Teil 2) Die Armee der Donaumonarchie hatte andere Probleme.
Und selbst die Kaiser in Berlin und Wien brauchten einen Sieg.
Tatsache ist, daß die Monarchie damals
dringend einen "großen Sieg" brauchte. Und nicht nur die Armee, sondern
auch Feldmarschall Conrad von Hötzendorf, der durch die blutigen
Niederlagen in Galizien und den nicht gerade prickelnd verlaufenden
Feldzug am Balkan gegen völlig unterschätzte Serben schon nach den
ersten paar Kriegsmonaten schwer in die Kritik geraten war. Tatsache
ist, daß eine großartige Siegesmeldung die Stimmung in der gesamten
Armee der Habsburger-Monarchie heben sollte, und das auch tatsächlich
schaffte. Tatsache ist, daß sogar die russischen Generäle einen
übermächtigen Gegner brauchten, um so manche eigene Fehlentscheidung zu
vertuschen.
Tatsache
ist, daß der Kaiser, die Diplomatie in Wien und Berlin unbedingt einen
Beweis der Stärke im Krieg brauchte, um die neutralen Balkanländer
Bulgarien, Rumänien, und außerdem Italien zu beeindrucken und zu
überzeugen, nicht doch auf der Seite der Alliierten in einen Krieg
einzutreten. Denn ob Siebenbürgen oder die Provinzen Trento, Görz,
Friaul und Triest (bis Fiume), diese Filetstücke waren von Rumänien
respektive Italien fast offen gefordert. Vor allem Deutschland fürchtete
einen Kriegseintritt Italiens, das dann Österreich angreifen würde. Daß
die k.u.k.-Monarchie das überleben würde, glaubten selbst Optimisten in
Wien nicht, und erst recht nicht der Kaiser. Der beim tatsächlich
erfolgten Angriff auf Südtirol im Mai 1915 gesagt haben soll: Das ist
nun das Ende.
Ungarische Husaren, österreichische Dragoner im Gottesdienst, Sopron 2017 |
Das
war es nicht. Was niemand geglaubt hatte, war eingetreten.
Österreich-Ungarn war viel zäher, als alle geglaubt haben. Man mußte nur
wenige Divisionen aus Galizien abziehen, denn es genügten improvisierte
Brigaden, Standschützen, Freiwilligenkorps, um den Angriff der
Italiener zu stoppen. Nur drei Divisionen wurden aus Rußland abgezogen
und nach Tirol geschickt. Sich selbst herunterzuspielen ist nicht nur
eine österreichische Eigenart, sondern auch ein Charakterzug, den
nördlichere Völker nie verstehen werden. Auch Wien "machte sich arm", um
in Berlin Unterstützung zu schinden und die eigenen Kräfte zu schonen.
Die deutsche Armeeleitung war völlig von den Socken als sich Hötzendorf
einmal verplapperte, und gestand, daß die tatsächlichen Truppenzahlen
der Armee weit höher lagen als nach Berlin per Katastrophendrohung
gemeldet.
1915/16
stand die Monarchie im Vergleich aller Kriegsparteien in Europa sogar
gar nicht so schlecht da. Freilich, jetzt begann sich ein Grundmangel
der österreichischen Armeeführung denn doch ernsthaft auszuwirken: Das
Fehlen einer funktionsfähigen zweiten Linie. Man konnte die kampferprobten
Soldatenregimenter des ersten Aufgebots, man konnte vor allem die
Offiziere nicht ersetzen. Die Zahl der Divisionen ist während der
gesamten Kriegsdauer gleich geblieben, zusätzliche Mannkontingente
auszuheben ist nie gelungen. Während die nachrückenden Einberufenen, die
die Gefallenen ersetzten, ohne jede Erfahrung, ja ohne jede Ausbildung
in die Schützengräben geschickt wurden und das Problem verschärften.
Husar und Dragoner |
Das hat sich bis in die konkrete Kampftaktik ausgewirkt. Schnelle Kampfbewegungen, Merkmal des neuen Kriegs 1914, sind damit sehr erschwert, weil sich die Truppenteile gar nicht spontan absprechen können. Als alles im Grabenkampf erstarrte, wurde das wieder gleichgültiger.
Kaiserlich-königliche Husaren und Dragoner |
Die
Kriegslage der k.u.k.-Armee hat sich jedenfalls nach Limanova und nach
Monaten verheerenden Blutzolls (ein Viertel aller Opfer der Monarchie in
den vier Kriegsjahren war den ersten Monaten zuzuschreiben)
stabilisiert. Die Motivation der Truppen war deutlich gestiegen, und so
konnte auch der nächste massive russische Angriff in der
"Winter-Karpatenschlacht", die einige Wochen später begann, erfolgreich
abgewehrt werden. Den Übertritt von Italien und später auch Rumänien ins
Lager der Alliierten konnte die siegreiche Schlacht freilich nicht
verhindern.
*221019*
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