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Sonntag, 8. Dezember 2019

Gute und schlechte Bischöfe (2)

In freier Übertragung aus dem Amerikanischen, und mit freundlicher Genehmigung des Autors, findet der Leser hier den Beitrag von Ianto Watt aus dem Blog von William M. Briggs, wie er im Oktober d. J. erstmals erschienen ist. Er wird hier jeweils zu den Adventsonntagen (nicht vergessen, Advent ist eine Zeit der Buße und Einkehr) des neuen Kirchenjahres 2019/20 veröffentlicht.


Teil 2)


Wann ging es mit diesem Wahnsinn los in seinem Herkunftsland? Es begann mit Bruder John Wycliffe. Dem Mann, der die Bibel vom Lateinischen ins Englische übertrug. Ohne offizielle Erlaubnis, und ohne offizielle Aufsicht. Mit einer Vielzahl von Fehlern, wörtlich oder sinngemäßen und anderen, und lange vor dem Auftreten von König Heinrich VIII. Und lange vor dem Erscheinen von Martin Luther, und sogar lange vor Jan Hus. Sie kennen den alten Spruch? "Wycliffe schnitt das Holz, und Hus goß Öl darein. Alles, was Luther noch zu tun hatte war, das Streichholz zu entzünden." Dabei hat Luther nur eines gemacht: Er hat sich am entzündeten Feuer selbst erwärmt. Er, und alle diese "loyalen" Bischöfe.

Uns allen wurde erzählt, daß der Mensch frei sein sollte zu denken, was immer er möchte. Wie sieht das praktisch aus? Völlige Idioten laufen Amok, die nur machen, was sie fühlen. Vielleicht fällt es Ihnen auf: Ich habe nicht gesagt, daß sie "dachten" was sie wollten, denn dieses Wort wurde aus den Gehirnen des Westens gelöscht. Denn es würde davon ausgehen, daß wir nichts wissen. Das stimmt auch wieder nicht, zumindest zum größten Teil.

Halten wir einen Moment inne, um etwas zu klären, und gehen wir zurück zu den Anfängen. Zu den Zeiten vor der offenen Rebellion. Zu den Zeiten, als die Kirche den großzügigen Zuwendungen der Menschen und einer dienstbereiten Krone zufolge fabelhaften Wohlstand auf den Inseln genoß. Zu diesen Zeiten gab es so gut wie keine Armut, und zwar weil es die Gesetze des klösterlichen Gemeinguts gab.

In diesen ging es um das unveräußerliche Recht der Menschen, die Ländereien der Kirche zu bearbeiten, die damals ungefähr ein Drittel bis zur Hälfte der gesamten Landfläche ganz Englands ausmachten. Sie hatten das Recht, diese Landflächen zu bearbeiten, und mußten auch keine Steuern bezahlen. Das ganze Reich konnte damit gut leben. Die Druiden waren ausgeschaltet, die Kelten waren ausgenüchtert, und die Sachsen waren gezähmt. Überall im Reich herrschte Frieden. Bis in den späten 1300ern Bruder Wycliffe auftauchte.

Bruder Wycliffe, den in den folgenden beiden Jahrhunderten Bruder Hus und Bruder Luther nachahmten, schrie hinaus, daß die lokalen Herrscher (das waren die Bischöfe) nackt waren. Sie suhlten sich wohlig grunzend im Wohlstand, aber sie täten das auf dem Rücken der einfachen Leute, die sie sonst verachteten. Er klagte sie deshalb laut und öffentlich an, daß sie die Botschaft der Heiligen Schrift aus den Augen verloren hatten. Und er lag damit nicht falsch. Mit dieser Anklage aber kam der Stein ins Rollen und mit Bruder Wycliffe begann, die Anglische Revolution. Angeblich um die Menschen zu befreien, zumindest hieß es so.

Aber war es so? Natürlich nicht. Denn es ging darum, den König zu befreien! Um ihn von den Beschränkungen zu befreien, die ihm die Kirche auferlegte, um seinen Appetit zu zügeln. Denn Könige bevorzugen immer die feinen Gustostückerl vom Lamm. Und unter uns gesagt, sind Schafe nicht genau dafür da? Was Wycliffe in England machte, würde später Bruder Hus in Böhmen machen, und Bruder Luther noch später in Deutschland dasselbe. Revolution wird immer im Namen des Volkes gemacht. Aber sie nützt eigenartigerweise immer den Königen.

