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Donnerstag, 19. Dezember 2019

Vater sein dagegen sehr (6)

An neun Tagen im Advent, jeweils Dienstag und Donnerstag, findet der Leser eine Kolumne des VdZ für eine Boulevardzeitung, die als Serie im Jahre 1995 geschrieben worden war. Er tut dies auf Bitten von Lesern, die diese Texte ausgegraben haben. Damals lebte der VdZ zwar in ziemlich anderen Umständen als heute, aber die angesprochenen Themen sind abstrakt gesehen ungebrochen aktuell.

VATER SEIN DAGEGEN SEHR ...

Die regelmäßige Kolumne eines ab und an schon mal genervten Familienoberhaupts

VI

"Du Papa?" spricht mich meine älteste Tochter am Abend an. "Jetzt dürfen wir in der Schule nicht mehr "Völkerball" spielen. Das ist zu rassistisch, das muß jetzt "Gemeinschaftsball" heißen. Und die "Stirnreihe", die ist überhaupt verboten, die ist zu militärisch!" Ich denke, mich verhört zu haben. Aber ich habe richtig gehört. Ja spinnen die denn schon alle? Man hat langsam den Eindruck, daß da nur noch Narren unterwegs sind. Das ist ein weiteres Beispiel dafür, daß die Schule nach unseren Kindern greift, sie mit Ideologien zupflastert, die immer von der Wirklichkeit ablenken wollen. Bitte, ich weiß nicht, wer bei "Völkerball" auch nur in irgendeiner Weise rassistisch dachte, Gedanken daran wären mir nicht einmal im Traum eingefallen. Es sei denn, man darf nicht einmal mehr feststellen, daß wir ein Volk SIND.

Aber da haben wir es wieder einmal. Die Schule ist zum Spielball der Ideologen verkommen. Sie gründet nicht mehr in einer wahren Anschauung über den Menschen, sondern sie hat sich losgelöst und ihre Grundlagen wechseln jetzt je nach regierender Partei. Jetzt gilt nicht mehr, wie der Mensch IST; sondern wie ihn sich die Herren wünschen. Mittlerweile herrschen jene Ideen, die von der Aufklärung an begonnen haben, den Menschen neu zu erfinden. Der gesunde Menschenverstand gilt nicht mehr, die "Wissenschaft" ist gescheiter.

Wer meint, durch den Begriff "Völkerball" würden die Kinder ideologisiert, der irrt aber ganz gewaltig. Es ist nicht die Sprache, die Grundtatsachen schafft. Sie verschafft ihm lediglich einen Zugang, eine Mitteilbarkeit zu den Dingen, wie sie sind, sonst wird sie mißbraucht und verliert im Extrem sogar ihre kommunikative Funktion. "Gemeinschaftsball" versucht, die Grundtatsache des Menschen - seine Notwendigkeit zum Spiel, zum Wettkampf - als zeitbedingte Geformtheit herauszustellen und liegt im Trend der Vermassungsideologen. Aber das stimmt einfach nicht. Ganz anders wird es nun bei "Gemeinschaftsball" sein, wenn sich nämlich der Name in keinem Zusammenhang mehr mit der Wirklichkeit des Spiels befindet, trägt er lediglich zur Verwirrung bei, schafft einen Widerspruch, der es nämlich sein wird, der tatsächlich ungezügelte Gewalt auslösen wird, weil unauflösbare Spannung entsteht. Und der Aberwitz: Während bei "Völkerball" allerbestenfalls wirklich Gemeinschaft entstand aus der Tatsache, seine Volkszugehörigkeit nicht abzuleugnen, wird bei "Gemeinschaftsball" nicht wirklich Gemeinschaft geschaffen, sondern das Wort redet einem Gemeinschaft ein und fordert auf, seine Wahrnehmungswelt durch ein erzeugtes Gemeinschaftsgefühl zu täuschen, schafft also gar keine wirkliche Gemeinschaft. Aber das wollen die ja vermutlich sogar.

Und wer meint, die Stirnreihe würde die Kinder militarisieren, der hat keinen Funken Ahnung, wie der Mensch wirklich ist. Das Militär muß sich nämlich auch der ganz einfachen menschlichen Tatsachen bedienen, es schafft sie nicht neu. Und es benützt ebenso die natürlichen Elemente, z.B. der Ordnung (eben weil Ordnung hier besondere praktische Bedeutung für die Funktionalität hat, und das würde der Schule und vor allem den Lehrern sehr helfen!). Abgesehen davon, daß es eine lächerliche und menschenferne Utopie ist, ein Volk zur Waffenlosigkeit erziehen zu wollen, ihm damit aber eine seiner elementarsten Grundfunktionen - seine Selbstverteidigung - einfach zu rauben. Der Mensch erkennt Prinzipien, nach denen Ordnung von Natur aus BESTEHT, nicht geschaffen wird. Eine neue, nicht mehr menschengerechte Ordnung schaffen, das wollen diese Herren!

5. Oktober 1995