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Mittwoch, 4. Dezember 2019

Monopolkapitalismus will die Regierungen beherrschen (1)

Wollen wir doch auch ein wenig exakter an unserem Begriff "Kapitalismus" arbeiten, seine Konturen genauer aus dem rohen Holz herausholen, in dem er steckt, aber noch nicht sichtbar ist. Denn Edward Griffin macht gleich zu Beginn eines seiner Vorträge klar, daß es ein Mythos ist zu meinen, daß Kapitalismus automatisch zu Monopolisierung führe, und daß das ein bloßes Geschehen "am Markt" sei. Vielmehr ist es so, daß jedes große Unternehmen nach und nach versucht, die Macht im Staat zu erlangen. Um Einfluß auf dessen Gesetzgebung zu erlangen, mit der dann die Gesetze seiner wirtschaftlichen Macht - durch Regulierungen, die zufällig nur von ihm erfüllbar sind, etwa - zuarbeiten.

Das erklärt, warum es auch reiche Sozialisten gibt! Warum sogar gerade Reiche und Superreiche oft wirkliche Sozialisten sind. Denn mit einer totalen Staatsmacht kann man, wenn man diese Macht kontrolliert (allerspätestens, wenn sie Kredite braucht, um ihre Macht abzustützen), auch totale Marktmacht ausüben. In der einem die Konsumenten ebenso wie die Produktion gehört und beliebig zu melken ist. Die einen, weil sie gehorchen und leicht manipulierbar sind, die anderen, weil sie keiner Konkurrenz, keinem Preis- und keinem Qualitätsdruck mehr ausgeliefert ist.

Monopolisierung braucht Regierungsmacht, um die Konkurrenz auszuschalten. Während der Monopolist genug Geld und Macht (und sei es, weil er "too big to fail" ist) hat, um sich die Regierung zu kaufen. Mit anderen Worten: Legt man an die Tätigkeiten von Großunternehmen Tangenten an, dann laufen sie imaginär verlängert stets darauf hinaus, einen Staat zu regieren. Und die wirtschaftliche, geldorientierte Logik führt immer zu einer Umbildung einer Gesellschaft in eine sozialistische Gesellschaft, weil diese die perfekte Form einer völligen Beherrschung des Verhaltens von Menschen, unter bestmöglicher Ausschaltung aller Markt-Konkurrenz, ist: Der perfekte Konsument im Kapitalismus ist der Sklave, der unfreie Konsument, der zu festen Preisen und (niedrigen, zentral festgelegten) Löhnen jeder Ausnützung zur Verfügung steht - sogar mit dem Zwang der Staatsmacht. Nur einer ist von diesen Zwängen ausgenommen: Der Herrschende, der Kapitalist. Sozialismus ist deshalb immer die Braut, die sich dem Kapitalismus ins Bett legt.

Das sagt zumindest Ed Griffin. Der sehr interessante Details erzählt. So zitiert er Aussagen von Rockefeller I., der schon Ende des 19. Jahrhunderts nie einen Hehl daraus machte, daß es ihm um die Ausschaltung jeder Konkurrenz - sogar weltweit - ging. Waren schon starke Konkurrenten im Feld, mußte man sie zu Partnern machen. Waren sie klein oder schwach, dann mußte man sie entweder zu Teilhabern an seinem (einen) Unternehmen machen, sodaß sie vom Monopol profitierten, oder sonst ... zerstören. Rockefeller verschwieg auch nie, daß der Einfluß auf die Politik schon deshalb so wichtig war, weil sie Regeln bestimmen konnte, die auf den Markt einwirkten, und ihm zuarbeiteten. Und wer die Geschichte seines Aufstiegs kennt weiß, daß Rockefeller dies in großem Maß betrieb.

Viele seiner Produkte, ja die meisten, wurden deshalb so bestimmend, weil er die Gesetze und Vorschriften bestimmen konnte. So verdrängte er über die Prohibition Alkohol als Treibstoff, verbannte Strom als Energie für öffentlichen Transport, und Naturheilmittel als Medizin, die er durch von ihm hergestellte synthetische Medikamente ersetzte und so einen völlig neuen Pharma-Medizin-Begriff etablierte.

Das ist immer noch sehr aktuell. Wir haben etwa in Zusammenhang mit Bayer-Monsanto vor kurzem darüber gehandelt, als Prinzip einer Branchenbereinigung, die eine Ausschaltung der Konkurrenz war, mit der wir es seit Jahrzehnten zu tun haben: Wo gerade Großunternehmen (was auf den ersten Blick seltsam wirken mag) oft die treibenden Kräfte hinter scheinbar komplizierten, lästigen, ja hinderlichen Markt- und Produktionsregulierungen standen. Warum? Weil sie, wenn sie die Regulierungen mitbestimmen konnten, diese einzig erfüllen und schon damit jede Konkurrenz ausschalten konnten. Mit weitreichenden Folgen für unsere Lebensweise. Man denke nur an die heutige Angewiesenheit auf Automobile, Straßen, Kommunikationseinrichtungen, die direkt mit der Auflösung der kleinstrukturierten Gewerbe- und Soziallandschaft hinein in universalistische, abstrakte "Netze" zu tun hat.

Morgen Teil 2)