Nachdem freilich Wycliffe diese gültige und richtige Kritik bestimmter Teile der Hierarchie geäußert hatte, machte er dasselbe wie sie. Oder, um präzise zu sein, er nahm sein persönliches Urteil und setzte es an die Stelle des alten und unveränderbaren Gedankenguts der Kirche. Nachdem sich aber die Bischöfe dafür entschieden, ihre gerechte Autorität weiterhin zu mißbrauchen (indem sie den Wohlstand verpraßten, den sie doch nur verwalten sollten), entschied Wycliffe, daß ihre Autorität nicht rechtens war. Und wie machte er das? Er verkündete, daß er der einzige legitime Ausleger des Wortes Gottes sei, wie es die Heilige Schrift verkündet. Immerhin hat er sie ja auch in die Volkssprache übersetzt. Natürlich aus seinem eigenen Blickwinkel. Und mit ein paar Interpretationen hier, ein paar dort, hatte er grünes Licht für das Aufkommen einiger Dinge gegeben, die wir heute als Prädestinationslehre (die Lehre, daß alles, auch das Heil des Menschen, vorherbestimmt ist, man also ohnehin selber nichts mehr dazu beitragen kann; Anm.), Iconoclasmus (vulgo Bildersturm genannt, weil angeblich die Verehrung der Bilder Götzendienst sei; Anm.), und Caesaropapismus (also die Lehre, daß der Cäsar, der Fürst, auch der oberste Hirte der Kirche sei; Anm.).

Mit anderen Worten hat er alles vorbereitet, das die spätere kleine Revolution von Heinrich VIII. brauchte, um erfolgreich zu sein. Oder egal welcher Prinz gut gebrauchen konnte. Sie alle liebten also Wycliffe.

Über ein Jahrhundert, ehe Heinrich VIII. die Bühne betrat, war somit das Kirchenvolk in (und nicht mehr von) England bereits in diese Melange von Dissens und Unruhe gerutscht. Sie waren mehr als bereit für die Ankunft von Heinrich. Das Volk (und noch wichtiger, die Priester) waren bereits aufbereitet, um gegen die Autorität aufzustehen, weil eben diese Autorität bereits überheblich geworden war. Oh verfluchter Stolz gegen den Himmel. Kehren einmal zurück zum ersten Tag der Schöpfung. Fiat Lux. Es werde Licht (Verstand). So wurden die Engel gemacht. Ein Drittel von ihnen rebellierte. Werter Leser, fragen Sie sich einmal selbst: Was hat sich geändert? Nichts. Warum sollte es?

So nebenbei mal gefragt: Wer ist der Heilige John Fisher unserer Tage? Sagen wir außer Erzbischof Viganò, der zählt nicht. Ich werde es Ihnen sagen: Es war Bischof Fabian Bruskewitz aus der Diözese von Lincoln, Nebraska. Er war die einzige Stimme, die sich 2002 erhoben hatte, mitten in einer den damals aufplatzenden Spielarten eines fortwährenden Mißbrauchsskandals durch Homosexuelle, der sich geweigert hatte, dieses Wiseldokument zu unterzeichnen, das sich “Charta für den Schutz von Kindern und Jungen Menschen" nannte.

Dies war jenes Dokument, das angeblich sofort das Problem "klerikaler Pädophilie" stoppen würde. Es gab mit diesem Dokument freilich zwei kleine Probleme. Das erste, daß es sich nicht an die Bischöfe (und ihre Aufsichtspflicht) wandte, was für eine Überraschung. Und das zweite, daß es mit viel Gefühlsüberschwang die eigentliche Wurzel des Problems gerade nicht nannte, und das war die Schädlichkeit der Homosexualität. Das Problem "Pädophilie" zu nennen, war also nichts als eine Verschleierung des wahren Problems.

