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Freitag, 6. Dezember 2019

Eine kleine Vorweihnachtsgeschichte

Den Passagieren der U-Bahn in Los Angeles war sie lange schon bekannt. Schließlich filmte sie ein Polizist, der von ihrer Interpretation von "O Mio Babbio Caro" (aus "Gianni Scicchi" von G. Puccini; hier mit der Callas) berührt war, und stellte die Aufnahmen online. Nach und nach wurde die Geschichte der Frau bekannt. Sie heißt Emily Zamourka, ist 52 Jahre alt, und eine Musikerin aus Rußland, die vor dreißig Jahren in den USA angelandet war. Über viele Lebensbrüche hin ist sie schließlich als Obdachlose geendet. Und, als man ihr dann auch noch ihre Geige gestohlen hatte, ihre letzte Grundlage, etwas Geld zu verdienen, blieb ihr nur noch ihre Stimme.

Binnen drei Tagen brachte ein Spendenaufruf genug Geld, um ihr wieder eine Wohnung zu besorgen. Und einige Tage später kam ein Angebot eines Opernhauses, sie zu engagieren.

Was die Geschichte lehrt? Viel. Der VdZ will aber nur einen Gedanken davon herausgreifen. Den nämlich, wie lächerlich es ist zu meinen, daß es (technisch, oder durch irgendwie meßbare) Leistung wäre, die eines Stellung in der Welt bestimmen würde. Es ist umgekehrt.

Die Blindheit der Menschen ist unendlich. So unendlich, wie sie von der Unendlichkeit entfernt sind. Nur wer den Himmel sieht, sieht auch den Menschen. Nur wer Gott kennt, sieht den Platz, den jeder in dessen Ordnung hat.







Unwesentlicher Nachtrag: Wie die Krone berichtet, hat sich die Geschichte nicht ganz so glatt aufgelöst, wie die ursprüngliche Fabel uns meldet. David Hasselhoff hatte ihr über seinen Plattenproduzenten einen Vertrag angeboten, und die angeblich international erfolgreiche Diane Worren schon ein Lied komponiert haben, mit dem sie nach bewährter Businessmethode à la Hasselhoff durchstarten hätte können. Aber Zamourka habe weder den Vertrag unterschrieben, noch PR-Termine wahrgenommen, und das Lied von Warren nicht einmal eines Blickes gewürdigt. Also wurde sie wieder in die Wüste geschickt. 

Wer weiß, vielleicht ist das aber gar nicht der schlechte, sondern der gute Teil der Geschichte, wenn auch als solcher nicht gleich erkennbar. Aber vielleicht folgt er der wirklichen Poesie des Märchens, und nicht der Geschäftslogik eines Mannes, der sich um viel Geld verkauft hat und deshalb als "erfolgreich" gilt. 

Wobei: Warum hängt Hasselhoff dann in Österreich herum, und singt auf Firmenfeiern? Wollte er auch der Zamourka da etwas andrehen, das bei ihm selber so gar nicht funktioniert hat? Oder nur bei Leuten funktioniert, die gar keine Künstler sind, und sich deshalb rückhaltlos allem und jedem verkaufen?

Also, werte Leser, behalten wir die Geschichte ruhig warm im Herzen. Und denken uns das Ende so schön, wie es vielleicht war. Für Zamourka und die Kunst.