produkte.

Denn auch die Qualität der Böden dürfte weitgehend in diesen Regionen noch besser sein. Dunkle Tschernosen-Böden, deren empfindliche Narbe auch im Winter durch zurückgebliebenes Stroh oder Zwischensaaten geschützt und vital blieb, sind häufig. Der Anteil an ausgelaugten Podsol-Böden, wie er für gerade gerodete Wälder ebenfalls oft typisch ist (die Vitalschichte fertiler Erde muß vom Menschen gepflegt, wenn nicht sogar geschaffen werden), scheint zumindest in den topographisch kleinstrukturierten Alpen- und Voralpenregionen wieder zurückzugehen.

Auch wenn man es den Bauern immer schwerer macht, ja es wirklich so aussieht, als legte man es darauf an, auch die Lebensmittelproduktion aus Europa zur Gänze zu verbannen und auf Zulieferungen aus allen Teilen der Welt zu bauen.