Bruskewitz sah das glasklar. Und er war der einzige unter 196 amerikanischen Bischöfen, der widerstand. Er forderte sogar die versammelten Bischöfe auf, über die Gründe für diese Verschleierung nachzudenken. Und die sind, wieder einmal, die Schädlichkeit der Homosexualität. Nicht eine einzige Stimme erhob sich, die ihm beipflichtete. Nicht eine einzige. Er stand völlig alleine da. Gott lohne ihm seinen Mut. Merke sich der Leser: Lincoln ist eine der wenigen Diözesen, die nie und bis heute nicht an die Wölfe gefallen sind.

Der ganze übrige Rest ist in den Sündenpfuhl der Gegenwart mit hineingerauscht ist. Indem sie der Idee aufgesessen sind, daß wir mit unseren Feinden einen fruchtbaren Dialog führen können. Daß wir uns so verhalten können, als wären unsere Feinde von einem originären, nur ein wenig fehlgeleiteten Guten Willen motiviert. Daß wir das alles irgendwie aber hinkriegen. Mit anderen Worten, daß wir uns auf unsere Weise aus der Hölle herausreden können. Na dann viel Glück, ihr Volltrottel!

Wir stehen heute am selben Punkt wie damals, als Heinrich VIII. die Bühne betrat. Ein Mann, bewaffnet mit seiner eigenen Macht, dem "Gefolgsmänner" gegenüberstanden, die Bischöfe, die mit ihrem Pomp bewaffnet waren. Sämtlich Männer, die mehr als gewillt waren, den Dialog mit jenen aufrecht zu halten, die die Absicht hatten, die Herde aufzufressen. Sagen Sie mir, werter Leser, welcher Wolf würde dieses großzügige Angebot ablehnen? Kann man es ihm, wieder unter uns gesagt, denn überhaupt leichter machen? Guten Appetit! Und vergessen Sie das Salz nicht.

Was hat zu diesem Problem in der Kirche geführt? Und hat es nur England betroffen? Beantworten wir die zweite Frage zuerst. Nein. Es passiert überall, wo großer Wohlstand sich angesammelt hat, der dann falsch verwendet wird. Es hat schon sehr früh in Frankreich begonnen, so um das Jahr 1000 n. Chr., und nannte sich dort Katharer. Die Reinen. Sie kennen Sie vielleicht unter dem Namen, den sie sich selbst gaben, Albigenser. Ihr wahrer Name geht aber noch weiter zurück. Als man sie Manichäer nannte.  Dualisten, die den Leib verachten und nur die Seele verehren. Auch wenn man freilich über diese exakt gleiche Art von Revolution in Frankreich länger reden müßte, denn es wäre an sich noch schlimmer als das, was in England abgelaufen ist. Ein kleines Plus also für die wahren Briten. Kopf hoch, Engländer!

Man könnte denken, es wäre überflüssig darauf hinzuweisen, daß ein einfühlsamer Klerus (von der Art also, wie wir ihn heute in der gesamten nördlichen Hemisphäre haben) diesen kleinen Bonuseffekt produzieren würde. Aber denken Sie noch einmal darüber nach. Wenn man jemanden verachtet, dann neigt man dazu, auf gegensätzliche Art zu reagieren. Das heißt, daß das Endergebnis auf den spiegelgleichen Effekt hinausläuft, nämlich auf eine Zerstörung der Kirche.

Hier ist ein kleiner Einblick aus der  Catholic Encyclopedia, der das Wesen dessen beschreibt, was damals passiert ist, und wieder und wieder quer durch Europa passierte. Und auch heute wie zu Zeiten von Heinrich und Luther dazu führt, eine breite Bresche in die Mauern unseres Heiligen Rom zu schlagen.  So wird greifbar, was die Menschen angetrieben hat, 
den Katholischen Klerus zu verachten. Und zwar ist es Arroganz, gepaart mit einer weltlichen, allzu häufig sogar skandalösen Lebensweise, in der der Klerus dennoch den Schutz einer überwältigenden Mehrheit der Eliten genießt, weil er es geschickt versteht, ganz verborgen eine regionale Mischung von nationalen Absichten und religiösen Gefühlen zusammen zu rühren.

  Nächsten Sonntag Teil 3)