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Sonntag, 15. Dezember 2019

Gute und schlechte Bischöfe (3)

In freier Übertragung aus dem Amerikanischen, und mit freundlicher Genehmigung des Autors, findet der Leser hier den Beitrag von Ianto Watt aus dem Blog von William M. Briggs, wie er im Oktober d. J. erstmals erschienen ist. Er wird hier jeweils zu den Adventsonntagen (nicht vergessen, Advent ist eine Zeit der Buße und Einkehr) des neuen Kirchenjahres 2019/20 veröffentlicht.



Teil 3)



Ist das nicht genau das, was in England und überall sonst geschehen ist? Wo unter dem Klerus hat der Skandal begonnen, unter den Priestern oder unter den Bischöfen? Wer führt wen? Wenn die Bischöfe aber nicht zum Guten führen, durch Zucht und Strenge, führen sie uns denn dann irgendwo anders hin als in die Zerstörung durch die Bequemlichkeit?

Wenn aber ihren direkten Untergebenen, dem Klerus, klar wird, daß tatsächlich diese Scheinfrage ernstgenommen werden soll, und die Bischöfe sich die angenehmere Antwort geben, wird eines von zwei Dingen passieren. Einige wenige werden sich gedrängt fühlen, eine spirituelle Erneuerung in die Wege zu leiten, und eine Korrektur der Sünden von ihren Hirten verlangen. Sie sammeln ziemlich schnell sogar eine neue Gefolgschaft um sich. Freilich enden sie dann als Märtyrer. Und zwar blitzschnell, möchte ich hinzufügen.

Die andere Reaktion ist natürlich die des Hochmuts. Darum geht es ja immer. Der geringere Teil des Klerus wird nämlich nach außen empört (nach innen aber voll Neid) auf ihre Hirten wegen deren skandalösem Leben reagieren. Dann beginnen sie die Rebellion gegen die reguläre Autorität, indem sie den Bischöfen die Herden entführen. Sie werden dabei ihre nach außen getragene Empörung gegen die Exzesse der Bischöfe dazu benützen, die Herden davon zu überzeugen, sich von dieser Fleischlichkeit abzuwenden.

Was wird dann passieren? Die Priester werden die neuen "Bischöfe" (oder wie immer sie sich dann nennen) einer neuen Splittergruppe. Und ehe man sich's versieht, stehen sie in Diensten des lokalen Königs. Schauen wir dazu einmal näher hin, ob diese Reaktion auch auf die Katharer zugetroffen hat. Skandalöse Bischöfe haben eine Reaktion hervorgerufen, die dann energisch von der überwältigenden Mehrheit der Eliten unterstützt wurde, was direkt zu einer nationalistischen Sekte geführt hat. Na, ist in England (und anderswo) nicht genau dasselbe passiert?

Na und nun raten Sie mal, wer am Ende das Kommando über diese neue Sekte/Kirche hat? Der König, wer sonst. Und wer sind seine treuen Gefolgsleute? Genau, die neuen "Bischöfe". Die dafür als Belohnung vom König einen Happen vom Eigentum und Wohlstand abbekommen, den dieser der originalen Kirche abgenommen hat. Ein Happen der groß genug ist, um nun auch "wie ein König leben" zu können. Oder zumindest wie ein skandalöser Bischof. Das Rezept ist also immer dasselbe, egal wo dieser Kuchen gebacken wird.

Und seither sieht jede Generation neue Spielarten dieses selben Vorgangs, der bis in unsere Tage weitergeht und mittlerweile einen ganzen Zoo von Teil"kirchen" bewirkt hat. Und wissen Sie was, werter Leser? Nicht eine davon kann dem König widerstehen. Während sie nicht in der Lage sind sich wieder zu verbinden, denn mittlerweile sind sie natürlich auch doktrinär von der Originalkirche weit weit entfernt. Wie nützlich, nicht wahr? Zumindest für den König. Weniger freilich für die Zweit-Davididen, nehme ich an. Halt, nicht ganz, denn ein paar kleine Beispiele für eine Wiedervereinigung sind alle heiligen drei Zeiten schon notwendig, um die öffentliche Ordnung nicht gar zu sehr durcheinander zu bringen, nicht wahr? Und natürlich steht dann auch der König dahinter.

Wie viele dieser schismatischen "Hirten" aber wollen dem König widersprechen? Wo doch jeder, der die Politik des Königs unterstützt, zum Dank mit Pomp und Trara ins Weiße Haus eingeladen wird. Es ist nicht so leicht eine Herde gegen den König zu führen, wenn man gerade mit diesem im Bett kuschelt. Oder irgendwo sonst. Schlußendlich endet also diese Übertragung kirchlicher Autorität zu dem, was man Trusteeismus (von Trustee = Kurator) nennt. Wo also die Kirche Personen, Kuratoren, Laien installiert, die natürlich auch dem Staat genehm sind, woraufhin dieser die Kirche über diese Personen öffentliches Gut verwalten läßt, und zwar sogar nach deren Richtlinien und nach dem Kirchenrecht, und in einer Art Eigenverwaltung. Mit einem anderen Wort nennt man das Demokratie, in die die dissidenten "Bischöfe" ihre Schafe führen. Und in der die Welt von den Füßen auf den Kopf gestellt wird.

Bishop Bruskewitz hat allerdings mit diesem Problem nie zu tun gehabt. Denn seine Herde besteht vor allem aus deutschstämmigen Katholiken, die für diesen Sirenengesang einer autonomen Selbstverwaltung durch Laien nie viel übrig hatten. Ihre Vorfahren sind nach Amerika geflohen, um den Verwüstungen Otto von Bismarcks durch dessen Protestantischen Kulturkampf in den späten 1800ern zu entkommen. Bismarck war ja ein Meister darin, die Kirche unter den Stiefel des Kaisers zu zwingen. Die aber, die konnten, flohen, und blieben glaubenstreue Schafe, die ihren treuen Hirten auch in die amerikanischen Ebenen gefolgt sind. Und Bruskewitz hielt ebenfalls seinen Teil dieser Vereinbarung.

Wo aber einmal dieser Selbstverwaltungsgeist aus der Flasche geflohen ist, ist es nicht mehr möglich, ihn wieder in die Flasche zurück zu bekommen. Wie soll man eine Herde, die einmal vom Geschmack der Freiheit von kirchlicher Autorität gekostet hat, wieder dazu bringen, dieser wieder zu gehorchen? Oder, genauer auf den Punkt gebracht, wie soll so eine Herde einen treuen, wahren Bischof überhaupt erkennen, sobald er einmal auftaucht? 

So nebenbei - haben Sie, werter Leser, schon einmal einen Dürren darunter gesehen? "Was einmal über die Lippen gekommen ist, bleibt für immer auf den Hüften", hatte es meine schlanke Mutter immer genannt. Spirituell umgedeutet: Haben Sie, werter Leser, jemals einen modernen amerikanischen Bischof gesehen, der auch im übertragenen Sinn kein Doppelkinn hatte? Warum? Weil die alles und nichts schlucken, solange es nur modern ist. 

EB John Hughes, vulgo Dagger John
Zurück zum Trusteeism, dieser Selbstverwaltungswirtschaft. Oder Demokratie, oder wie immer man es nennen will. Kann die gestoppt und dann unter der gerechten Herrschaft eines guten Hirten wieder als Einheit hergestellt werden? Was würde es brauchen, damit man das erreicht? Es ist ganz einfach. Die Therapie für den Ungehorsam der Herde ist der Gehorsam des Hirten. Denn der hat bekanntlich ja auch einen Boss. Und dessen Name ist Petrus. Wenn der Hirte auf ihn hört, hört er aber nicht nur Petrus, sondern auch dessen Chef. Genau darum geht es ja bei gesunder Autorität. Zumindest habe ich das irgendwo gelesen. In einem ganz tollen Buch.

Habe ich irgendeinen Beweis für die Wirksamkeit dieser Art zu handeln? Ja, den habe ich. Und er heißt Dagger John. So hieß der Mann natürlich nicht wirklich, wer heißt schon "Dolch" (=Dagger). Aber das war der Name, den ihm seine Feinde gegeben hatten: Dolchhans, würde man auf deutsch vielleicht sagen. Stellen Sie sich also einen Bischof vor, werter Leser, den man Dolchhans nennt. (Oder Messerjohnny, geht auch. Wobei der Ur-Wiener wohl erst mit "Feitelschani" zufrieden wäre.)

Und zwar aus gutem Grund. Denn Messerjoe war bereit, auf die Barrikaden zu steigen, wenn es darum ging, seine Herde zu schützen. Im Taufnamen hieß er freilich John Hughes. Und war ein Ire, der zur Zeit des Sezessionskrieges 1861-65 Erzbischof von New York geworden war. In einer Zeit also, in der die damals noch stockkatholischen Iren Amerika überschwemmten, weil sie der Hungersnot, den viele Historiker "Genozid" nennen, in ihrer uralten Heimat entkommen wollten. Und sie waren in ihrer neuen Heimat alles andere als gern gesehen, außer sie waren überhaupt gleich als Sklaven gekommen.

Hughes hat seinen Spitznamen aus zwei Gründen bekommen. In der typischen katholischen Art setzte er nämlich vor seinen Namen ein Kreuz, wenn er etwas unterzeichnete. Einige deuteten es zwar anders, aber viele Leute meinten, in diesem Kreuz, so wie Hughes es vor seinen Namen setzte, eine bestimmte Form, also einen bestimmten Gegenstand zu erkennen. 

Schauen Sie selber dieses Kreuz an, das auf diesem Buchdeckel rechts im Bild zu sehen ist. Vielleicht wird Ihnen dann klar, was ich meine. Dagger John, der Dolchhans oder der Messerjohnny, erwarb sich seinen Ruf konkret aber bei seiner öffentlichen Ankündigung, dem Brandanschlag auf eine katholische Kirche, den ein Protestant durchgeführt hatte, dadurch zu begegnen, daß ab sofort für jede katholische Kirche, die in Flammen aufgehen würde, zehn protestantische ebenfalls in Schutt und Asche gelegt werden würden. Und wissen Sie was, werter Leser? Die Brandanschläge hörten sofort auf. 

Es ist schon erstaunlich, was ein wenig Rückgrat alles bewirken kann.


  Nächsten Sonntag Teil 4)